Die nächste Begegnung
und passend wie die — Kostümierung, die du trägst ...«
Kenji hatte nicht vorgehabt, Nakamura zu beleidigen, aber er hätte kaum eine geschicktere Strategie wählen können, um aus seinem Gegenspieler dessen wahre Absichten herauszulocken. Der große Boss sprang plötzlich auf, und einen Moment lang dachte Kenji, er werde sein dekoratives Samurai- Schwert ziehen.
»Also gut, Watanabe«, sagte Nakamura mit feindselig funkelnden Augen, »machen wir es so, wie du willst ... Also, du hast die Kontrolle über die Kolonie verloren. Die Bürger sind mit deiner Regierung höchst unzufrieden, und meine Leute berichten mir von um sich greifenden Gerüchten von Impeachment, beziehungsweise einem Volksaufstand. Du hast die Geschichten mit der Klimakontrolle und mit der RV41-Konzentration verbockt, und jetzt grade hat deine schwarze Richterin nach unzähligen Verzögerungen verkündet, dass ein Nigger und Mädchenschänder nicht vor ein Schwurgericht kommen wird. Ein paar besonnenere Kolonisten, denen bekannt ist, dass wir beide aus den gleichen kulturellen Wurzeln kommen, haben mich ersucht, da vermittelnd einzugreifen und dich zum Nachgeben zu bewegen, ehe es zu massiven blutigen Auseinandersetzungen und zum Chaos kommt.«
Das ist unglaublich, dachte Kenji. Er hat völlig den Verstand verloren. Er beschloss, möglichst wenig zu sagen.
Nach einem ausgedehnten Schweigen fragte Kenji also: »Du meinst also, ich sollte zurücktreten?«
»Ja.« Nakamuras Ton wurde nun geradezu kaiserlich befehlend. »Aber nicht sofort. Nicht vor morgen. Heute sollst du dein Exekutivrecht ausüben und dieser Nicole des Jardins Wakefield den Martinez-Fall entziehen. Sie ist ganz eindeutig befangen. Richter Iannella oder Rodriquez wären beide weit geeigneter.« Und mit einem gezwungenen Lächeln fügte er hinzu: »Bitte nimm zur Kenntnis, dass ich nicht vorschlage, den Fall an Richter Nishimura zu verweisen!«
»Sonst noch was?«, fragte Kenji.
»Ja, noch eine Sache. Sag Ulanov, er soll seine Kandidatur zurückziehen. Er hat nicht die geringste Chance zu siegen, und dieser Wahlkampf schafft nur Unfrieden und wird es uns später erschweren, nach dem Macmillan-Sieg eine gemeinsame Politik zu betreiben. Wir müssen aber zusammenarbeiten. Ich sehe für unsere Kolonie eine ernste Bedrohung von Seiten des Feindes, wer immer dort haust, im anderen Modul. Diese >Leggies<, die ihr anscheinend immer noch für bloße harmlose Beobachter haltet, sind nur die vorgeschickten Kundschafter des Feindes ... «
Kenji war betroffen von dem, was er da hören musste. Wie hatte Nakamura nur dermaßen verdreht werden können? Oder war er das immer schon gewesen?
»Ich muss betonen, dass der Zeitfaktor von wesentlicher Bedeutung ist«, sprach Nakamura weiter, »besonders bei dem Martinez-Problem und deinem Rücktritt. Ich habe Kobayashisan und die übrigen Angehörigen unsrer Asiatischen Gemeinschaft ersucht, nicht überstürzt zu handeln, aber nach gestern Abend weiß ich nicht mehr, ob es mir gelingen wird, sie weiterhin zu bremsen. Seine Tochter war eine schöne und begabte junge Frau. Und der Abschiedsbrief vor ihrem Seppuku sagt ja deutlich aus, dass sie in der Schmach, die ihr durch die immer wieder verzögerte Anklage gegen ihren Schänder angetan wurde, nicht weiterleben konnte. Der gerechte Volkszorn regt sich immer mehr in der ganzen .. .
Gouverneur Watanabe vergaß plötzlich, dass er sich vorgenommen hatte, ruhig und gelassen zu bleiben. »Ist dir bewusst«, fragte er und sprang nun gleichfalls auf, »dass bei der Untersuchung in der Nacht nach der angeblichen Vergewaltigung der Mariko Kobayashi Sperma von zwei verschiedenen Männern festgestellt wurde? Und dass sowohl das Mädchen wie Pedro Martinez bei ihren Einvernahmen wiederholt beteuerten, sie wären den ganzen fraglichen Abend allein zusammen gewesen? — Selbst als Nicole des Jardins letzte Woche Mariko zu verstehen gab, dass es Beweise für mindestens einen weiteren Sexualverkehr gebe, beharrte die junge Frau auf ihrer Geschichte.«
Für einen Augenblick geriet Nakamura außer Fassung. Er starrte Kenji stumpf an. »Es ist uns bisher nicht gelungen, den andern Mann zu identifizieren«, fuhr Kenji fort. »Auf rätselhafte Weise verschwanden die Spermaproben aus dem Kliniklabor, ehe die DNS-Analyse vorgenommen werden konnte. Also haben wir nur den ersten Untersuchungsbericht.«
»Der aber auch falsch sein könnte!« Nakamuras Selbstsicherheit kehrte zurück.
»Das ist sehr, sehr
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