Die nächste Begegnung
Genitalregion klaffte in der Beinkleidung ein großes, blutverschmiertes Loch.
Das Tiasso-Team machte sich sofort an die Arbeit, beseitigte das Blut und machte den Leichnam für die Autopsie zurecht. Dr. Turner saß unterdessen etwas abseits davon, auf einem Stuhl und schrieb seinen ersten Totenschein in New Eden aus.
»Wie hieß er?«, fragte er die Bioten,
Einer der Tiassos fummelte in den Resten der Kleidung des Toten und fand seine ISA-Identi-Card.
»Danni«, sagte der Biot. »Marcello Danni.«
Epithalamion
1
Der Zug aus Positano war überfüllt. Er hielt an der Ministation am Ufer von Lake Shakespeare, auf halber Strecke nach Beauvois, und entlud seine Fracht von Menschen und Bioten. Viele trugen Picknickkörbe, Decken und Klappstühle mit. Etliche der kleineren Kinder stürzten sich aus dem Bahnhof auf den dichten, saftigen, frischgemähten Rasen am Seeufer. Lachend und kreischend purzelten sie den hundertfünfzig Meter langen sanften Hang von der Haltestelle zum See hinab.
Für Leute, die es ablehnten, auf dem nackten Gras zu sitzen, waren genau gegenüber dem schmalen Pier Holzplattformen errichtet, das sich fünfzig Meter ins Wasser vorschoben, um dann dort eine quadratische Insel zu bilden. Dort waren ein Pult mit Mikrophon und mehrere Stühle platziert; und von hier aus würde Gouverneur Watanabe nach dem Feuerwerk seine Ansprache zum Siedlungstag halten.
Vierzig Meter links davon hatten die Wakefields und die Watanabes ein langes, weiß und blau gedecktes Büffett aufgebaut, auf dem appetitliche, mit den Fingern zu nehmende Häppchen geschmackvoll arrangiert waren. In Kühlgefäßen darunter stand ausreichend Trinkbares bereit. Die Familien und Freunde trieben sich in der Nähe herum, aßen entweder oder waren mit irgendwelchen Spielen beschäftigt, oder sie unterhielten sich angeregt. Zwei Lincoln-Bioten schwebten durch die Menschengruppe und boten jenen, die vom Büffett und den Kühlkübeln zu weit entfernt waren, Getränke und Häppchen an.
Der Nachmittag war heiß. Eigentlich zu heiß und der dritte extrem warme Tag in einer Reihe. Etwas völlig Ungewöhnliches. Doch als die Kunstsonne in der Kuppelwölbung über ihren Köpfen ihre Bahn hinter sich hatte und das Licht allmählich zu schwinden begann, vergaß das erwartungsfreudige Publikum am Gestade des Lake Shakespeare die Hitze vollkommen.
Kurz bevor die Sonne ganz unterging, traf der letzte Zug ein. Er kam von der Central-City-Station im Norden und brachte Kolonisten, die in Hakone oder San Miguel wohnten. Es waren nur wenige; die meisten Leute waren frühzeitig gekommen und hatten sich ihre Picknickburgen auf dem Rasen aufgebaut. Eponine war in diesem letzten Zug. Eigentlich hatte sie an dem Festival überhaupt nicht teilnehmen wollen, hatte sich dann aber in letzter Minute doch anders entschlossen.
Sie war etwas verwirrt, als sie aus dem Wagen auf den Rasen trat. Dermaßen viele Menschen! Ganz New Eden muss da versam melt sein, dachte sie. Und flüchtig überkam sie das Gefühl, sie wäre besser nicht gekommen. Alle anderen waren mit ihren Familien oder mit Freunden zusammen ... und sie war ganz allein.
Ellie Wakefield spielte mit ihrem Bruder Benjy Hufeisen- werfen, als Eponine aus dem Zug stieg. An ihrem hellroten Armband erkannte sie sofort ihre Lehrerin, selbst aus der Ferne. »Mama«, rief Ellie und rannte zu Nicole hinüber, »das ist Eponine! Kann ich sie zu uns einladen?«
»Aber natürlich«, erwiderte Nicole.
Eine Stimme über Lautsprecher unterbrach die Musik der kleinen Band und verkündete, das Feuerwerk werde in zehn Minuten beginnen. Es gab verstreuten Applaus. .Eponine!., rief Ellie. »Hier sind wir!« Und sie schwenkte die Arme.
Eponine hörte ihren Namen, konnte aber im Dämmerlicht nicht gut sehen. Zögernd setzte sie sich auf Ellie zu in Bewegung. Dabei stieß sie unabsichtlich gegen einen Knirps, der allein im Gras herumwatschelte. »Kevin!«, kreischte seine Mutter. »Geh weg von der!.
Sekunden später packte sich ein untersetzter blonder Mann den Kleinen und zerrte ihn von Eponine fort. »Du gehörst nicht hierher«, sagte er zu Eponine, »nicht unter anständige Leute!«
Leicht benommen ging Eponine weiter auf Ellie zu, die ihr entgegenkam. »Verzieh dich, 41!«, schrie eine Frau, die den Zwischenfall beobachtet hatte. Ein feister Zehnjähriger mit Kartoffelnase zeigte mit dem Finger auf Eponine und sagte leise etwas zu seiner kleinen Schwester.
»Ich freue mich ja so, dass du gekommen bist«, sagte
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