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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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genieße ich es durchaus, mich von den Ideen stimulieren zu lassen, die beide im Verlauf ihrer separaten Suche nach der Wahrheit produzieren, aber schließlich muss sich auch jemand um den alltäglichen Lebenskram kümmern. Schließlich obliegt uns drei Erwachsenen ja die verantwortliche Pflicht, die einzige Angehörige der nächsten Generation auf das Erwachsenenleben vorzubereiten. Wie es aussieht, wird dabei die Aufgabe des >hauptsächlich erziehenden Elternteils< immer mir zufallen.
    Aber die Verantwortung übernehme ich mit Freuden. Wenn Simone beim Trinken eine Pause macht und mich anstrahlt, dann denke ich nicht über meine Halluzinationen nach, und es spielt für mich auch wirklich keine besonders große Rolle, ob es einen Gott gibt, und es reißt mich auch nicht vor Begeisterung vom Stuhl, dass die Ramaner eine Methode entwickelt haben, wie man Wasser als Nuklearantrieb verwenden kann. In solchen Momenten ist einzig und allein wichtig für mich, dass ich Simones Mutter bin.
    31 - 07 - 2201
    Es ist nicht zu übersehen: In Rama ist eindeutig der Frühling eingekehrt. Sobald das Manöver beendet war, setzte das Tauwetter ein. Zu dem Zeitpunkt war die Temperatur droben auf eisige fünfundzwanzig unter null gesunken, und wir begannen uns schon Sorgen zu machen, wie viel tiefer sie noch fallen können, bevor das Thermalregulationssystem in unserem Bau die Grenze seiner Leistungskapazität erreichen musste. Doch seitdem steigt die Temperatur um beinahe ein Grad pro Tag, und bei diesem Tempo wird sie in weiteren zwei Wochen über den Gefrierpunkt steigen.
    Wir befinden uns jetzt außerhalb des Sonnensystems, in dem nahezu vollkommenen Vakuum der immensen Leere zwischen den Sternen. Noch immer ist unsere Sonne das beherrschende Objekt am Himmel, aber von ihren Planeten ist überhaupt nichts mehr zu sehen. Zwei-, dreimal wöchentlich durchforstet Richard die Teleskopdaten nach Anzeichen der Kometen in der Oort-Wolke, hat jedoch bisher noch nichts gefunden.
    Woher kommt die Energie, die das Innere unsres Schiffs erwärmt? Unser Chefingenieur, der schöne Kosmonaut Richard Wakefield, hatte dafür rasch eine Erklärung parat, als Michael gestern danach fragte. »Wahrscheinlich erzeugt dasselbe Nuklearsystem, das diese gewaltige Beschleunigung bewirkte, nun die Wärme. Rama muss zwei verschiedene Operationssteuerungen haben. In der Nähe einer Energiequelle, etwa eines Sterns, schaltet es sämtliche Primärsysteme, einschließlich der Antrieb- und Thermalkontrollen aus.«
    Michael und ich zögerten nicht, Richard zu einer so eminent einleuchtenden Erklärung zu gratulieren. Doch vor zwei Tagen fragte ich ihn: »Da sind aber noch 'ne Menge weiterer Fragen offen. Warum beispielsweise hat Rama diese zwei gesonderten technischen Systeme? Und wieso schaltet es das Primärsystem überhaupt aus?«
    »Da kann ich nur spekulieren«, antwortete Richard mit seinem gewohnten Grinsen. »Vielleicht brauchen die Primärsysteme periodische Wartung und Reparatur, was nur durchgeführt werden kann, wenn eine äußere Wärme- und Kraftquelle zur Verfügung steht. Ihr habt doch gesehen, wie diese verschiedenartigen Bioten Rama reinigen und pflegen. Vielleicht haben sie hier einen weiteren Biotentyp für die Wartung der Primärsysteme.«
    »Mir kommt da eine andre Idee«, sagte Michael nachdenklich. »Glaubt ihr, es war geplant, dass wir an Bord dieses Raumfahrzeugs sind?«
    »Was meinst du damit?« Richards Brauen zogen sich zusammen.
    »Glaubt ihr, es ist ein Zufallsereignis, dass wir hier sind? Oder ist es ein wahrscheinliches Ereignis — bedenkt man alle Wahrscheinlichkeiten und das Wesen unserer Spezies —, dass sich einige Vertreter der menschlichen Rasse in diesem Augenblick innerhalb Ramas aufhalten?«
    Mir gefiel Michaels Gedankengang. Er spielte, ohne dass er dies bereits selbst völlig begriffen hätte, darauf an, dass die Ramaner vielleicht noch etwas anderes sein könnten als geniale Naturwissenschaftler und Techniker. Vielleicht verstanden sie auch was von Universalpsychologie.
    »Willst du damit andeuten«, fragte ich, »dass die Ramaner ihre Sekundärsysteme absichtlich in Erdnähe einsetzten, weil sie damit rechneten, uns damit zu einer Begegnung zu verleiten?«
    »Das ist ungeheuerlich«, erklärte Richard sofort.
    »Aber, Richard«, fuhr Michael fort, »denk doch mal nach! Wie groß wäre die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts gewesen, wenn die Ramaner mit einem signifikanten Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit in unser

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