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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Ballgäste klatschten. »Mir gefällt
    ein wenig Unterhaltung bei einer Party. Und ich schneide ihn.«
    Er wich einige Schritte zurück und nickte den Leibwächtern zu. »Also
    los.«
    Schwerter stachen mehrmals in die oberste Lage. Die Leibwächter
    sahen zu Winder und schüttelten den Kopf.
    »Es gibt so etwas wie Zwerge, wisst ihr«, sagte er.
    Die Wächter stachen in die zweite Schicht von oben, und ihre
    Schwerter stießen auf keinen größeren Widerstand, als man von
    getrockneten Früchten, Teig und einer Marzipankruste mit Zuckerguss
    erwarten durfte.
    »Vielleicht kniet er«, sagte Winder.
    Die Bal gäste beobachteten den Vorgang mit erstarrtem Lächeln. Als
    kaum mehr ein Zweifel daran bestehen konnte, dass sich niemand in
    dem Kuchen verbarg, wurde der Vorkoster gerufen. Die meisten Gäste
    kannten ihn. Sein Name lautete Schleckschlecht. Angeblich hatte er im
    Lauf seines Lebens so viel Gift gegessen, dass er praktisch gegen alles
    immun war. Es hieß, dass er jeden Tag eine Kröte verspeiste, um in
    Form zu bleiben. Man sagte auch, dass ein Atemhauch von ihm
    genügte, um Silber zu schwärzen.
    Er nahm ein Stück vom Kuchen, kaute nachdenklich und blickte
    dabei nach oben.
    »Hmm«, sagte er nach einer Weile.
    »Nun?«, fragte Winder.
    »Tut mir Leid, Euer Exzel enz«, erwiderte Schleckschlecht. »Nichts.
    Ich dachte zunächst, ein wenig Zyanid entdeckt zu haben, doch leider
    waren es nur die Mandeln.«
    »Überhaupt kein Gift?«, fragte der Patrizier. »Du meinst, der Kuchen
    ist essbar?«
    »Ja. Mit einer Kröte wäre er besser, aber das ist nur meine
    bescheidene Meinung.«
    »Können die Bediensteten jetzt servieren, Euer Exzel enz?«, fragte
    Madame.
    »Traue niemals Bediensteten, die etwas servieren«, sagte Lord Winder.
    »Schleichen umher und könnten einem was unterjubeln.«
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich serviere, Euer Exzellenz?«
    »Äh, nein«, erwiderte Lord Winder und behielt den Kuchen im Auge.
    »Ich nehme das neunte Stück.« Aber er schnappte sich das fünfte und
    triumphierte wie jemand, der etwas Kostbares aus einem
    Trümmerhaufen gerettet hatte.
    Der Kuchen wurde geschnitten. Lord Winders Einwände in Bezug
    auf servierende Bedienstete galten für andere Leute nicht, und so
    breitete sich die Party ein wenig aus, als die Gäste über die uralte Frage
    nachdachten, wie man einen Tel er in der einen und ein Glas in der
    anderen halten und trotzdem etwas essen konnte, ohne einen der
    albernen Glashalter an den Teller zu stecken, mit dem man wie ein
    Vierjähriger aussah. Das erfordert hohe Konzentration, was der Grund
    dafür sein mochte, dass plötzlich alle so sehr mit sich selbst beschäftigt
    waren.
    Die Tür öffnete sich. Eine Gestalt betrat den Raum. Winder sah auf
    und blickte über seinen Teller hinweg.
    Es war eine schlanke Gestalt, mit Kapuze und Maske. Und sie trug
    Schwarz.
    Winder riss die Augen auf. Um ihn herum schwoll das Geräusch der
    Gespräche an, und der hypothetische Beobachter auf dem Balken weit
    oben hätte vermutlich bemerkt, dass sich die Gezeiten der Party auf
    subtile Weise verschoben und einen breiten Weg frei ließen, der von der
    Tür bis zu Winder reichte, dessen Beine sich nicht bewegen wol ten.
    Die Gestalt näherte sich und griff mit beiden Händen über die
    Schulter. Als die Hände wieder zum Vorschein kamen, hielt jede von
    ihnen eine kleine Armbrust. Es klickte zweimal, und die Leibwächter
    sanken zu Boden. Dann warf die Gestalt die Armbrüste fort und
    näherte sich weiter. Ihre Schritte waren völlig lautlos.
    »Brw?«, fragte Winder. Sein offener Mund steckte vol Kuchen. Um
    ihn herum unterhielten sich die Gäste. Irgendwo hatte jemand einen
    Witz erzählt. Gelächter erklang, vielleicht ein wenig schriller als sonst.
    Der Geräuschpegel stieg erneut.
    Winder blinzelte. Assassinen verhielten sich nicht auf diese Weise. Sie
    schlichen umher. Sie blieben in der Dunkelheit. Dies hier geschah nicht
    im wirklichen Leben.
    Und dann stand die Gestalt vor ihm. Winder ließ seinen Löffel fallen,
    und dem Klappern auf dem Boden folgte plötzliche Stille.
    Es gab noch eine andere Regel. Der Inhumierte sol te, wann immer
    möglich, erfahren, wer der Assassine war und wer ihn geschickt hatte.
    Die Gilde hielt das nur für gerecht. Winder wusste nichts davon, und
    die Assassinengilde hatte das al es nicht an die große Glocke gehängt,
    aber in seinem Entsetzen stellte er dennoch die richtigen Fragen.
    »Wer hat dich geschickt?«
    »Ich komme von der

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