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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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meinen«. Meine Güte, haben wir auf diese
    Weise unsere Kriege gewonnen?
    Wie wäre ich mit dieser Sache fertig geworden? Ich hätte einfach nur
    »Detritus, beseitige die Barrikade« gesagt, und zwar laut genug, so dass
    die Verteidiger es gehört hätten. Dann wäre das Problem gelöst
    gewesen.
    Ein Schrei erklang auf der Barrikade. Ein Haken hatte einen der
    Wächter getroffen und ihn fest gegen das Holz gezogen. Mumm
    erreichte ihn und sah, wie die Metallspitze Brustharnisch und
    Kettenhemd durchstoßen hatte. Ein Angreifer zog sich am Seil hoch…
    Mit einer Hand blockierte Mumm den Schwertarm des Soldaten, mit
    der anderen schlug er ihm ins Gesicht. Der Mann fiel in das
    Durcheinander weiter unten.
    Der verwundete Wächter war Nimmernich. Mumm sah sein
    blauweißes Gesicht, den Mund, der sich lautlos öffnete und schloss.
    Blut sammelte sich zu seinen Füßen und tropfte durch die Bretter.
    »Ziehen wir das verdammte Ding heraus…«, sagte Wiggel und griff
    nach dem Haken. Mumm stieß ihn zurück, als mehrere Pfeile über sie
    hinwegschwirrten.
    »Das könnte noch mehr Schaden anrichten. Ruf einige der Jungs herbei.
    Bringt ihn vorsichtig nach unten und zu Rasen.« Mumm nahm
    Nimmernichs Schlagstock und schmetterte ihn auf den Helm eines
    weiteren Kletterers.
    »Er atmet noch, Oberfeldwebel!«, sagte Wiggel.
    »Gut«, erwiderte Mumm. Es war erstaunlich, wie viel Bereitschaft die
    Leute zeigten, in der Leiche eines Freunds noch Leben zu erkennen.
    »Also mach dich nützlich und bring ihn zum Doktor!« In Gedanken
    fügte er hinzu wie jemand, der viele Verwundete gesehen hatte: Wenn
    Rasen in der Lage ist, ihm zu helfen, kann er eine eigene Religion
    gründen.
    Ein glücklicher Angreifer schaffte es tatsächlich, an der Barrikade bis
    ganz nach oben zu klettern, und dort musste er plötzlich feststel en,
    dass er schrecklich allein war. Mit dem Mut der Verzweiflung schlug er
    nach Mumm, der sich daraufhin wieder dem Kampf widmete.

    Ankh-Morpork war gut darin und sogar immer besser geworden, ohne
    dass jemand darüber sprach. Die Dinge geschahen nicht, sie flossen.
    Manchmal musste man sehr genau hinsehen, um den Punkt des
    Übergangs von »muss erst noch erledigt werden« zu »darum habe ich
    mich bereits gekümmert, alter Knabe« zu erkennen. So ging das. Man
    kümmerte sich um die Dinge.
    Zwanzig Minuten nach dem Ableben von Lord Winder traf Herr
    Schnappüber ein. Fünf Minuten später – und das schloss eine
    Schweigeminute für Lord Winder ein, um dessen Leiche man sich
    gekümmert hatte – war er als Patrizier vereidigt und auf magische Weise
    zu Lord Schnappüber geworden, der im Rechteckigen Büro saß.
    Einigen Bediensteten wurde nicht zu unfreundlich die Tür gewiesen,
    und Schleckschlecht bekam ausreichend Zeit, seine Krötenzucht in al er
    Ruhe zu entfernen. Doch diejenigen, die das Feuer im Kamin
    anzündeten, Staub von den Möbeln wischten und fegten – sie blieben,
    so wie sie auch zuvor geblieben waren, weil sie nur selten darauf
    achteten und vielleicht nicht einmal wussten, wer gerade das Amt des
    Patriziers bekleidete. Sie waren zu nützlich und wussten, wo die Besen
    aufbewahrt wurden. Menschen kommen und gehen, aber Staub
    sammelt sich immer an.
    Und so begann ein neuer Tag. Von unten betrachtet, sah er genauso
    aus wie die alten.
    Nach einer Weile stellte jemand die Frage nach dem Kampf, um den
    man sich zweifel os kümmern musste.

    Überal entlang der Barrikade flammten Nahkämpfe auf, aber sie waren
    eher einseitiger Natur. Die Angreifer setzten Sturmleitern ein, und an
    einigen Stel en gelang es ihnen, die Brustwehr zu erklimmen. Aber es
    waren immer zu wenige. Es gab viel mehr Verteidiger, und nicht al e
    von ihnen trugen Waffen. Erstaunt nahm Mumm die natürliche
    Rachsucht von Großmüttern zur Kenntnis, die nicht den geringsten
    Sinn für Fairness hatten, wenn es darum ging, gegen Soldaten zu
    kämpfen. Gib einer Oma einen Speer und ein Loch, durch das sie damit
    stoßen kann – und al e jungen Männer auf der anderen Seite gerieten in
    große Schwierigkeiten. Und dann hatte Reg Schuh die gute Idee, Steaks
    als Waffe zu verwenden. Die Angreifer stammten nicht aus Familien,
    wo Steaks sehr häufig auf dem Teller lagen. Fleisch war in den meisten
    Fäl en das Gewürz, nicht die Mahlzeit. Nun geschah es immer häufiger,
    dass Soldaten in der Dunkelheit hochkletterten, begleitet vom Stöhnen
    und Ächzen derjenigen weiter unten, und am Ende der Leitern von gut
    genährten

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