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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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essen.

    Die Leute arbeiteten noch immer an der Barrikade. Das hatte sich zu einer Art al gemeinem Hobby entwickelt. Das Ganze lief auf kollektives
    Renovieren hinaus. Feuereimer tauchten auf, manche mit Wasser
    gefüllt, andere mit Sand. An einigen Stel en war die Barrikade
    undurchdringlicher als die Stadtmauer, wenn man berücksichtigte, wie
    oft Letztere geplündert worden war, um Baumaterial zu gewinnen.
    Gelegentlich erklangen Trommelschläge in der Stadt, und Geräusche
    deuteten auf Truppenbewegungen hin.
    »Oberfeldwebel?«
    Mumm sah nach unten. Ein Gesicht erschien am oberen Ende der
    Leiter, die zur Straße hinabführte.
    »Ah, Fräulein Battye. Ich wusste gar nicht, dass du bei uns bist.«
    »Ich wol te es gar nicht, aber plötzlich gab es diese große
    Barrikade…«
    Sie kletterte ganz nach oben, mit einem kleinen Eimer in der Hand.
    »Dr. Rasen lässt dir einen schönen Gruß ausrichten und fragt, wieso
    du noch niemanden zusammengeschlagen hast«, sagte sie und setzte
    den Eimer ab. »Er hat drei Tische geschrubbt, hält zwei Eimer mit
    heißem Pech bereit, und sechs Frauen rol en Verbände für ihn. Aber
    bisher hatte er nur einen Fal von Nasenbluten. Er meint, du
    enttäuschst ihn.«
    »Sag ihm ha, ha, ha«, erwiderte Mumm.
    »Ich habe dir das Frühstück gebracht«, sagte Sandra. Mumm bemerkte
    einige der Jungs, die unten standen und ohne großen Erfolg versuchten,
    im Verborgenen zu bleiben. Sie kicherten leise.
    »Pilze?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete die junge Frau. »Ich sol dir ausrichten: Da es
    Morgen ist, bekommst du al es, was du dir gewünscht hast…«
    Mumm zögerte und war nicht sicher, wohin ihn die Welt brachte.
    »Ein hart gekochtes Ei«, sagte Sandra. »Und Sam Mumm meinte,
    vermutlich möchtest du es nicht zu hart gekocht, das Eigelb soll noch flüssig sein, und er schlug auch in Streifen geschnittenes Brot vor.«
    »Was seinen eigenen Vorlieben entspricht«, sagte Mumm leise. »Hat
    gut geraten, der Mann.«
    Mumm warf das Ei in die Luft und wol te es wieder auffangen. Doch
    es ertönte ein Geräusch wie von einer sich schließenden Schere, und es
    regnete Eigelb und Schalenstücke. Und dann regnete es Pfeile.

    Der Geräuschpegel der Konversation war gestiegen. Madame näherte
    sich der Gruppe um Lord Winder. Wie durch Magie dauerte es nur
    zehn Sekunden, bis sie mit ihm allein war – alle anderen sahen plötzlich
    irgendwo jemanden, mit dem sie dringend sprechen mussten.
    »Wer bist du?«, fragte Winder und musterte sie mit der
    Aufmerksamkeit eines Mannes, der fürchtet, dass eine Frau versteckte
    Waffen bei sich hat.
    »Madame Roberta Meserole, Euer Exzellenz.«
    »Die Frau aus Gennua?« Winder schnaubte, was bei ihm auf ein
    höhnisches Kichern hinauslief. »Ich habe Geschichten über Gennua
    gehört.«
    »Ich könnte dir vermutlich weitere erzählen, Euer Exzel enz«, sagte
    Madame. »Aber es wird jetzt Zeit für den Kuchen.«
    »Ja«, sagte Winder. »Wusstest du, dass wir einen weiteren Assassinen
    geschnappt haben? Sie versuchen es immer wieder. Elf Jahre, und sie
    geben nicht auf. Aber ich erwische sie jedes Mal, auch wenn sie noch so
    heimlich herumschleichen.«
    »Ausgezeichnet, Euer Exzel enz«, sagte Madame. Es half, dass er eine
    unangenehme Person war, ganz offensichtlich bis ins Mark verdorben.
    Das machte es einfacher. Madame drehte sich um und klatschte in die
    Hände. Erstaunlicherweise bewirkte dieses kleine Geräusch, dass es still
    wurde.
    Die Doppeltür am Ende des Ballsaals schwang auf, und zwei
    Trompeter erschienen. Sie bezogen zu beiden Seiten der Tür
    Aufstellung…
    »Haltet sie auf!«, rief Winder und duckte sich. Seine beiden
    Leibwächter eilten durch den Saal und rissen den erschrockenen
    Männern die Trompeten aus der Hand. Sie untersuchten sie sehr
    vorsichtig, als erwarteten sie eine Explosion oder das Ausströmen von
    sonderbarem Gas.
    »Giftpfeile«, sagte Winder zufrieden. »Man kann nicht vorsichtig
    genug sein, Madame. In meinem Amt lernt man, auf jeden Schatten zu
    achten. Na schön, lasst sie spielen. Aber ohne die Trompeten. Ich mag
    keine Rohre, die auf mich zielen.«
    Am anderen Ende des Ballsaals gab es ein leises, verwundertes
    Gespräch. Dann traten die beiden Trompeter zurück und pfiffen, so gut
    sie konnten.
    Lord Winder lachte, als der Kuchen hereingeschoben wurde. Die
    einzelnen Lagen reichten bis in eine Höhe von fast zwei Metern und
    waren von einer dicken Glasur überzogen.
    »Prächtig«, sagte Lord Winder, als die

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