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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hatte darüber nachgedacht, während langer Nächte in der
    Dunkelheit. Sie beschützte ihn vor dem Tier, denn das Tier wartete in
    der Finsternis im Innern seines Kopfes.
    Er hatte Werwölfe mit bloßen Händen getötet. Zu dem Zeitpunkt
    war er vor Entsetzen geradezu wahnsinnig gewesen, aber das Tier hatte
    ihm Gesellschaft geleistet und ihm Kraft gegeben…
    Wer wusste, welche Verderbtheit in den Herzen von Menschen
    lauerte? Ein Polizist. Nach zehn Jahren glaubte man, al es gesehen zu
    haben, doch die Schatten tischten einem immer mehr auf. Man sah, wie
    nah die Menschen beim Tier lebten. Man begriff, dass Leute wie Carcer
    nicht verrückt waren, sondern unglaublich gesund. Es waren schlicht
    Menschen ohne einen Schild. Sie hatten sich die Welt angesehen und
    erkannt, dass sie sich nicht an die Regeln halten mussten, wenn sie nicht
    wol ten. Sie ließen sich von den vielen kleinen Geschichten nicht zum
    Narren halten. Sie schüttelten dem Tier die Hand.
    Aber er, Sam Mumm, hatte sich an der Dienstmarke festgehalten und,
    als das nicht mehr genügte, nach der Flasche gegriffen…
    Er fühlte sich, als hätte er die Flasche erneut in der Hand. Die Welt
    drehte sich um ihn herum. Wo war das Gesetz? Die Barrikade vor
    ihm… Wen schützte sie vor was? Ein Irrer und seine zwielichtigen
    Gesel en herrschten über die Stadt, und wo war das Gesetz ?
    Polizisten sagten gern, dass die Leute das Gesetz nicht in die eigenen
    Hände nehmen sol ten, und sie glaubten zu wissen, was sie damit
    meinten. Aber sie dachten an friedliche Zeiten und an Männer, die den
    Nachbarn mit einem Knüppel zur Schnecke machen wol ten, weil sein
    Hund einmal zu oft sein großes Geschäft vor der falschen Haustür
    erledigt hatte. Aber wem gehörte das Gesetz in Zeiten wie diesen ? Wenn es nicht in den Händen der Leute sein sol te, wo dann? In den Händen
    von Leuten, die es besser wussten? Dann bekam man Winder und seine
    Kumpel, und welchen Sinn hatte das?
    Was sol te als Nächstes geschehen? O ja, er hatte eine Dienstmarke,
    aber es war nicht seine, nicht in dem Sinne… Und er hatte Befehle
    bekommen, die falschen… Und er hatte Feinde, aus den falschen
    Gründen… Und vielleicht gab es keine Zukunft. Sie existierte nicht mehr. Es gab nichts Reales, keinen festen Punkt, auf dem er stehen
    konnte. Es gab nur Sam Mumm dort, wo er eigentlich gar nicht sein
    sollte…
    Sein Körper schien so viel Kraft wie möglich zum Entwirren der sich
    überschlagenden Gedanken einsetzen zu wol en und musste dazu
    Ressourcen von anderen Bereichen abziehen. Es wurde dunkel vor
    Mumms Augen. Ihm zitterten die Knie.
    Es gab nur noch bestürzte Verzweiflung.
    Und viele Explosionen.

    Havelock Vetinari klopfte höflich ans Fenster des kleinen Büros neben
    dem Haupteingang der Assassinengilde.
    Der Dienst habende Pförtner öffnete die Klappe.
    »Ich melde mich ab, Herr Kastanie«, sagte der Assassine.
    »Jaherr«, sagte Kastanie und zog ein dickes Buch zu sich heran. »Und
    wohin gehen wir heute, Herr?«
    »Allgemeines Auskundschaften, Herr Kastanie. Ich sehe mich nur ein
    wenig um.«
    »Ah, gestern Abend habe ich zu Frau Kastanie gesagt, Herr, dass du
    es ausgezeichnet verstehst, dich umzusehen«, sagte Kastanie.
    »Wir sehen und lernen, Herr Kastanie, wir sehen und lernen.« Vetinari
    schrieb seinen Namen in das Buch und schraubte den Federhalter
    wieder zu. »Und wie geht es deinem kleinen Jungen?«
    »Danke der Nachfrage, Herr, es geht ihm viel besser«, sagte der
    Pförtner.
    »Freut mich, das zu hören. Oh, wie ich sehe, ist der Ehrenwerte
    Johann Blutgut unterwegs, um einen Auftrag auszuführen. Im Palast?«
    »Na, na, Herr«, sagte Kastanie und winkte mit dem Zeigefinger. »Du
    weißt doch, dass ich darüber keine Auskunft geben kann, selbst wenn
    ich Bescheid wüsste.«
    »Natürlich nicht.« Vetinari sah zur Rückwand des Büros, wo
    Umschläge in einem Messingestell steckten. Ganz oben an dem Gestell
    stand »Aktiv«.
    »Guten Tag, Herr Kastanie.«
    »‘n Tag, Herr. Gutes, äh, Auskundschaften.«
    Der Pförtner sah dem jungen Mann nach, als er auf die Straße trat.
    Dann ging er in das Kämmerchen neben dem Büro, um den Kessel
    aufzusetzen.
    Er mochte den jungen Vetinari, der still und lernbegierig war und, bei
    manchen Gelegenheiten, recht großzügig sein konnte. Al erdings
    erschien er ihm auch ein wenig seltsam. Einmal hatte Kastanie ihn im
    Foyer dabei beobachtet, wie er ganz still stand. Mehr machte er nicht.
    Er unternahm nicht den

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