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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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der Hand fest und folgten vorsichtig der Einladung. Dann entdeckte sie die Fotos, die ihr bisher nicht aufgefallen waren. »Schau mal, Mami, die haben ja Bilder von unserer Familie!«
    Ich bat sie höflich, die Klappe zu halten und sich doch bitte schön nach den Anweisungen des Oktos zu richten. Der zog sich nämlich in den Tunnel zurück, in Richtung der spantenbesetzten Senkrechtschächte. Das war die Bresche, auf die ich gewartet hatte. Ich packte mir Katie ganz fest, beschwor sie, sich eise rn an mich zu klammern, und schoss mit Höchsttempo durch den Gang. Meine Füße berührten kaum den Boden, bis ich wieder auf der Rampe und dann droben in NewYork war.
    Michael war außer sich, dass Katie sicher wieder daheim war. Allerdings beunruhigte es ihn stark (genau wie mich eigentlich immer noch) , dass es in den Wänden unsres Wohnbereichs versteckte Kameras gab. Und ich habe Katie natürlich nicht angemessen ausgescholten, weil sie da so auf eigene Faust losgezogen ist ... ich war viel zu erleichtert, dass ich sie überhaupt wiedergefunden habe. Katie berichtete Simone, dass sie ein >sagenhaftes Abenteuer< erlebt hat und dass der >Oktospinner< wirklich >lieb< gewesen sei. Oh, Kinderwelt!
    04-02-2209
    O namen-, namenlose Freude ! ! ! Wir haben Richard gefunden! Und er lebt! Noch. Also grade so, denn er ist tief komatös und hat hohes Fieber ... aber nichtsdestotrotz: Er lebt!
    Katie und Simone haben ihn heute früh gefunden, keine fünfzehn Meter von unsrem Einstieg entfernt. Er lag da flach auf dem Boden. Wir hatten ein weibliches Dreiermatch im Fußball auf der Plaza geplant gehabt und wollten grade aus unserm Wohnschacht aussteigen, als Michael mich aus irgendeinem Grunde zurückrief. Ich befahl den beiden Mädchen, sie sollten oben nahe bei unserm Einstieg auf mich warten. Und als sie ein paar Minuten später alle beide laut zu schreien begannen, glaubte ich, es müsse ihnen etwas Schreckliches zugestoßen sein. Ich schoss nach oben, und dort erkannte ich sofort in einiger Entfernung Richard. Er lag bewegungslos, wie im Koma.
    Zuerst dachte ich eine schreckliche Sekunde lang, dass Richard tot sei. Dann gewann der Mediziner in mir, und ich
    machte mich sofort an die Arbeit und suchte nach Lebenszeichen. Die Mädchen hingen mir über den Schultern, während ich ihn untersuchte. Besonders Katie. Sie stammelte immer und immer wieder: »Lebt Daddy? Ach, Mammi, mach doch, dass Daddy wieder okay ist!«
    Als meine Koma-Diagnose sich bestätigt hatte, halfen mir Michael und Simone, ihn die Treppen hinunterzuschaffen. Ich injizierte eine Reihe Biometriesonden und überwache seitdem unablässig die Daten.
    Ich zog ihn aus und untersuchte ihn gründlich von Kopf bis Fuß. Er hat ein paar Prellungen und Kratzer, die neu waren, doch mit so was musste man ja nach so langer Zeit rechnen. Die Blutsenkung ist merkwürdigerweise fast normal — ich hätte angesichts seiner fast vierzig Grad Temperatur mit einer abnormen Erhöhung der Leukozyten gerechnet.
    Als wir seine Kleider genauer untersuchten, gab es eine weitere Überraschung. In den Taschen seiner Jacke fanden wir Richards Shakespeare-Roboter — den Prinzen Heinrich >Hal< und Falstaff ... die vor neun Jahren in diesem sonderbaren Bereich unterhalb des spikebesetzten Schachtes (wir hatten das damals für die >Höhle des Oktos< gehalten) verschwunden waren. Es muss also Richard auf irgendeine Weise gelungen sein, ihm seine Spielgefährten zurückzugeben.
    Ich sitze jetzt seit sieben Stunden bei Richard. Im Verlauf des Morgens sind auch die andren aus der Familie da gewesen. Aber seit einer Stunde bin ich mit Richard allein. Ich hab immer wieder mit den Augen sein Gesicht gestreichelt, und meine Hände glitten über seinen Hals, seine Schultern, seinen Rücken. Diese Berührungen lösten eine Flut von Erinnerungen in mir aus, und ich schwamm immer wieder in Tränen. Ich habe nie geglaubt, dass ich ihn jemals wiedersehen, ihn jemals wieder streicheln dürfte ... Ach, Richard, willkommen daheim ... bei deiner Frau und bei deiner Familie.

    12
    13-04-2209
    Es war ein unglaublicher Tag. Kurz nach dem Mittagessen, ich saß bei Richard und überprüfte sämtliche seiner Biometriewerte, kam Katie an und fragte, ob sie mit >Prinz Heini und Falstaff< spielen dürfe. »Aber klar doch«, sagte ich, ohne nachzudenken. Ich war recht sicher, dass die Minirobots nicht funktionieren konnten, und um ehrlich zu sein, ich wollte Katie raus haben, um bei Richard eine andere Technik einzusetzen,

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