Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
armen Menschen noch übler dran als jetzt. Die Klinik wäre noch stärker unterbelegt ... und viele Menschen würden wegen unserem Idealismus leiden müssen. Für mich als Arzt sind diese möglichen Konsequenzen inakzeptabel.«
    Ellie bog vom Radweg ab in ein kleines Gehölz einen halben Kilometer vor den ersten Häusern von Central Ci ty . »Warum machen wir denn hier halt?«, fragte Robert. »In der Klinik warten sie auf uns..
    »Ich will nur fünf Minuten lang die Bäume anschaun, die Blumen riechen ... und Nicole in meinen Armen halten.« Robert half ihr, nachdem sie vom Rad gestiegen war, die Trage mit dem Baby abzulegen. Dann setzte sich Ellie ins Gras und nahm Nicole auf den Schoß. Beide — Ellie und Robert — brachten kein Wort über die Lippen, während sie Nicole zusahen, wie sie die drei Grashalme betrachtete, die sie mit ihren Patschhändchen ergriffen hatte.
    Schließlich holte Ellie sich eine Decke, breitete sie aus und legte das Kind behutsam darauf. Dann näherte sie sich ihrem Mann und legte ihm die Arme um den Hals. »Robert, ich lieb dich wirklich sehr«, sagte sie. »Aber ich muss dir schon sagen, dass ich manchmal ganz und gar nicht deiner Meinung bin.«

    9
    Das Licht, das durch das einzige Zellenfenster drang, zeichnete ein Muster auf die Lehmwand gegenüber von ihrer Pritsche. Das Gittermuster bildete eine fast vollkommene 3x3-Matrix. Die Helligkeit in der Zelle signalisierte Nicole, dass es Zeit zum Aufstehen war. Sie raffte sich von der Holzbank, auf der sie geschlafen hatte, auf und ging zu dem Wasserbecken hinüber. Dort wusch sie sich das Gesicht. Dann holte sie tief seufzend Luft und versuchte Kraft zu finden für den neuen Tag, der ihr bevorstand.
    Sie glaubte ziemlich sicher zu sein, dass dieses, ihr jüngstes Gefängnis seit zirka fünf Monaten irgendwo in dem Agrarsektor zwischen Hakone und San Miguel liegen müsse. Bei ihrer letzten Verlegung hatten sie ihr die Augen verbunden. Doch sie war rasch zu dem Schluss gelangt, dass sie irgendwo auf dem Land sein müsse, denn manchmal wehte durch das vierzig Zentimeter kleine quadratische Fensterloch dicht unter der Decke der gesunde, kräftige Duft von Tieren zu ihr herein. Außerdem, wenn es Nacht war in New Eden, kam von draußen keine Spur von Streulicht durch das Loch.
    Diese letzten Monate waren am schlimmsten, dachte sie, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ein paar künstlich aromatisierte Reiskörner aus dem Fenster zu werfen. Keine Gespräche, nichts zu lesen, kein Ausgang, kein Sport, zweimal täglich eine Mahlzeit aus Reis und Wasser. Das kleine rote Eichhörnchen erschien wie an jedem Morgen am Fenstergitter. Sie konnte es hören. Sie trat zurück, damit sie sehen konnte, wie es die Reiskörner aß.
    »Du, mein schöner Freund, du bist die einzige Gese ll schaft, die ich habe«, sagte sie laut. Das Eichhörnchen hörte zu essen auf und sicherte, stets auf irgendeine Gefahr vorbereitet. »Und du hast nicht ein einziges Wort verstanden, das ich zu dir gesagt hab.«
    Das Tierchen blieb nicht lange. Nachdem es seinen Reis verzehrt hatte, verschwand es wieder, und Nicole war wieder allein. Sie starrte minutenlang zu dem Fensterloch hinauf. Sie dachte an ihre Familie und was wohl mit ihr geschehen mochte.
    Bis noch vor einem halben Jahr, als man den Prozess wegen >Volksverhetzung, Aufwiegelung und Aufruf zum Umsturz< gegen sie im letzten Moment auf unbestimmte Zeit verschoben hatte, durfte sie einmal wöchentlich für eine Stunde einen Besuch haben. Zwar war bei diesen Gesprächen stets ein Anstaltsbeamter zur Überwachung dabei, und politische Themen oder die Diskussion aktueller Ereignisse waren strikt untersagt, doch Nicole hatte diesen wöchentlichen Besuchen sehnsüchtig entgegengefiebert. Ellie und Patrick kamen; meistens war es Ellie. Aus sorgfältig formulierten Äußerungen beider Kinder hatte Ellie geschlossen, dass Patrick an irgendeinem Regierungsprojekt arbeitete und deshalb nicht regelmäßig kommen könne.
    Zuerst war Nicole wütend gewesen, dann deprimiert, als sie erfuhr, dass man Benjy interniert hatte und er sie nicht würde besuchen dürfen. Ellie hatte versucht, sie zu beruhigen, dass es Benjy dort— den Umständen entsprechend— gutgehe. Über Katie sprachen sie fast nie. Weder Patrick noch Ellie fanden die rechten Worte, um ihrer Mutter zu erklären, dass ihre ältere Schwester keine Spur von Interesse zeigte, Nicole zu besuchen.
    Bei diesen frühen Besuchsgelegenheiten bot Ellies

Weitere Kostenlose Bücher