Die Nachtmahr Wunschträume
mir ginge, musste sich Jessica schon mehr einfallen lassen, um mich aus den Socken zu hauen. Einschlafen und nicht mehr aufwachen hätte ich jetzt zum Beispiel bei ihr mal so richtig gut gefunden. Eine Nervensäge weniger in meinem Leben.
»Was habt ihr mit ihr gemacht?«, erkundigte ich mich, wurde aber von einem Geräusch unterbrochen, so dass meine natürliche Paranoia eingriff.
»Leg auf!«, fauchte ich, was Daria ohne Fragen zu stellen und ohne zu Zögern sofort tat und die Leitung freigab. Sekunden später hatte ich jemanden am anderen Ende des Telefons. Meine Atemgeräusche mit der Hand dämpfend wartete ich. Natürlich nur um herauszufinden, ob derjenige vorgehabt hatte, mich zu belauschen – nicht etwa, um selbst zu lauschen. Das wäre ja unschicklich.
Aber es waren nur Geräusche zu hören. Geräusche, die ich erst als Wählen einordnen konnte, als am anderen Ende der Leitung jemand abnahm. Eine Frau, die sich mit sehr verschlafener Stimme meldete. Sehr sinnlich und kein bisschen wütend, weil ihr der Schlaf entzogen wurde. »Hallo, Schatz. Was kann ich für dich tun?«
Schatz
. Urgs ... Aus einem seltsamen Grund war ich stillschweigend davon ausgegangen, dass Klaus keine Affäre mehr hatte. Zumindest die dralle Blondine aus dem Eiskaffee war nirgends mehr aufgetaucht. Aber was wusste ich schon? In den Monaten, in denen er für Davids Inthronisierung in der ganzen Welt unterwegs gewesen war, konnte er ja Gott weiß was getrieben haben.
Ups ... ganz blödes Wortspiel.
Vorsichtig und sehr sehr leise legte ich auf. Liebesschmus war wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte.
Wie von selbst flogen meine Gedanken wieder zu dem unterbrochenen Gespräch mit Daria zurück. Erst tanzte Dominique nackt im Regen, dann probte Jessica für ihre Hochzeit mit Männlein oder Weiblein. Waren die beiden der Theater AG beigetreten oder hatte sie eine Überdosis der Serie »Glee« erwischt? Wahrscheinlich war die Lösung so blöd und simple, dass ich mir später wünschen würde, keine Gehirnkapazität für die beiden Hirnis verschwendet zu haben.
Oh nein, stimmte ja gar nicht ... den Wunsch hatte ich ja jetzt schon.
Aber es half alles nichts. Wenn Daria es wichtig fand, würde ich es auch tun. Auch dafür waren Freunde da. Um an blödsinnigen Dingen Anteil zu haben. Oder um das kochende Wasser aus zu machen, bevor die Kartoffeln so weich gekocht waren, dass man nur noch Pürree aus ihnen machen konnte. Verflixt.
Ich hetzte die Treppe nach unten, registrierte die immer noch verschlossene Wohnzimmertür und stürzte in die Küche. Mit einer Gabel prüfte ich die Kartoffeln und war einigermaßen erleichtert darüber, dass Megs’ fragwürdige Kochkünste doch nicht in der Familie lagen. Beinahe zeitgleich registrierte ich das Polizeiauto, das vor unserem Haus stand.
Eins und eins zusammenzählend blieb nur ein Schluss: Donovan war hier. Und wenn Donovan hier war, war Forman meistens nicht weit. Die beiden besten Freunde meines Stiefvaters waren nicht nur offizielle Stützen der Menschenwelt – Donovan war Sheriff und Forman Leiter der Feuerwehr – sie waren auch Tagmahre und hatten in der Hierarchie der Tagtraumwesen wichtige Positionen inne. Zurzeit vertraten sie gemeinsam mit Klaus David und hielten den königlichen Thron warm. Eigentlich hatten die drei verdächtig lange die Füße stillgehalten – oder irgendetwas getrieben, von dem ich nichts wusste oder wissen wollte.
Leider half der letzte Fakt nichts. Ob ich es wissen wollte oder nicht, ich
musste
es wissen. Schließlich hing mein Leben davon ab.
Genervt von eben diesem Leben im großen und ganzen nahm ich ein Colaglas aus dem Schrank und ging, deutlich leiser als vorher, durch den Flur. An der Wohnzimmertür blieb ich stehen, platzierte das Glas auf dem Holz und begann zu lauschen. Wenn ich schon ungeschriebene Gesetze übertrat, wollte ich ja wenigstens in der Lage sein, etwas zu hören.
»Die Situation ist schlimmer als gedacht. Wer immer der König der Nachtmahre ist, hat noch nicht alle drei Instanzen unter Kontrolle«, wetterte Donovan.
»Bedeutet?«
»Die Nachtmahre der Kategorie eins scheinen hinter ihrem König zu stehen, die Nachtmahre der Kategorie drei machen das, was sie immer tun ...«, erklärte der Sheriff.
»... und die der Kategorie zwei sind außer Kontrolle«, ergänzte Forman, der optimistische Feuerwehrleiter.
»Kümmern wir uns drum«, meinte Klaus mit der ihm eigenen Lässigkeit.
Nun ja
, dachte ich sarkastisch.
Besser
Weitere Kostenlose Bücher