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Die nächste Begegnung

Die nächste Begegnung

Titel: Die nächste Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Richards sexuelles Interesse an. Dann verschwand es ebenso abrupt, wie es aufgetreten war. Zuerst war ich enttäuscht (aber ist das nicht menschlich? Die meiste Zeit wollen wir, dass es >noch besser< wird. Und wenn es dann so >gut< ist, wie es nur sein kann, wollen wir, dass es >ewig dauert<). Inzwischen habe ich akzeptiert, dass auch diese Facette von Richards Persönlichkeit einen Rekonvaleszenzprozess durchmachen muss.
    Zum ersten Mal seit seiner Rückkehr hat Richard gestern Abend unsere Flugbahn berechnet. Michael und ich waren begeistert. »Wir halten noch immer den gleichen Kurs«, verkündete Richard stolz. »Wir sind jetzt weniger als drei Lichtjahre von Sirius entfernt.«
    06-01-2210
    Siebenundvierzig bin ich jetzt. Vorn und an den Seiten sind meine Haare inzwischen überwiegend grau. Daheim auf der Erde würde ich mir überlegen, ob ich mir die Haare färben soll. Hier in Rama ist so was bedeutungslos.
    Ich bin jetzt zu alt für eine Schwangerschaft. Das sollte ich dem kleinen Mädchen sagen, das in meinem Bauch wächst. Ich war ziemlich überrascht, als ich feststellte, dass ich tatsächlich erneut schwanger war. Dabei hatte das Klimakterium schon eingesetzt, mitsamt den überraschenden Hitzewellen, Augenblicken kindischer Albernheit und den völlig unkalkulierbaren Menstruationen. Doch Richards Samen hat noch ein Kind gezeugt, ein weiteres Mitglied unsrer heimatlosen, im Weltraum gestrandeten Familie.
    Wenn wir niemals auf ein weiteres fortpflanzungsfähiges menschliches Wesen treffen — und Eleanor Joan Wakefield, wie es vorläufig aussieht, sich zu einem gesunden Baby entwickelt —, dann haben wir künftig insgesamt sechs mögliche Parentalkombinationen für unsere Enkel. Höchstwahrscheinlich werden nicht sämtliche dieser Permutationen durchgespielt werden, aber die Vorstellung ist doch recht faszinierend. Bislang stellte ich mir immer vor, Simone würde sich mit Benjy paaren, Katie mit Patrick, aber wie würde dann Ellie in diese Gleichung passen?
    Mein zehnter Geburtstag in Rama. Es erscheint geradezu als unmöglich, dass ich nur zwanzig Prozent meines Lebens in diesem Riesenzylinder verbracht haben soll. Gab es da einst ein anderes Leben für mich? Auf diesem Wasserplaneten, der Trillionen Kilometer hinter uns kreist? Habe ich wirklich einmal erwachsene Menschen gekannt, außer Richard Wakefield und Michael O'Toole? Und war mein Vater tatsächlich Pierre des Jardins, der berühmte Verfasser von historischen Romanen? Und hatte ich wirklich diese heimliche, traumhafte Liebesaffäre mit Hen ry , dem Prinzen von Wales, aus der meine wunderbare erste Tochter entstand. Genevieve?
    Nichts davon erscheint mir als denkbar. Jedenfalls kommt es mir heute so vor, an meinem siebenundvierzigsten Geburtstag. Es ist schon drollig. Richard und Michael haben mich — jeder für sich und nur einmal — nach dem >Erzeuger< Genevieves gefragt. Ich habe das Geheimnis noch immer niemandem verraten. Aber ist das nicht eigentlich lächerlich? Was könnte das schon für einen Unterschied machen, hier in Rama? Eben — nicht den geringsten. Aber es war nun mal mein persönliches Geheimnis (an dem nur mein Vater teilhatte) seit ich mit ihr schwanger ging. Sie war meine Tochter. Ich habe sie geboren, und ich hab sie aufgezogen. Ihr biologischer Vater, redete ich mir immer vor, war bedeutungslos.
    Das ist natürlich purer Quatsch. Ha! Da taucht das Wort ja wieder mal auf. Dr. Brown benutzte es seinerzeit so häufig. Himmel, ich hab seit Jahren nicht mehr an David Brown und die übrigen Kosmonautenkameraden der Newton gedacht. Ich frag mich, ob Francesca und ihre >Freunde< das geplante Millionengeschäft mit dem Flug der Newton gemacht haben. Und ich hoffe, Janos hat seinen Anteil bekommen. Der liebe Dr. Tabori, ein absolut bezaubernder Mann. Hm, na ja ... Ich frag mich außerdem auf einmal, wie sie der Erdbevölkerung das >Wunder< erklärt haben, dass Rama dem Angriff der irdischen nuklearen Phalanx entkommen konnte. Ach ja, Nicole, das ist wieder mal ein typischer Geburtstag ... eine lange, planlose Wanderung auf den Pfaden der Erinnerung.
    Und Francesca. Sie war so schön. Immer war ich neidisch auf sie, weil sie mit den Menschen so geschickt umgehen konnte. Ob sie Borzov und Wilson Drogen gegeben hat?
    Möglich. Aber ich bin nicht bereit, auch nur eine Sekunde lang zu glauben, dass sie Borzov umbringen wollte. Aber ihre Moralbegriffe waren unzweideutig pervers. Das ist bei den meisten wirklich ehrgeizigen Menschen

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