Die Nachtwächter
und beugte sich vor. »Aber, ha, vielleicht ist
das in diesem Fal gar nicht notwendig, weil John Keel gestern
gestorben ist. Du hast ihn zusammengeschlagen und ausgeraubt,
nichwahr? Du hast sein Geld genommen, dich aber nicht um die Briefe
geschert, weil Leute wie du nicht lesen können, nichwahr? Deshalb
weißt du nicht, dass John Keel ein Polizist war.«
»Was?«
Mumm starrte in das faltige Gesicht mit dem triumphierenden
Schnurrbart und den kleinen, trüben blauen Augen.
Und plötzlich drang das Geräusch fleißigen Fegens aus dem Flur. Der
Hauptmann sah an Mumm vorbei, knurrte und warf einen Stift.
»Der Kerl sol verschwinden!«, rief er. »Was hat er um diese Zeit in
der Nacht hier zu suchen?«
Mumm drehte den Kopf. Ein dürrer, verhutzelt wirkender, bärtiger
Mann stand in der Tür, kahlköpfig wie ein Baby. Er lächelte dumm und
hielt einen Besen.
»Er kostet nicht viel, Herr, hnah, und er macht hier am besten sauber,
wenn’s ruhig ist, hnah«, murmelte Schnauzi und griff nach dem
stockdünnen El enbogen des kleinen Mannes. »Komm, Herr
Luhtzeh…«
Die Armbrust zielte nicht mehr auf Mumm. Und er hatte mehrere
Pfund Metal an den Händen, oder um es anders auszudrücken: Seine
Arme waren ein Hammer. Er stand auf…
Mumm erwachte und blickte an die Decke. Irgendwo in der Nähe
brummte es dumpf. Eine Tretmühle? Eine Wassermühle?
Es war eine abgedroschene Frage, aber über manche Dinge musste
man Bescheid wissen.
»Wo bin ich?«, fragte er. Nach kurzem Zögern fügte er hinzu:
»Diesmal?«
»Bravo«, antwortete eine Stimme hinter ihm. »Vom Erwachen zum
Sarkasmus in nur fünf Sekunden!«
Das Gefühl der Luft deutete auf einen großen Raum hin, und über
die Wände huschendes Licht verriet, dass irgendwo hinter Mumm
Kerzen brannten.
»Es wäre mir recht, wenn du mich für einen Freund hieltest«, sagte die
Stimme.
»Für einen Freund? Warum?«, erwiderte Mumm. Er roch
Zigarettenrauch in der Luft.
»Jeder sol te einen Freund haben«, meinte die Stimme. »Ah, wie ich
sehe, hast du gerade bemerkt, dass du noch immer Handschel en
trägst…«
Das sagte die Stimme, weil Mumm ganz plötzlich aufgestanden und
nach vorn gesprungen war…
Mumm erwachte und blickte an die Decke. Irgendwo in der Nähe
brummte es dumpf. Eine Tretmühle? Eine Wassermühle? Dann
verknoteten sich seine Gedanken auf höchst unangenehme Weise.
»Was ist gerade passiert?«, fragte er.
»Ich dachte mir, dass du das vielleicht noch einmal versuchst«, sagte
der unsichtbare Freund. »Wir kennen hier einige Tricks, wie du erfahren
wirst. Setz dich hin. Ich weiß, dass du viel hinter dir hast, aber wir
dürfen keine Zeit verlieren. Eigentlich ist es zu früh, doch ich hielt es
für besser, dich da herauszuholen, bevor die Sache wirklich schlimm wurde… Herr Mumm.«
Mumm erstarrte. »Wer bist du?«, fragte er.
»Offiziell heiße ich Lu-Tze, Herr Mumm. Aber du kannst mich
Kehrer nennen, weil wir Freunde sind.«
Mumm setzte sich vorsichtig auf und drehte den Kopf.
Eine Art… Schrift bedeckte die schattigen Wände, aber sie erinnerte
an die des Mittlands und bestand fast nur aus kleinen Bildern.
Eine Kerze stand auf einer Untertasse. Etwas weiter hinten
zeichneten sich zwei Zylinder in der Düsternis ab, jeder so breit wie ein
Mann und doppelt so hoch. Sie ruhten in massiven Holzlagern, einer
über dem anderen. Beide drehten sich langsam und schienen viel größer
zu sein, als ihre Ausmaße nahe legten. Das Brummen ging von ihnen
aus, fül te den ganzen Raum. Ein sonderbarer violetter Dunst hing in
der Luft.
Zwei in gelbe Umhänge gehül te Gestalten kümmerten sich um die
Zylinder, doch Mumms Aufmerksamkeit galt dem kleinen, dürren und
kahlköpfigen Mann, der neben der Kerze auf einer umgedrehten Kiste
saß. Er rauchte eine ekelhafte Selbstgerol te von der Art, die Nobby
bevorzugte, und schien ein ausländischer Mönch zu sein. Er sah
genauso aus wie die Mönche, die Mumm gelegentlich mit Bettelnäpfen
auf der Straße gesehen hatte.
»Offenbar bist du so weit in Ordnung, Herr Mumm«, sagte Kehrer.
»Du warst im Wachhaus, nicht wahr?«, fragte Mumm. »Schnauzi
nannte dich Luhtzeh!«
»Ja, Herr Mumm. Lu-Tze. Während der vergangenen zehn Tage habe
ich dort jede Nacht gefegt. Für zwei Cent und alle Tritte, denen ich
ausweichen konnte. Ich habe auf dich gewartet.«
»Und du hast Rosie Palm gesagt, wohin ich gelaufen bin? Du warst
der Mönch auf der Brücke?«
»Ja. Ich
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