Die Nachtmahr Wunschträume
er deutete anklagend auf mich. »Und du wirst es nicht, wenn du diesen Weg weitergehst.«
Welchen Weg? Und was hat das schon wieder mit mir zu tun?
Ich unterdrückte ein Husten. Doch der Rauch war beißend und schien mir meinen Willen zu rauben.
»Es ist mein Leben!« Klaus klang rational. Beinahe liebevoll und sensibel. Doch seine Aussage schien nur noch Talbots Wut anzufachen: »Ich werde nicht zulassen, dass du wegen diesem kleinen, dummen Ding alles wegwirfst, was ich für dich erarbeitet habe.«
Wegen mir?
»Erarbeitet?« Klaus schnaubte und war abgelenkt. Sekunden vor dem eigentlichen Treffer flirrte plötzlich die Luft vor ihm – nicht vor Hitze. Schwarze, konfettihafte Bruchstücke wabberten um ihn herum, Träume, Wunschträume, die sogar meinen Körper zum Kribbeln brachten. Aber immerhin ließ ein Teil der Lähmung von mir ab.
Talbot lachte, kein gutes Lachen. »Du hättest nur Liz opfern müssen – niemand hätte groß nachgeforscht. Nicht wegen ihr.«
Der Gedanke tat weh – eben weil er wahr war. Niemanden hätte es interessiert, ob ich lebte oder starb. Ob ich schuldig war, oder ein Sündenbock. Und auch Klaus schwieg, obwohl das Wabbern in der Luft nun von ihm abprallte. Wirkungslos.
Ich blinzelte und der Eindruck verflog. Es war nicht wirkungslos. Im Gegenteil. Unter den mentalen Kräften seines Vaters begann Klaus zu schwanken. Obwohl er stark war, war Talbot stärker. Oder besser gesagt: besser in Übung. Ich versuchte mich aufzusetzen, doch es klappte nicht.
»Meg hat verstanden, dass man Opfer bringen muss – harte Entscheidungen treffen, um im Leben voranzukommen ...« Talbot lächelte. Wahrscheinlich, weil er gerade daran dachte, wie eine Zehnjährige nach »Saint Blocks« verbannt wurde.
»Es musste ausgerechnet Meg sein, nicht wahr?«, fauchte Klaus.
»Sie hätte alles für den Thron getan, die Familie – und dich.«
»Sie ist schuld, dass Nadja gestorben ist!« Klaus klang sich seiner Sache sehr sicher.
»Nein!« Talbots nächster Treffer saß abermals und wieder schwankte Klaus.
Dieses Mal bedenklich. »Du hast der falschen Frau vertraut.
Deiner
Frau. Wenn man dich lässt, wirst du immer den falschen Frauen vertrauen. Dich immer an die Falsche binden.«
Talbots Blick machte keinen Hehl daraus, in welche Kategorie ich gehörte und was er von mir hielt.
»Geh weg von ihr!«, verlangte er vermutlich auch deswegen.
»Nein!« Obwohl Klaus noch protestierte und sich als lebende Deckung vor mir aufrecht hielt, ging er langsam aber sicher in die Knie. Nahe genug neben mir, um nach seiner Hand zu greifen und daran zu denken, was er im Garten gesagt hatte. Ich konnte spüren, wie meine Magie aus mir herausfloss, in ihn hinein, sich mit seiner Abwehrstrategie verband. Und für einen Moment lang schien es, als würde es klappen. Aber ich war zu geschwächt von dem Angriff im Hotel, bekam zu wenig Luft.
»Wir rührend!«, kommentierte Talbot mild und für einen Moment sah ich die optische Ähnlichkeit zwischen ihm und seinem Sohn. Allerdings hatte Klaus niemals so selbstgefällig und herablassend gewirkt. Nicht einmal Meg gegenüber.
»Geh weg von ihr!«, befahl Talbot noch einmal, doch wieder schüttelte Klaus den Kopf. Der Dummkopf würde sich wirklich töten lassen, um mich zu beschützen!
Mit der freien Hand tastete ich nach meinen Dolchen. Sie waren im Hotel. Nein! Ich zögerte einen Moment und dachte an den Traum. Den, in dem Klaus starb. Dann krümmte ich mich zusammen, befreite die einzige griffbereite Waffe, die ich noch am Körper trug und warf sie mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, Richtung Talbot.
»Nicht das Messer!« Klaus hatte meine Bewegung, mit der ich nach meinem Knöchel gegriffen hatte, richtig gedeutet und blickte entsetzt auf seinen Vater. Die Klinge hatte seine Halsschlagader getroffen und noch während er begriff, dass er verletzt war, seine blutrote Hand anstarrte, mit der er nach der Wunde gegriffen hatte, ging er schon zu Boden.
»Der Wurfstern ...« Klaus starrte mich an. Die Erleichterung auf seinem Gesicht war selbst für mich ein Schock. Denn mal ehrlich: Wenn es etwas Gutes war, Klaus mit dem rituellen Messer zu erstechen ... ich hatte Talbot ja nichts Gutes tun wollen. Aber so ... hinter dem Messer musste deutlich mehr stecken und ... das ohrenbetäubende Geräusch, mit dem die Decke, halb brennend, nach unten fiel, überdeckte den Schmerz der Schutttreffer. Unter dem plötzlichen Gewicht gab der Boden nach und ließ mich fallen. Der
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