Die Nachtwächter
ist etwas für eure Mühe… Du hättest die Wächter nicht daran hindern sollen, sich bestechen zu lassen, Herr Mumm. Das macht das Leben aller Beteiligten viel leichter, haha.«
»Irgendwie kriege ich dich schon, Carcer.«
Carcer steckte sich einen Finger in die Nase, drehte ihn, zog ihn heraus, betrachtete das, was daran klebte, und schnippte es zur Decke hinauf.
»Tja, und genau an dieser Stelle wird’s ‘n bisschen schwierig, Herr Mumm. Weißt du, ich bin nicht von vier Wächtern hereingetragen worden. Ich habe keine Angehörigen der Wache angegriffen oder versucht, in die Universität einzubrechen…«
»Ich habe an die Tür geklopft!«
»Ich glaube dir, Herr Mumm. Aber du weißt ja, wie Polizisten sind. Man sieht sie schief an, und sofort behaupten sie, man hätte gegen alle Gesetze verstoßen, die jemals erlassen wurden. Abscheulich, was sie einem ehrlichen Mann anhängen können, haha.«
Mumm wusste darüber Bescheid. »Du hast also Geld«, sagte er.
»Natürlich, Herr Mumm. Ich bin ein Gauner. Und weißt du was? Es ist noch einfacher, ein Gauner zu sein, wenn niemand weiß, dass man ein Gauner ist, haha. Aber wenn man ein Polizist sein will, müssen die Leute daran glauben, dass man ein Polizist ist. Dumme Sache, was? Du weißt doch, dass wir in der Vergangenheit sind, oder?«
»Ja, so scheint es«, erwiderte Mumm. Es gefiel ihm nicht, mit Carcer zu reden, aber derzeit gab es keine anderen Gesprächspartner.
»Wo bist du gelandet, wenn ich fragen darf?«
»In den Schatten.«
»Ich auch. Zwei Burschen kamen und wollten mich ausrauben. Mich! Kannst du dir das vorstellen, Herr Mumm? Aber sie hatten Geld dabei, und deshalb kann ich mich eigentlich nicht beschweren. Ja, ich glaube, hier wird’s mir gefallen. Ah, da kommt einer unserer tapferen Jungs…«
Ein Wächter schritt durch den Flur und schwang einen Schlüsselbund. Er war schon etwas älter, und Mumm kannte den Typ: Solche Polizisten bekamen die Arbeit, bei der das Schwingen von Schlüsselbunden wahrscheinlicher ist als das von Schlagstöcken. Sein auffälligstes Merkmal war eine Nase, doppelt so breit und halb so lang wie eine gewöhnliche Nase. Er sah Mumm kurz an, ging dann weiter zu Carcers Zelle und schloss auf.
»Du«, sagte er. »Schwirr ab.«
»Ja, Herr, danke, Herr«, sagte Carcer, verließ die Zelle und deutete auf Mumm. »Nehmt euch bloß vor
dem
in Acht, Herr. Er ist ein Tier. Anständige Leute sollten nicht in der gleichen Zelle mit ihm eingesperrt sein, Herr.«
»Du sollst abschwirren.«
»Schwirre schon, Herr. Danke, Herr.« Carcer zwinkerte Mumm kurz zu und schwirrte ab.
Der Wärter wandte sich Mumm zu. »Und wie heißt du, hnah?«
»John Keel«, sagte Mumm.
»Tatsächlich?«
»Ja. Und ich bin bereits verprügelt worden, herzlichen Dank, einmal genügt. Ich möchte jetzt gehen.«
»Oh, du möchtest gehen, wie? Hnah! Du möchtest, dass ich dir diese Schlüssel gebe, hnah, und vielleicht auch noch fünf Cent aus der Armenkasse, hnah, für deine Mühe, wie?«
Der Mann stand
sehr
dicht vor dem Gitter und grinste wie jemand, der sich irrtümlicherweise für intelligent hält. Wenn Mumms Reflexe schneller waren – und daran zweifelte er nicht –, konnte er den alten Narren packen, ihn an die Gitterstäbe ziehen und seine Nase noch breiter machen. Für Psychopathen war wirklich alles einfacher.
»Die Freiheit würde genügen«, sagte er und widerstand der Versuchung.
»Du gehst nirgends hin, hnah, abgesehen von einem Besuch beim Hauptmann«, sagte der Wärter.
»Du meinst Hauptmann Tilden?«, fragte Mumm. »Das stimmt doch, oder? Raucht wie ein Schlot? Hat ein Messingohr und ein Holzbein?«
»Ja, und er kann dich
erschießen
lassen, hnah, wie passt dir das in den Kram?«
Auf dem voll gepackten Schreibtisch von Mumms Gedächtnis kam das Kaffeedeckchen der Erinnerung unter der Teetasse des Vergessens zum Vorschein.
»Du bist
Schnauzi
«, sagte er. »Habe ich Recht? Irgendein Bursche brach dir die Nase, und sie ist nicht ordentlich gerichtet worden! Und dir tränen dauernd die Augen – deshalb hat man dich unbefristet für den Zellendienst eingeteilt…«
»Kenne ich dich?«, fragte Schnauzi und sah Mumm aus misstrauisch blickenden, tränenden Augen an.
»Mich? Nein!«, erwiderte Mumm schnell. »Ich habe Leute über dich reden gehört. Kümmert sich praktisch um alles im Wachhaus, heißt es. Ein sehr gerechter Mann, sagen die Leute. Streng, aber gerecht. Spuckt nie in den Brei, pinkelt nie in den Tee. Und bringt
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