Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
Vom Netzwerk:
Dass
ich
an einer Kaffeebohnenvergiftung starb?
    Mit Aussicht auf die letzte der drei Möglichkeiten bestellte ich mir einen weiteren Kaffee. Falls ich auch die vierte Tasse überleben würde, wollte ich später für das
Fashion-Café
die goldenen Becher kaufen. An manchen Tagen muss man sich nun mal etwas gönnen. (Vivienne-Westwood-Kleid zählte nicht, da es nicht gegönnt, sondern mühsam zusammengespart war. Na ja, jedenfalls halbwegs.)
    Eine Weile war ich dann in die Speisekarte des Cafés vertieft (Konkurrenzbeobachtung) und merkte gar nicht, dass sich jemand an meinen Tisch geschlichen hatte. Als ich erschreckt hochsah, weil plötzlich ein Schatten auf die Karte fiel, stand er vor mir: Paul.
    War vor Schreck wie gelähmt! Ohne mich zu fragen, setzte er sich plötzlich zu mir an den Tisch, zog seine Jacke aus und legte eine Papiertüte neben sich auf den Stuhl. Sofort fühlte ich mich nicht mehr schlecht und furchtbar einsam, sondern nur noch schlecht. Ich meine, er hätte ja wohl wenigstens mal fragen können, ob es mir recht ist, wenn er sich an meinen Tisch setzte. Das wäre es mir nämlich nicht gewesen. In keinster Weise. So ein Zusammentreffen muss doch geplant werden!
    Hätte ich so spontan eine Idee gehabt, was ich Paul sagen könnte, wäre ich ihm ja bereits vorhin vor die Füße gesprungen. Aber ich wollte nicht. Auch nicht jetzt, wo er vor mir saß. Am liebsten wäre ich aufgestanden und weggelaufen, aber das ging nicht. Ich war bereits hypnotisiert.
    Pauls Nutella-Augen fixierten mich und machten es mir unmöglich, mich von der Stelle zu bewegen. Das sind wahre Folterinstrumente!
    Wenigstens funktionierte mein Mund noch, wenn auch ohne Verbindung zum Hirn. «Wo ist denn der Haifisch?», fragte ich, ohne nachzudenken. «Noch bei IKEA ?»
    «Wer?»
    «Der Haifisch. Deine Sprechstundenhilfe. B. Morgenroth. Die, mit der du schläfst. Erinnerst du dich?» Mit Genugtuung registrierte ich, dass Paul daraufhin etwas verlegen aussah.
    «Sie ist nicht mehr meine Sprechstundenhilfe. Und meine Geliebte ist sie schon lange nicht mehr.» Die Nutella-Augen durchbohrten mich jetzt förmlich.
    «Du meinst
lange
im Sinne von
seit dem Aufstehen nicht mehr

    Die Nutella-Augen formten sich zu Schlitzen. Wie
After Eight
, nur von der Seite betrachtet.
    «Nein, ich meine
lange
im Sinne von
Seit du und ich miteinander geschlafen haben

    «Aha. Das ist aber nicht unbedingt dasselbe wie das, was
ich
mir unter lange vorstelle.» Vermutlich hielt Paul mich in diesem Moment für anstrengend.
    Aber er ließ sich nichts anmerken. «Hätten wir uns eher kennengelernt, würde
lange
schon länger andauern. Und Nella – bitte sag jetzt nichts mehr dazu.»
    Ich wollte eigentlich beleidigt sein, hatte aber keine Zeit, da Paul das Thema wechselte. «Ich würde dir nämlich gern sagen, dass ich Bernd Morgenroth, die
Medical Esthetic Clinic
, die Schümlis und den Gedanken an die Schweiz in den Wind geschossen habe, um mit dir zusammen zu sein.»
    Ich hielt die Luft an.
    «Aber das habe ich nicht», fügte er dann hinzu, «und das weißt du auch.»
    Ich stieß die Luft wieder aus. Sollte ich jetzt in Tränen ausbrechen? Oder hocherfreut darüber sein, dass Paul mich offenbar als intelligente und selbstbewusste Frau empfand, die noch dazu scharfsinnig beobachtete und kombinierte 

    Er fuhr fort: «Ich weiß ja nicht einmal, ob
du
überhaupt mit
mir
zusammen sein wolltest.»
    … als Frau, die einen eigenen Willen hat und nicht zögert, diesen auch kundzutun …
    «Schließlich hattest du dir das Wochenende in Genf vermutlich anders vorgestellt.»
    … als Frau, die sensibel ist und feste Vorstellungen vom Leben hat …
    «Aber an unserer gemeinsamen Nacht trägst natürlich nur du die Schuld!»
    … als Frau, die –
    «Moment mal!» Ich bin eine Frau, die einen Handkantenschlag beherrscht! Wütend sprang ich auf.
    Doch bevor ich davonbrausen konnte, schnappte sich Paul meinen Arm, versprühte eine hypnotisierende Dosis Nutella mit seinen Augen und befahl: «Setz dich!»
    Offenbar war ich außerdem eine Frau, die erkannte, wann es keinen Sinn machte, sich einem Befehl zu widersetzen. Also nahm ich wieder Platz. Aber still hinunterschlucken konnte ich seine Anschuldigung natürlich nicht.
    «Falls du dich nicht mehr erinnern kannst …», zischte ich. «
Du
warst es, der mich aufgefordert hat, zu beweisen, dass ich kein therapiebedürftiges Sexualleben habe. Und
du
warst es auch, der hinterher behauptet hat, der Sex

Weitere Kostenlose Bücher