Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Anschein, dass du dich zum
    Offizier eignest, Oberfeldwebel.«
    »Neinherr, danke, Herr.« Guter alter Rust. Guter junger Rust.
    Die gleiche gedankenlose Unhöflichkeit, als offene Ausdrucksweise
    getarnt, die gleiche Halsstarrigkeit, die gleiche kleinliche Bosheit. Jeder Feldwebel, der etwas taugte, konnte das ausnutzen.
    »Hätte al erdings nichts dagegen, zur Sondergruppe versetzt zu
    werden, Herr«, sagte Mumm. Damit ging er ein Risiko ein, wenn auch
    kein großes. Auf jemanden wie Rust war Verlass.
    »Kann ich mir denken, Keel«, erwiderte Rust. »Vermutlich hast du dir
    den alten Narr Tilden in die Tasche gesteckt und hältst nichts von
    einem Hauptmann, der den Leuten hier auf den Zahn fühlt. Nein,
    Freundchen, du bleibst hier, klar?«
    Wundervol , dachte Mumm. Manchmal ist es, als könnte man
    beobachten, wie eine Wespe auf einer Brennnessel landet: Jemand wird
    gestochen, und es spielt keine Rolle, wen es trifft.
    »Jaherr«, sagte er und blickte weiter starr geradeaus.
    »Hast du dich heute rasiert, Mann?«
    »Bin von der Pflicht zur Rasur befreit, Herr«, log Mumm. »Ärztliche
    Anweisung. Wegen der Nähte im Gesicht, Herr. Könnte nur die eine
    Seite rasieren, Herr.«
    Er ließ sich nichts anmerken, als Rust ihn widerstrebend musterte.
    Die Schnittwunde war noch immer sehr deutlich zu sehen, und Mumm
    hatte es noch nicht gewagt, einen Blick unter die Augenklappe zu
    werfen.
    »Hast dir mit deiner eigenen Glocke ins Gesicht geschlagen, wie?«,
    brummte der Hauptmann.
    Mumms Finger zuckten. »Sehr komisch, Herr«, sagte er.
    »Geh jetzt und lass die Männer antreten! Und zwar schnel . Ich werde
    die Truppe gleich inspizieren. Und sag dem Idioten mit der flachen
    Nase, er soll den Stall ausräumen.«
    »Herr?«
    »Mein Pferd wird bald gebracht. Ich will den grässlichen Klepper dort
    drin nicht mehr sehen.«
    »Was, wir sollen Marlene wegschaffen, Herr?«, brachte Mumm ehrlich
    schockiert hervor.
    »Ich habe gerade einen Befehl erteilt. Der Bursche sol sich beeilen.«
    »Was sollen wir denn mit ihr machen, Herr?«
    »Das ist mir gleich! Du bist ein Feldwebel – meinetwegen auch ein
    Oberfeldwebel –, und du hast einen Befehl erhalten. Es gibt hier sicher
    Abdecker. Die Leute müssen doch etwas essen, habe ich Recht?«
    Mumm zögerte kurz, bevor er salutierte. »Wie du meinst, Herr«, sagte
    er.
    »Weißt du, was ich auf dem Weg hierher gesehen habe,
    Oberfeldwebel?«
    »Keine Ahnung, Herr.« Mumm blickte erneut geradeaus.
    »Die Leute errichten Barrikaden, Oberfeldwebel.«
    »Herr?«
    »Ich weiß, dass du mich verstanden hast, Mann!«
    »Das war zu erwarten, Herr. Es ist schon einmal passiert. Die Leute
    sind nervös. Sie haben Gerüchte über Pöbel und randalierende Soldaten
    gehört. Sie wol en ihre Straßen schützen…«
    »Das ist eine eklatante Herausforderung der Regierungsautorität! Die
    Leute dürfen das Gesetz nicht in die eigenen Hände nehmen!«
    »Sicher. Aber so, wie sich die Dinge entwickeln…«
    »Bei den Göttern, Mann, wie hast du es bloß fertig gebracht,
    befördert zu werden?«
    Mumm wusste, dass er es dabei belassen sollte. Rust war ein Narr.
    Doch derzeit war er ein junger Narr, und das ließ sich leichter
    entschuldigen. Viel eicht schaffte er es bis zum Idioten, mit ein wenig
    Hilfe.
    »Manchmal zahlt es sich aus…«, begann Mumm.
    »In der vergangenen Nacht wurden al e Wachhäuser in der Stadt
    überfal en«, fuhr Rust fort. »Nur dieses nicht. Welche Erklärung hast du
    dafür?« Der Schnurrbart des Hauptmanns zitterte. Nicht angegriffen
    worden zu sein – das war ein eindeutiger Beweis dafür, dass Mumm
    kein Rückgrat hatte.
    »Reiner Zufall.«
    »Wie ich hörte, forderte dich jemand zum Zweikampf heraus. Wo ist
    der Mann jetzt?«
    »Ich weiß nicht, Herr. Wir haben ihm die Hand verbunden und ihn
    dann nach Hause gebracht.«
    »Du hast ihn gehen lassen ?«
    »Jaherr. Er war…« Weiter kam er nicht. Rust neigte dazu, eine
    Antwort mit der Forderung nach der Antwort zu unterbrechen, die er
    unterbrach.
    »Warum?«
    »Weil ich es zu jenem Zeitpunkt für vernünftig hielt, ihn…«
    »Wusstest du, dass in der vergangenen Nacht drei Wächter getötet
    wurden? Banden trieben sich in den Straßen herum! Inzwischen ist das
    Kriegsrecht erklärt worden! Heute zeigen wir dem Pöbel eine starke
    Hand! Ruf deine Männer zusammen, jetzt sofort!«
    Mumm salutierte erneut, drehte sich um und ging langsam die Treppe
    hinunter. Zu laufen kam für ihn selbst unter diesen Umständen nicht

Weitere Kostenlose Bücher