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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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gab keinen anderen Ausgang.
    Und Sekunden danach kam Katie durch diesen Eingang gehüpft. »Mammiii«, rief sie laut, als sie mich sah. Sie raste durch das Museum, warf dabei beinahe Dr. Takagishi um und stürzte sich mir in die Arme.
    »Oh, Mami-Mami, ich hab ja gewusst, du kommst«, sagte sie und umklammerte und küsste mich heftig.
    Ich schloss die Augen und presste mein wiedergefundenes verlorenes Kind mit all meinen Kräften an mich. Ich heulte so heftig, dass mein ganzes Gesicht nass war. Ich schaukelte Katie und schluchzte tröstend. »Ist ja schon gut, Liebes, ist ja alles gut.«
    Als ich mir die Tränen abgewischt hatte und die Augen aufmachte, stand im Eingang zum Museum ein Oktarachnide. Momentan bewegungslos, fast so, als beobachtete er das Wiederfinden von Mutter und Tochter. Ich konnte mich nicht bewegen, war gepackt von einem Wirbel der Gefühle zwischen Freude und purem Entsetzen.
    Katie fühlte meine Furcht. Sie blickte über die Schulter zu dem Okto hinüber. »Keine Bange, Mutter«, sagte sie. »Der tut dir nichts. Der will bloß gucken. Der war schon oft bei mir. «
    Mein Adrenalinpegel hatte den persönlichen Höchststand erreicht. Der Okto stand (oder kauerte oder was immer Oktos tun, wenn sie nicht in Bewegung sind) weiter an der Tür. Der fast kugelrunde große, schwarze Kopf klebte auf dem Leib, der sich in Bodennähe zu den acht schwarzen, golden gestreiften Tentakeln ausstülpte. In der Kopfmitte waren zwei parallele Kerben, symmetrisch längs einer unsichtbaren Mittelachse angeordnet, die von oben bis unten verliefen. Genau zwischen den zwei Kerben, ungefähr einen Meter über dem Boden, befand sich ein verblüffendes Linsengebilde von zehn Zentimetern Seitenlänge, das irgendeine gelantinöse Zusammensetzung von Rasterlinien und fließendem weißen und schwarzen Material zu sein schien. Und während der Okto uns anstarrte, wimmelte diese Optik von Aktivität.
    Zwischen den beiden Kerben waren noch weitere >Organe< eingebettet, sowohl vor wie unterhalb der >Linse<, aber mir blieb nicht die Zeit, sie genauer zu betrachten. Der Arachnide schob sich in den Raum herein, und trotz Katies nachdrücklichen Versicherungen kehrte meine Furcht ungemindert wieder zurück. Die schleifenden Bürstengeräusche rührten von borsten- oder wimpernähnlichen Fortsätzen an der Unterseite der Tentakeln her und entstand durch die Vorwärtsbewegungen auf dem Boden. Das hochfrequente Wimmern kam aus einer kleinen Öffnung rechts unten am Kopf.
    Mehrere Sekunden lang lähmte die Angst meine Denkprozesse. Als das Ding näher rückte, gewann die natürliche Fluchtreaktion die Oberhand. Unseligerweise war das in dieser Situation vergeblich: Es gab keinen Fluchtweg.
    Erst knappe fünf Meter von uns entfernt hielt der Okto inne. Ich hatte Katie gegen die Wand gedrängt und mich zwischen sie und den Okto gestellt. Ich hob die Hand hoch. Wieder heftige Aktivität in der rätselhaften Linse. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich griff in meinen Schutzanzug und holte den Taschencomputer heraus. Mit bebenden Fingern (der Okto hatte ein Tentakelpaar vor seiner Optik hochgestülpt — nachträglich fragte ich mich, ob er annahm, ich würde eine Waffe ziehen) holte ich Richards Bild auf den Monitor und hielt es dem Arachniden entgegen.
    Als ich keine weitere Bewegung machte, senkte die Kreatur die zwei Schutztentakeln langsam wieder zu Boden. Sie starrte fast eine ganze Minute lang das Monitorbild an, dann lief eine helle, purpurne Farbwelle um den ganzen Kopf. Sie ging vom Rand der Kerbe aus, und danach folgte einige Sekunden später ein Regenbogenmuster aus Rot, Blau und Grün, wobei jedes Band verschieden breit war, aber alle aus der gleichen Vertiefung entspringend. Nachdem sie den Kopf umkreist hatten, verschwanden sie in der parallelen Kerbe, die fast dreihundert Grad vom Ausgangspunkt entfernt lag.
    Katie und ich glotzten erstaunt und betroffen. Dann hob der Okto einen seiner Arme, deutete auf den Monitor und wiederholte das breite Purpurbandspektakel. Und wie vorher ein paar Augenblicke darauf exakt noch einmal das Regenbogenmuster.
    »Der redet mit uns, Mom«, sagte Katie leise.
    »Ich glaub, du hast recht«, sagte ich. »Aber ich hab keine Ahnung, was er sagt.«
    Nach einer fast ewig erscheinenden Pause rutschte der Okto dann wieder rückwärts auf den Eingang zu, wobei sein einer ausgestreckter Tentakel uns zuwinkte, wir sollten ihm folgen. Das farbige Bänderspiel hatte aufgehört. Und Katie und ich klammerten uns an

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