Die nächste Begegnung
wenig müde«, sagte Eponine. »Aber das könnte auch nur psychogene Gründe haben. Seit du mir vor zwei Monaten gesagt hast, dass sich an meinem Herzen die Frühsymptome zeigen, bilde ich mir mindestens einmal täglich ein, ich bekomme einen Anfall.«
Während der Untersuchung bediente Ellie die mit dem Monitor verbundene Tastatur und sorgte dafür, dass die wichtigsten Messdaten der Routineuntersuchung im Computer gespeichert wurden. Eponie verdrehte den Kopf, um den Bildschirm sehen zu können. »Wie klappt es mit dem neuen System, Robert?«, fragte sie.
»Ein paar Hops mit den Sonden«, erwiderte Dr. Tu rn er. »Ed Stafford sagt, damit mussten wir rechnen, weil wir vorher nicht genug Tests gemacht haben ... Außerdem haben wir bisher noch keinen funktionablen Datenverarbeitungsprozess, aber alles in allem sind wir sehr zufrieden.«
»Es war die Rettung, Eponine«, sagte Ellie, ohne den Blick von der Tastatur zu heben. »Bei unsern drastisch beschnittenen Mitteln und den vielen Verwundeten aus dem Krieg hätten wir ohne diese Automation unmöglich die RV-41-Daten auf dem Laufenden halten können.«
»Mir wäre es verdammt lieb gewesen, wir hätten uns bei der Planung und Entwicklung mehr auf Nicoles Erfahrung verlassen dürfen«, brummte Dr. Turner. »Mir war nicht bekannt gewesen, dass sie eine so hochgradige Expertin für endoskopische Kontrollsysteme ist.« Dann sah der Arzt auf dem Bildschirm etwas Abnormes in der Graphik. »Machst du mir davon einen Ausdruck, Liebes? Das möchte ich gern Ed zeigen.«
Als die Untersuchung sich dem Ende näherte, fragte Eponine Ellie: »Hast du etwas Neues über deine Mutter gehört?«
»Vorgestern Abend haben wir Katie aufgesucht«, sagte Ellie sehr zögernd. »Der Abend wurde schwierig. Sie wollte mit uns über ein weiteres >Angebot< von Nakamura und Macmillan reden ...« Sie sprach nicht weiter. »Jedenfalls sagte Katie, dass der Prozess mit Sicherheit vor dem Siedlungstag eröffnet wird.«
»War sie bei Nicole?«
»Nein«, sagte Ellie. »Soweit wir wissen, hat man niemand zu ihr gelassen. Das Essen bringt ihr ein Garcia rein, die monatlichen Untersuchungen macht ein Tiasso.«
Das Baby bewegte sich auf dem Rücken der Mutter und begann zu wimmern. Eponine streichelte sacht über das Stückchen Wangenhaut, das nicht verpackt war. »Sie sind so bestürzend weich«, sagte sie. In diesem Augenblick öffnete das Kind die Augen und begann zu weinen.
»Reicht die Zeit noch, sie zu füttern, Robert?«, fragte Ellie.
Dr. Turner warf einen Blick auf seine Uhr. »Doch, ja. Wir sind hier praktisch fertig ... Wilma Margolin und Bill Tucker sind beide im nächsten Block. Also, warum sollte ich sie nicht allein besuchen und dann hierher zurückkommen?«
»Kommst du mit ihnen ohne mich zurecht?«
»Es wird schwierig sein«, sagte er bitter. »Besonders beim armen Tucker.«
»Bill Tucker stirbt langsam und qualvoll dahin«, sagte Ellie erklärend zu Eponine. »Er hat niemand, und er leidet entsetzlich. Aber da die Regierung die Sterbehilfe jetzt kriminalisiert hat, können wir ihm nicht helfen.«
»Keine Anzeichen weiterer Atrophie in deinen Werten«, sagte Dr. Turner Sekunden später zu Eponine. »Ich denke, wir sollten dankbar sein.«
Sie hörte ihn nicht. Im Geist stellte sie sich ihren eigenen langsamen, qualvollen Tod vor. Nein, so werde ich das nicht zulassen, sagte sie sich. Niemals! Sobald ich keinem mehr nützlich sein kann ... Max wird mir eine Waffe besorgen.
»Entschuldigung, Robert«, sagte sie. »Wahrscheinlich bin ich unausgeschlafener, als ich geglaubt hab. Was hast du gesagt?«
»Dass bei dir keine Verschlimmerung feststellbar ist.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und wandte sich zur Tür. »Bin in so zwanzig Minuten wieder zurück«, sagte er zu Ellie.
»Er sieht sehr müde aus«, sagte Eponine, als Robert gegangen war.
»Er ist müde«, sagte Ellie. »Er arbeitet immer weiter, die ganze Zeit ... und wenn er mal nicht arbeitet, macht er sich Sorgen.« Ellie hockte nun auf dem blanken Erdboden der Hütte, den Rücken an die Wand gelehnt. Nicole lag in ihren Armen, nuckelte an der Brust und wimmerte ab und zu.
»Sieht aus, als wenn das Spaß machte«, sagte Eponine.
»Nichts, was ich je erlebt hab, ist auch nur entfernt so. Das Lustgefühl ist unbeschreiblich.«
Und es ist nicht für mich, sagte eine Stimme in Eponine. Jetzt nicht— und niemals. Flüchtig e ri nnerte sie sich an eine Nacht, in der die Leidenschaft so hochloderte, dass sie es fast
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