Die Nachtwächter
wollte sicher sein, dass sie rechtzeitig zur Stelle war.«
»Woher weißt du, wer ich bin?«
»Reg dich nicht auf, Herr Mumm«, sagte Kehrer ruhig. »Ich bin hier,
um dir zu helfen… Euer Gnaden. Und ich bin dein Freund, denn weit
und breit gibt es keine andere Person, die bereit wäre, dir zu glauben,
wenn du von… Gewittern und Stürzen aus großer Höhe erzählen
würdest. Zumindest keine geistig gesunde«, fügte er hinzu.
Mumm saß eine halbe Minute lang still da, und Lu-Tze beobachtete
ihn beim Schweigen.
» Gut , Herr Mumm«, sagte Kehrer. »Du denkst nach. Das gefäl t mir
bei einem Mann.«
»Dies ist Magie, oder?«, fragte Mumm schließlich.
»Etwas in der Art, ja«, sagte Kehrer. »Eben haben wir dich in der Zeit
zurückversetzt. Nur um einige Sekunden. Damit du nichts anstellst, was
du später bereust. Nach al dem, was du hinter dir hast, kann ich
durchaus verstehen, dass du dir jemanden vorknöpfen möchtest. Aber
wir möchten doch nicht, dass dir etwas zustößt.«
»Wie bitte? Ich hatte fast die Hände an deinem Hals!«
Kehrer lächelte ein entwaffnendes Lächeln. »Möchtest du rauchen?«,
fragte er, griff unter seinen Umhang und holte eine krumme
Selbstgerollte hervor.
»Danke, aber ich habe meine eigenen…«, begann Mumm
automatisch. Seine Hand verharrte auf halbem Weg zur Tasche.
»Oh, ja«, sagte Kehrer. »Das silberne Etui. Ein Hochzeitsgeschenk
von Sybil, nicht wahr? Wirklich schade.«
»Ich möchte nach Hause«, flüsterte Mumm. Während der
vergangenen zwölf Stunden hatte er nur geruht, nicht geschlafen.
Diesmal saß Kehrer schweigend da, und man hörte al ein das
Brummen der Zylinder.
»Du bist Polizist, Herr Mumm«, sagte er schließlich. »Für eine Weile
möchte ich, dass du auch in mir einen Polizisten siehst. Meine Kollegen
und ich… wir sorgen dafür, dass… Dinge geschehen. Oder auch nicht.
Stell jetzt keine Fragen. Nick einfach nur.«
Mumm zuckte stattdessen mit den Schultern.
»Gut. Nehmen wir mal an, dass wir dich bei unserem Streifengang
fanden, während du, bildlich gesprochen, am Samstagabend im
Rinnstein lagst und ein anzügliches Lied über eine Schubkarre gesungen
hast…«
»Ich kenne keine anzüglichen Lieder über Schubkarren!«
Kehrer seufzte. Ȇber Igel? Oder Sahnetorten? Oder einsaitige
Fiedeln? Es spielt keine Rolle. Wir haben dich weit von dem Ort
entfernt gefunden, an dem du eigentlich sein solltest, und wir möchten, dass du heimkehrst, aber es ist nicht so einfach, wie du vielleicht
glaubst.«
»Ich bin in die Vergangenheit geraten. Wegen der verdammten
Bibliothek! Jeder weiß, dass die Magie darin Seltsames geschehen lässt!«
»Nun, ja. Das ist der Hauptgrund. Es wäre al erdings richtiger zu
sagen, dass du in ein wichtiges Ereignis verwickelt wurdest.«
»Kann mich jemand zurückbringen? Bist du dazu imstande?«
»Nun…«, begann Kehrer verlegen.
»Die Zauberer können es bestimmt«, sagte Mumm. »Morgen früh
gehe ich zu ihnen und bitte sie um Hilfe!«
»Ach, tatsächlich? Ich wäre gern dabei. Dies sind nicht die Zauberer
unter dem anständigen alten Ridcul y. Und du bist nicht Seine Gnaden
Kommandeur Sir Samuel Mumm. Du bist ein ziemlich wild
aussehender Bursche, der eine wirre Geschichte von Gewittern und
einer Reise durch die Zeit erzählt. Und deine Zuhörer sind
unerfreuliche, verschlagene Leute. Du kannst von Glück sagen, wenn
sie nur über dich lachen. Wie dem auch sei: Selbst wenn sie dir helfen
wol ten – sie stünden vor dem gleichen Problem.«
»Und das wäre?«
»Du kannst nicht zurückgebracht werden. Noch nicht.«
Zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs zeigte Kehrer so etwas wie
Unbehagen. »Das große Problem, dem ich mich derzeit gegenübersehe,
besteht darin, dass ich dir von einigen Dingen erzählen sol te, die ich dir unter gar keinen Umständen verraten darf. Aber du bist ein Mann, der
nicht zufrieden ist, solange er nicht Bescheid weiß. Das respektiere ich.
Solange du unzufrieden bist, wirst du uns nicht helfen. Ich weiß, dass
ich von dir kaum erwarten kann, mir zu glauben…«
Das Brummen der großen Zylinder klang plötzlich anders, und
Mumm spürte etwas Sonderbares – es fühlte sich an, als hätte sein
ganzer Körper gerade Plib gemacht.
»Hier ist jemand, dem du glauben würdest…«
»Moment mal«, sagte Mumm und starrte Kehrer an. »Was ist mit
deiner Zigarette geschehen?«
»Hmm?«
»Eben hattest du noch eine halbe Selbstgerol te in der Hand,
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