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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Ich brachte sie hockend heraus und war in so guter Verfassung, dass ich die Nabelschnur selber kappte.
    Und Katie schreit schon ganz mächtig. Genevieve und Simone waren beide sanfte, süße Babys, aber Katie scheint sich offensichtlich zu einer Heulboje zu entwickeln. Richard ist geschmeichelt, weil ich sie nach seiner Mutter nennen wollte. Ich hatte gehofft, er würde vielleicht diesmal mehr Interesse für seine Vaterrolle aufbringen, aber im Augenblick ist er zu beschäftigt mit der Ausarbeitung seiner >perfekten Datenbasis< (soll alle unsere Informationen registermäßig erfassen und leicht zugänglich machen) , als dass er Katie viel Aufmerksamkeit schenken könnte.
    Mein drittes Töchterchen wog bei der Geburt knapp unter vier Kilo und war vierundfünfzig Zentimeter lang. Simone war bei der Geburt ziemlich sicher nicht so schwer, aber wir hatten damals keine exakte Waage zur Verfügung. Katie ist ziemlich hellhäutig, ja eigentlich fast weiß, und ihr Haar ist auch heller als die tiefschwarzen Locken ihrer Schwester. Ihre Augen sind verblüffend blau. Natürlich weiß ich, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Neugeborene blaue Augen haben und dass sie im ersten Jahr merklich nachdunkeln. Aber mir wäre es nie in den Sinn gekommen, dass je ein Kind aus meinem Leib blaue Augen haben könnte.
    18-05-2203
    Schwer zu glauben, aber Katie ist schon über zwei Monate alt. Sie ist ein sehr anspruchsvolles Baby! Es sollte mir eigentlich inzwischen gelungen sein, ihr beizubringen, dass sie nicht an meinen Brustwarzen zerrt, aber ich kann es ihr nicht abgewöhnen. Sie wird besonders schwierig, wenn andere beim Stillen in der Nähe sind. Wenn ich auch nur den Kopf drehe, um mit Michael oder Richard zu reden, oder ganz besonders wenn ich auf Simones Fragen zu antworten versuche, beginnt sie besonders heftig an der Brustwarze zu reißen.
    Richard ist in letzter Zeit äußerst launenhaft. Manchmal ist er ganz er selbst wie früher, brillant und witzig und bringt Michael und mich andauernd mit seinen hochgelehrten Blödeleien zum Lachen; aber dann kippt seine Laune von einem Moment zum andern um. Ganz harmlose Bemerkungen von mir oder Michael können ihn in Depression stürzen oder sogar wütend machen.
    Ich argwöhne, sein wirkliches Problem derzeit ist — Langeweile. Sein Datenbasis-Projekt hat er abgeschlossen, aber sich bisher keiner größeren neuen Aufgabe gewidmet. Der sagenhafte Computer, den er im letzten Jahr gebaut hat, enthält Unterprogramme, die unser Interfacing mit dem Schwarzschirm fast zur Routine machen. Richard könnte ein bisschen mehr Abwechslung in seine Tage bringen, wenn er sich aktiver mit Simones Entwicklung und Erziehung befassen würde, aber ich nehme an, das passt einfach nicht zu ihm. Er ist anscheinend ganz und gar nicht von den komplexen Entwicklungsstrukturen fasziniert, die sich bei ihr zeigen, wie Michael und ich es sind.
    Während der ersten Zeit, als ich mit Katie schwanger war, machte ich mir ziemliche Sorgen wegen Richards offenkundiger Interesselosigkeit an Kindern. Ich sagte mir, dass ich das Problem direkt angreifen müsse, und bat ihn, mir bei der Einrichtung eines Mini-Labors zu helfen, in dem wir Katies Genome teilweise aus einer Fruchtwasserprobe analysieren könnten. Das Projekt erforderte komplizierte Chemotechnik, eine tiefergreifende Interaktion mit den Ramanern, als wir bisher zu erreichen versucht hatten, und den Bau und die Kalibrierung einiger raffinierter medizinischer Instrumente.
    Richard war begeistert von der Aufgabe. Ich ebenfalls, denn mich erinnerte es an mein Medizinstudium. Wir arbeiteten gemeinsam zwölf, manchmal vierzehn Stunden täglich — und überließen Michael die Sorge für Simone, die zwei sind eindeutig ineinander verliebt —, bis wir fertig waren. Oft sprachen wir bis spät in die Nacht über unsre Arbeit, sogar manchmal während wir uns liebten.
    Als aber der Tag kam, an dem wir die Genom-Analyse unseres künftigen Kindes abschlossen, entdeckte ich zu meiner Bestürzung, dass Richard weit aufgeregter darauf reagierte, dass die Anlage und Analyse allen unseren Anforderungen entsprach, als er es über die Charakteristika unsrer zweiten Tochter war. Das erstaunte mich. Als ich ihm sagte, das Kind sei ein Mädchen, habe weder das Down- noch das Whittingham-Syndrom und keine ihrer a priori Krebstendenzen lägen jenseits der akzeptablen Grenzen, reagierte er nur recht beiläufig. Als ich dann aber lobte, wie schnell und exakt das System den Test

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