Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
einzurichten, dass sie auch bei gesteigerten Immissionswerten angemessen funktionieren. Was für eine unglaubliche, sträfliche Arroganz!«
    Nicole und Nai beobachteten die Reaktionen im Publikum sehr sorgfältig. Mehrere seiner Parteigänger hatten Kenji bedrängt, er solle eine seichte, Optimismus verbreitende Rede halten und nicht auf brennende strittige Fragen eingehen. Doch der Gouverneur blieb fest entschlossen, sachlich und vom Wesentlichen zu sprechen.
    »Sie folgen ihm nicht mehr ...« Nai beugte sich flüsternd zu Nicole. »Er schulmeisterte sie zu sehr.«
    Es breitete sich Unruhe auf den Tribünen aus, in denen inzwischen schätzungsweise die Hälfte des Publikums Platz genommen hatte. Nakamuras Jacht, die während des Feuerwerks in Ufernähe vor Anker gelegen hatte, war demonstrativ davongerauscht, kaum dass Gouverneur Watanabe zu sprechen begonnen hatte.
    Kenji wechselte von Umweltfragen zu der Herausforderung, die das Retrovirus RV-41 darstellte. Da dieses Thema in der Kolonie heftige Gefühlsregungen auslöste, steigerte sich die Aufmerksamkeit der Zuhörer nun beträchtlich. Der Gouverneur erklärte, das Medizinerteam unter Führung von Dr. Robert Turner habe heroische Anstrengungen unternommen, der Erkrankung auf die Spur zu kommen, brauche aber weitere, ja mehr Forschungsmittel, um Behandlungsmethoden zu entwickeln. Und dann zog er gegen die Volkshysterie zu Felde, die — sogar gegen sein Veto — die Verabschiedung eines Gesetzes erzwungen habe, demzufolge alle Bewohner der Kolonie mit RV-41-positiven Ergebnissen in ihrem Antikörper-Abwehrsystem zum ständigen Tragen roter Armbinden verpflichtet wurden.
    »BUUUUHHH!«, kam ein Gebrüll von einer großen Gruppe von Teilnehmern, überwiegend asiatischer Herkunft, am anderen Ende der Tribünen, wo Nicole und Nai sich befanden.
    »Diese armen, unglücklichen Menschen sind bereits über die Maßen mit Ängsten und Problemen konfrontiert ...«, sagte Kenji gerade.
    »Huren sind sie und verhurte schwule Perverse!«, geiferte eine Männerstimme aus dem Hintergrund, und die Leute um ihn herum, hinter der Gruppe der Wakefields-Watanabes, lachten und klatschten Beifall.
    »Doktor Turner hat wiederholte Male eindeutig festgestellt, dass diese Krankheit — wie die meisten Retroviral-Syndrome — ausschließlich auf dem Weg über Körperflüssigkeit wie Blut oder Sperma ...«
    Die Masse geriet außer Kontrolle. Nicole hoffte innig, Kenji würde das wahrnehmen und sich kürzer fassen. Er hatte auch noch über die Vernünftigkeit (oder vielmehr die Unvernunft) sprechen wollen, die in der erweiterten Erforschung Ramas über die Grenzen von New Eden hinaus steckte, aber sie merkte jetzt, dass Kenji seine Zuhörerschaft verloren hatte.
    Der Gouverneur hörte zu sprechen auf. Dann stieß er einen ohrenbetäubenden Pfiff ins Mikro, der übers Lautsprechersystem gellte. Das brachte die Zuhörer kurzfristig dazu, ihm wieder zu lauschen. »Ich habe nur noch ganz weniges hinzuzufügen«, sagte Gouverneur Kenji Watanabe. »Und davon dürfte sich wohl kaum jemand in seiner Würde beeinträchtigt fühlen.
    Ihr alle wisst ja, meine Frau und ich haben Zwillingssöhne. Und wir beide, Nai und ich, betrachten sie als ein großes Geschenk des Schicksals. Ich bitte nur um eines: Möge jeder von euch an diesem Festtag zur Feier unserer Koloniegründung, unserem Siedlungstag, an die eigenen Kinder denken und sich dann einen anderen Settlement Day vorstellen, in hundert oder vielleicht in tausend Jahren. Und dann stellt euch vor, ihr steht denen gegenüber, die ihr gezeugt habt und die die nach euch Kommenden sind, eure Enkel und Urenkel. Und die haltet ihr dann im Arm, und ihr sprecht mit ihnen .. . werdet ihr dann wahrhaftig sagen können, ihr habt alles getan, wirklich alles Menschenmögliche, um ihnen eine Welt zu übergeben, in der sie eine faire Chance finden können, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen?«
    Patrick war wieder einmal völlig durcheinander. Gerade als das Volksfest zu Ende ging, hatte Max ihn zu sich für die Nacht und den nächsten Tag auf die Puckett-Farm eingeladen. »Die Vorlesungen an der Uni beginnen doch erst Mittwoch«, bettelte der junge Mann seine Mutter an. »Könnte ich nicht mit ihm gehen? Bitte?«
    Nicole war noch ganz durcheinander und besorgt wegen der Reaktion der Leute auf Kenjis Rede und verstand zunächst einmal gar nicht, worum ihr Sohn sie da bat. Sie ließ es sich wiederholen und schaute dann Max fest an. »Du wirst gut auf

Weitere Kostenlose Bücher