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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Regiment, Herr, und sie rufen al e
    möglichen, äh, Dinge. Viele unserer Soldaten kommen aus diesem Teil
    der Stadt, und es widerstrebt ihnen, gegen Leute aus der eigenen Straße
    zu kämpfen. Und was einige Omas rufen… So etwas habe ich nie zuvor
    gehört. Die Sache bei den Tollen Schwestern war schlimm genug, Herr,
    aber dies ist einfach zu viel. Tut mir Leid, Herr.«
    Die beiden Kommandeure sahen aus dem Fenster. Ein halbes
    Regiment war auf dem Palastgelände stationiert, Männer, die seit
    einigen Tagen nichts anderes zu tun hatten, als Wache zu stehen.
    »Etwas Rückgrat und ein rascher Vorstoß«, sagte Selachi . »Das ist
    nötig, bei Io! Man muss die Eiterbeule anstechen! Dies ist nichts für die
    Kavallerie, Venturi. Und ich nehme die Männer dort. Frisches Blut.«
    »Wir haben unsere Befehle, Selachii…«
    »Wir haben al e Arten von Befehlen bekommen«, sagte Lord Selachi .
    »Aber wir wissen, wo der Feind steht. Sind nicht genug Wachen hier?
    Wie viele Wachen braucht ein Narr?«
    »Wir können nicht einfach…«, begann Lord Venturi, aber Madame
    sagte: »Charles sorgt bestimmt dafür, dass Seiner Lordschaft nichts
    zustößt.« Sie nahm seinen Arm. »Immerhin hat er sein Schwert…«
    Einige Minuten später sah Madame aus dem Fenster und
    beobachtete, wie die Soldaten das Palastgelände ohne großes
    Aufhebens verließen.
    Nachdem sie eine Weile Ausschau gehalten hatte, bemerkte sie auch,
    dass der im Flur patrouillierende Wächter verschwunden zu sein schien.

    Es gab Regeln. Wenn eine Assassinengilde existierte, brauchte man
    Regeln, die alle kannten und immer befolgten.*
    Ein Assassine, ein wahrer Assassine, musste wie ein Assassine
    aussehen: schwarze Kleidung, Kapuze, Stiefel und so weiter. Wenn sie
    jede beliebige Kleidung tragen und sich tarnen durften… Was blieb
    einem dann anderes übrig, als den ganzen Tag in einem kleinen Zimmer
    zu sitzen, mit einer schussbereiten Armbrust, die auf die Tür gerichtet
    war?
    Und Assassinen durften niemanden töten, der sich nicht verteidigen
    konnte. (Obwohl ein Mann, der mehr als zehntausend Ankh-Morpork-
    Dollar im Jahr verdiente, automatisch als jemand galt, der sich
    verteidigen konnte oder zumindest in der Lage war, jemanden in seine
    Dienste zu nehmen, der ihn verteidigte.) Und dann mussten sie dem
    Ziel eine Chance geben.
    Aber einigen Leuten war einfach nicht zu helfen. Viele Herrscher der
    Stadt waren von den Männern in Schwarz inhumiert worden, weil sie
    eine Chance nicht als solche erkannten, weil sie nicht wussten, wann sie
    zu weit gingen, weil sie sich nicht darum scherten, wie viele Feinde sie
    sich machten, weil sie gewisse Hinweise nicht zu deuten vermochten
    und weil sie nicht wussten, wann man besser gehen sol te, nachdem
    man eine bescheidene, akzeptable Summe veruntreut hatte. Sie
    begriffen nicht, wann die Maschine anhielt, wann die Welt für eine
    Veränderung reif war, wann es Zeit wurde, der Familie mehr Zeit zu
    widmen, um zu vermeiden, die Zeit bei den Vorfahren zu verbringen.
    Natürlich inhumierte die Gilde einen Patrizier nicht für sich selbst.
    Das verbot eine Regel. Ein entsprechender Assassine war einfach nur
    zur rechten Zeit am rechten Ort.
    In ferner Vergangenheit hatte es einmal eine Tradition gegeben, die
    »König der Bohne« genannt wurde. An einem bestimmten Tag im Jahr
    wurde al en Männern des Stammes eine besondere Mahlzeit serviert. Sie
    enthielt eine kleine hart gekochte Bohne, und wer auch immer diese
    bekam, wurde zum König (manchmal mit Zahnproblemen). Es war ein
    sehr preiswertes System, das gut funktionierte, vermutlich deshalb, weil
    die cleveren kahlköpfigen Männer, die sich um alles kümmerten,

    * Wobei »immer« relative Bedeutung hat.
    rechtzeitig nach geeigneten Kandidaten Ausschau hielten und sich
    ausgezeichnet darauf verstanden, eine hart gekochte Bohne in der
    hohlen Hand zu verbergen und sie in den richtigen Napf zu legen.
    Und während das Getreide reifte und der Stamm gedieh und der
    Boden fruchtbar war, ging es dem König gut. Aber wenn, zur
    gegebenen Zeit, die Ernte missriet, das Eis kam und das Vieh
    unerklärlicherweise ohne Nachkommen blieb… dann schärften die
    cleveren kahlköpfigen Männer ihre langen Messer, die fast nur dazu dienten, Mistelzweige zu schneiden.
    Und in der richtigen Nacht ging einer von ihnen in die Höhle und
    kochte eine kleine Bohne, bis sie hart wurde.
    Das war natürlich, bevor die Menschen zivilisiert wurden. Heutzutage
    musste niemand mehr Bohnen

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