Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
verübten, hinter den schmutzigen Fenstern
    kleiner Häuser. Aber »dem Volk« war er nie begegnet.
    Personen, die auf der Seite »des Volkes« standen, wurden immer
    enttäuscht. Sie stellten fest, dass das Volk undankbar war und
    Bemühungen um die Befreiung desselben kaum zu schätzen wusste.
    Hinzu kam die Neigung, weder modern zu denken noch gehorsam zu
    sein. Das Volk war vielmehr engstirnig, konservativ und nicht sehr
    intelligent. Es begegnete der Intelligenz sogar mit Argwohn. Deshalb
    standen die Kinder der Revolution vor dem alten Problem: Sie hatten
    nicht nur die falsche Regierung, sondern auch das falsche Volk.
    Sobald man Leute wie Dinge sah, die sich einschätzen ließen, wurden
    sie den Erwartungen nicht mehr gerecht. Was bald durch die Straßen
    laufen würde, waren keine Revolutionäre oder Aufständische, sondern
    ängstliche Menschen, die in Panik gerieten. Das geschah, wenn die
    Maschine des Stadtlebens ausfiel, wenn sich die Zahnräder nicht mehr
    drehten und al die kleinen Regeln versagten. Wenn das passierte, waren
    Menschen schlimmer als Schafe. Schafe liefen einfach nur weg und
    versuchten nicht, die anderen Schafe zu beißen.
    Bei Sonnenuntergang verwandelte sich eine Uniform automatisch in
    ein Ziel. Dann spielte es keine Rol e mehr, wo die Sympathien eines
    Wächters lagen. Dann war er einfach nur ein weiterer Mann, der eine
    Rüstung trug…
    »Was?«, stieß Mumm hervor und kehrte ins Hier und Heute zurück.
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Oberfeldwebel?«, fragte Korporal
    Colon.
    »Hmm?«, erwiderte Mumm, als die reale Welt zurückkehrte.
    »Du warst weggetreten«, sagte Fred. »Hast ins Leere gestarrt. Du
    hättest letzte Nacht richtig schlafen sol en.«
    »Im Grab hat man jede Menge Zeit zu schlafen«, sagte Mumm und
    musterte die Wächter.
    »Ja, das habe ich gehört, Oberfeldwebel, aber niemand weckt einen
    mit einer Tasse Tee. Ich habe die Männer Aufstel ung nehmen lassen.«
    Fred hatte sich Mühe gegeben, wie Mumm deutlich sehen konnte.
    Und auch die Männer selbst. Er hatte sie noch nie so… förmlich erlebt.
    Normalerweise beschränkten sich die Gemeinsamkeiten auf einen Helm
    und einen Brustharnisch pro Mann. Abgesehen davon unterschied sich
    ihre Ausrüstung je nach ihren persönlichen Vorlieben. Doch heute
    machten die Wächter einen ordentlichen Eindruck.
    Das mit der Größe ließ sich leider nicht ändern. Die Inspektion einer
    Truppe mit Wiggel am einen Ende und Nimmernich am anderen fiel
    niemandem leicht. Wiggel war so klein, dass ihm einmal ein Feldwebel
    Nabelstarren vorgeworfen hatte; für einen durchdringenden Blick in die
    Augen benötigte er eine Leiter. Nimmernich hingegen wusste immer als
    Erster, wenn es regnete. Man musste ein ganzes Stück zurücktreten, um
    beide zu sehen, ohne die Augen zu verdrehen.
    »Gut gemacht, Jungs«, brachte Mumm hervor und hörte, wie Rust die
    Treppe herunterkam.
    Vermutlich sah der neue Hauptmann seine Truppe jetzt zum ersten
    Mal, und er hielt sich gut, wenn man die Umstände berücksichtigte. Er
    seufzte nur.
    Dann wandte er sich an Mumm und sagte: »Ich brauche etwas, auf
    dem ich stehen kann.«
    »Herr?«
    »Ich möchte zu den Männern sprechen, um sie zu inspirieren und in
    ihrer Entschlossenheit zu bestärken. Sie sollen den politischen
    Hintergrund der derzeitigen Krise verstehen.«
    »Oh, wir wissen, dass Lord Winder verrückt ist, Herr«, sagte Wiggel
    fröhlich.
    Auf Rusts Stirn hätte sich fast Raureif gebildet.
    Mumm straffte sich. »Gruppe weeeggetreten!«, rief er und beugte sich
    zu Rust, als die Männer forteilten. »Wenn ich dich kurz sprechen dürfte,
    Herr…«
    »Hat der Mann das wirklich gesagt?«, fragte Rust fassungslos.
    »Ja, Herr. Es sind einfache Männer«, erwiderte Mumm und dachte
    schnel . »Es dürfte besser sein, sie nicht zu beunruhigen, wenn du
    verstehst, was ich meine.«
    Rust fügte dies der Auswahl an Möglichkeiten hinzu. Mumm konnte
    sehen, wie er überlegte. Es war ein Ausweg, und es passte zu Rusts
    Meinung über die Wache. Es bedeutete, dass er nicht die Dreistigkeit
    eines Obergefreiten, sondern nur die dumme Bemerkung eines
    Einfaltspinsels gehört hatte.
    »Sie kennen ihre Pflicht, Herr«, fügte Mumm bekräftigend hinzu.
    »Ihre Pflicht besteht darin, das zu tun, was man ihnen sagt,
    Oberfeldwebel.«
    »Genau, Herr.«
    Rust strich über seinen Schnurrbart. »Nun, dein Hinweis ist nicht
    ganz ohne, Oberfeldwebel. Und du vertraust ihnen?«
    »Ja, Herr, ich vertraue

Weitere Kostenlose Bücher