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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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früheren Kameraden in Empfang genommen wurden, die
    ihnen recht höflich die Waffen abnahmen und sie auf die andere Seite
    der Barrikade führten, wo sie Steaks, Eier und gebratene Hähnchen
    erwarteten – und das Versprechen, dass nach der Revolution jeder Tag
    so sein würde.
    Mumm wol te nicht, dass sich diese Art der Abwehr herumsprach,
    denn es hätte leicht zu einem Ansturm von Soldaten geführt, die sich
    ergeben wol ten.
    Aber die Omas… Viele Soldaten stammten aus den Wohnvierteln der
    Republik. Dort gab es große Familien mit Matriarchinnen, deren Wort
    Familiengesetz war. Es war Hinterlist, sie während ruhiger Phasen auf
    die Barrikade zu bringen, ihnen ein Sprachrohr zu geben und sie rufen
    zu lassen:
    »Ich weiß, dass du da draußen bist, unser Ron! Hier spricht deine
    Oma! Wenn du noch einmal hochzuklettern versuchst, bekommst du
    meine flache Hand zu spüren! Unsere Rita schickt dir einen lieben Gruß
    und möchte, dass du so bald wie möglich nach Hause kommst. Mit der
    neuen Salbe geht es Opa viel besser! Hör jetzt auf, ein dummer Junge
    zu sein!«
    Es war ein gemeiner Trick, und er gefiel Mumm. Solche Mitteilungen
    dämpften den Kampfgeist eines Mannes besser als Pfeile. Und dann
    bemerkte Mumm, dass keine Soldaten mehr an den Seilen und Leitern
    hingen. Er hörte Rufe und Stöhnen weiter unten, aber die Männer, die
    noch stehen konnten, wichen in sichere Entfernung zurück.
    Ich würde in die Keller der Häuser rechts und links von dieser Straße
    gehen, dachte Mumm. Ankh-Morpork ist vol er Kel er. Ich hätte dünne
    Wände durchbrochen, um meine Leute unbemerkt in die Keller auf
    dieser Seite der Barrikade zu bringen.
    Aber gestern Abend habe ich die Anweisung gegeben, al e
    Kel ereingänge zuzunageln und zu versperren, und deshalb habe ich gar
    nicht die Möglichkeit, gegen mich selbst anzutreten.
    Er sah durch eine Lücke in den Brettern der Brustwehr und stellte
    erstaunt fest, dass ein Mann vorsichtig an Trümmern und Stöhnenden
    vorbeitrat. In der einen Hand hielt er eine weiße Fahne, und
    gelegentlich blieb er stehen, um damit zu winken. Allerdings verkniff er
    sich dabei ein »Hurra!«
    Als er der Barrikade ganz nahe war, rief er: »Hal o?« Hinter den
    Brettern schloss Mumm kurz die Augen. Bei den Göttern, dachte er.
    »Ja?«, rief er nach unten. »Können wir dir helfen?«
    »Wer bist du?«
    »Oberfeldwebel Keel von der Nachtwache. Und du?«
    »Oberleutnant Harrap. Äh… wir bitten um einen kurzen
    Waffenstillstand.«
    »Warum?«
    »Äh… damit wir uns um die Verwundeten kümmern können.«
    Die Regeln des Krieges, dachte Mumm. Das Feld der Ehre.
    »Und dann?«, fragte er.
    »Wie bitte?«
    »Was geschieht danach? Kämpfen wir weiter?«
    »Äh… hat dir niemand davon erzählt?«, fragte der Oberleutnant.
    »Wovon?«
    »Wir haben es gerade erfahren. Lord Winder ist tot. Lord
    Schnappüber ist der neue Patrizier.«
    Die Verteidiger auf der Barrikade jubelten, und die anderen unten auf
    der Straße stimmten mit ein. Mumm fühlte Erleichterung in sich
    emporsteigen. Aber er wäre nicht Mumm gewesen, wenn er die Dinge
    ruhen gelassen hätte.
    »Möchtest du, dass wir die Seiten wechseln?«, rief er dem
    Oberleutnant zu.
    »Äh… wie bitte?«
    »Ich meine, habt ihr Lust, die Barrikade zu verteidigen, damit wir
    versuchen können, sie zu stürmen?«
    Mumm hörte das Gelächter der Verteidiger.
    Der junge Mann zögerte. »Äh… warum?«, fragte er schließlich.
    »Wenn ich mich nicht sehr irre, sind wir jetzt die loyalen Anhänger
    der offiziellen Regierung, und ihr seid der rebellische Rest einer
    verrufenen Verwaltung. Habe ich Recht?«
    »Äh… ich glaube, wir hatten, äh, legitime Befehle…«
    »Hast du von einem gewissen Hauptmann Schwung gehört?«
    »Äh…ja.«
    »Er glaubte ebenfal s, legitime Befehle erhalten zu haben«, sagte
    Mumm.
    »Äh… ja?«
    »Mann, war er überrascht. Na schön. Ein Waffenstil stand. Wir sind
    einverstanden. Braucht ihr Hilfe? Wir haben hier einen guten Doktor.
    Bisher sind mir noch keine Schreie zu Ohren gekommen.«
    »Äh… danke, Herr.« Der junge Mann salutierte. Mumm erwiderte
    den militärischen Gruß.
    Dann entspannte er sich und sah zu den Verteidigern. »In Ordnung,
    Jungs«, sagte er. »Ich schätze, das war’s. Ihr könnt ausruhen.«
    Er kletterte die Leiter hinunter. Vorbei. Alles überstanden.
    Glockengeläut, Freudentänze in den Straßen…
    »Oberfeldwebel, sollen wir den Soldaten wirklich bei ihren
    Verwundeten helfen?«,

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