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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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unwahrscheinlich. Aber wie dem auch sein mag, vielleicht verstehst du nun den Zwiespalt, in dem Richter Wakefield steckt? Die ganze Kolonie hat Pedro Martinez bereits für schuldig erklärt. Aber sie konnte nicht zul as sen, dass eine voreingenommene Ju ry ihn rechtswidrig verurteilt..
    Beide schwiegen lange. Der Gouverneur schickte sich an zu gehen. »Du verblüffst mich, Watanabe«, sagte Nakamura schließlich. »Du hast offenbar völlig missverstanden, worum es bei unserem — Gespräch ging. Ob dieser kleine Niggerscheißer Martinez unsere Mariko Kobayashi vergewaltigt hat oder nicht, das ist wirklich nicht von Bedeutung ... Aber ich habe ihrem Vater versprochen, dass dieser Nicaraguaner bestraft werden wird. Und darauf kommt es an.«
    Kenji Watanabe starrte den Schulkameraden seinerJugendjahre angewidert an. »Ich gehe jetzt lieber«, sagte er, »bevor ich wirklich zornig werde.«
    »Eine zweite Chance wird es für dich nicht geben«, sagte Nakamura, und in seinen Augen glitzerte erneut heftiger Hass. »Dies war mein erstes Angebot an dich, und es wird das einzige und endgültige bleiben.«
    Kenji schüttelte den Kopf, schob eigenhändig das Türpaneel beiseite und trat hinaus in den Gang.
    Nicole schritt in prachtvollem Sonnenlicht über einen Strand. Etwa fünfzig Meter vor ihr stand Ellie neben Dr. Turner. Sie trug ihr Brautkleid, aber der Bräutigam hatte nur eine Badehose an. Nicoles Urgroßvater in seiner langen grünen Zeremonialrobe vollzog das Ritual.
    Omeh legte Ellies Hände in die von Dr. Turner und begann einen Senoufo-Zauber zu singen. Er hob die Augen zum Himmel. Dort schwebte einsam ein Vogel und mischte seine Rufe rhythmisch in den Hochzeitsgesang. Und während Nicole den Vogel betrachtete, verfinsterte sich der Himmel, und Gewitterwolken fegten heran und löschten den heiteren Himmel aus.
    Das Meer fing an zu kochen, der Wind heftig zu wehen. Nicoles inzwischen ganz ergraute Haare flogen hinter ihrem Kopf. Die Hochzeitsgesellschaft löste sich auf, und alle flohen landeinwärts, um dem aufziehenden Gewitter zu entkommen. Nicole vermochte sich nicht zu bewegen. Ihr Blick haftete wie festgeklebt an etwas, etwas Größerem, das auf den Wogen tanzte.
    Es war ein großer grüner Sack — so ähnlich wie jene Plastiksäcke, die man im 21. Jahrhundert zum Sammeln des Mülls benutzt hatte, den die Menschen auf Grünflächen zurückließen. Dieser Sack war prallvoll und näherte sich dem Ufer. Nicole wollte ihn gern packen, doch sie bekam Angst vor der brodelnden, sich bäumenden See. Sie zeigte hilflos auf den Sack und schrie gellend um Hilfe.
    In der linken oberen Ecke ihres Traumbildschirms sah sie ein Langkanu. Als es näher kam, erkannte sie, dass die acht darin Sitzenden Außerirdische waren: kleiner als Menschen und von orangefarbener Haut. Sie sahen aus, als wären sie aus Brotteig gebacken. Sie hatten ein Gesicht und Augen, aber keinerlei Körperbehaarung. Die Außerirdischen lenkten ihr Kanu an den großen grünen Sack und nahmen ihn auf.
    Dann setzten sie den Sack am Strand ab. Erst als sie wieder in ihr Boot stiegen und hinaus aufs Meer fuhren, winkte Nicole ihnen zum Abschied zu und näherte sich dem Sack. Der hatte einen Reißverschluss, den sie behutsam aufzog. Sie klappte das Oberteil zurück — und starrte in das tote Gesicht Kenji Watanabes.
    Ein Schauder überlief sie, und schreiend richtete sie sich in ihrem Bett auf. Sie tastete zur Seite nach Richard, aber er war nicht da. Die Digitaluhr auf dem Tisch gab an, dass es 2:48 ante meridiam war, kurz vor drei Uhr morgens. Nicole gab sich Mühe, ihre Atemfrequenz zu verlangsamen, um den scheußlichen Traum abzuschütteln.
    Aber dieses lebhafte Bild des toten Gesichts von Kenji saß fest in ihrem Kopf. Als sie ins Bad ging, fielen ihr die prophetischen Warnträume wieder ein, die sie mit kaum zehn Jahren über den Tod ihrer Mutter gehabt hatte. Mein Gott, wenn Kenji wirklich sterben sollte? Sie fühlte eine erste Welle von panischer Angst über sich hereinbrechen. Sie zwang sich, an etwas anderes zu denken. Wo kann bloß Richard um diese Zeit stecken ? Sie zog sich den Hausmantel über und verließ die Elternsuite.
    Leise schritt sie an den Zimmern der Kinder vorbei zum vorderen Bereich des Hauses. Benjy schnarchte — wie gewohnt. Im Studio brannte Licht, aber Richard war nicht da. Zwei der neuen Bioten und Prinz Hai waren gleichfalls verschwunden. Auf einem der Monitore auf Richards Werkbank flimmerte noch ein Display.
    Nicole

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