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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Studie teil», platzte Paul in meine Überlegungen. Offenbar hatte er gespürt, dass ich kurz davor war, seinem Lügenmärchen ein jähes Ende zu bereiten. «Er bekommt seit kurzem ein neues Medikament und weiß manchmal nicht, was er sagt.»
    Kurz beruhigten sich alle wieder, trotzdem wurde im Laufe des Abends irgendwie alles nur noch schlimmer. Unsere Geschichten wurden immer unglaubwürdiger, die Schümlis immer irritierter und die Hartmanns immer missbilligender.
    Vermutlich dachten alle dasselbe. Bis Frau Hartmann vor dem Dessert noch einmal das Wort ergriff. «Interessantes Muster auf Ihrem Kleid», wandte sie sich mit spöttisch verzogenem Mund an mich. «Ist das etwa das Gaultier-Schnäppchen, das Sie heute Vormittag erstanden haben?»
    Ich war mir nicht sicher, wen von uns beiden (Paul oder mich) sie damit ärgern wollte. Falls sie es auf mich abgesehen hatte, war es ihr gelungen. In mir brodelte es.
    Doch ehe ich etwas entgegnen konnte, wandte sie sich an Paul und legte nach. «Also ich muss schon sagen, Dr. Rosen, Ihre Frau ist ja sehr mutig. Ich hätte mich an ihrer Stelle vermutlich nicht getraut, in einem durchsichtigen Couture-Kleid dieses Traditionshaus zu betreten.» Sie machte eine ausladende Geste.
    Meine Augen folgten ihrem Arm – und mich traf der Schlag. In der ganzen Aufregung war mir komplett entgangen, dass wir dieses Mal nicht in einem feudalen Speiseraum mit modernstem Design an der Decke saßen, sondern in einer rustikalen Hütte mit Holztischen und handgefertigten Schnitzereien an den Wänden.
Kaashuus
war in die groben Stoffservietten eingestickt.
    Na bravo, mein Outfit war demnach komplett falsch gewählt. Schlagartig fühlte ich mich noch unwohler, als ich es ohnehin schon tat.
    Keine Ahnung, ob Paul gewusst hatte, wo wir hingehen, denn er steckte immerhin in einem Anzug, wenn auch einem rustikalen. Entspannt lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und grinste. Allerdings grinste er nicht mich an, sondern die Hartmann, und das auch noch irgendwie eigenartig. «Na ja, Sie trauen sich dafür andere Dinge», erklärte er und blickte an ihr hinunter.
    Ich hielt die Luft an. Immerhin wusste ich, worauf er anspielte, nämlich auf ihr unvorteilhaftes Silk Strech Top von Dolce&Gabbana, das höchstwahrscheinlich bei Paul traumatische Erinnerungen an den Nachmittag weckte. Es war nämlich lila.
    Fuchsia, um genau zu sein, aber das war ihm sicher egal. Ihm stand die Erinnerung an die lila Wedges und die damit verbundene Abbuchungssumme von seinem Konto förmlich ins Gesicht geschrieben. Da half es auch nichts, dass die Hartmann sich ihre Bluse bis zum Bauchnabel aufgeknöpft hatte.
    «Ich fasse das mal als Kompliment auf, Dr. Rosen», zwitscherte die Kuh nichtsahnend und holte gleich darauf zum Schlag mit der Keule aus. «Das Top ist ein Geschenk von meinem guten Freund Wladimir. Sie wissen schon, Wladimir Klitschko. Er ist immer sehr großzügig.» Sie strich sich über die Brust. Dann wandte sie sich kalt lächelnd mir zu. «Wissen Sie noch, wie großzügig seine Spende bei der ZDF -Spendengala zugunsten von Kindern in Not ausfiel? Sie waren ja angeblich dort, hat Ihr Mann gesagt.»
    Ich war was? Mir reichte es langsam. Weder war ich je auf einer Spendengala, noch hatte ich eine Ahnung, wie viel die Klitschkos dort gespendet haben mochten. Ich konnte die beiden ja nicht einmal auseinanderhalten!
    Gerade wollte ich etwas erwidern, als ich mich verschluckte und nur ein krächzendes «Chrraereos!» aus meiner Kehle kam. Sofort sprang mein braver Ehemann auf. Vermutlich ahnte er, dass er mit der Spendengala zu weit gegangen war, und versuchte nun, mir einen Anfall von Schnappatmung zu unterstellen, um sich auf diese Art aus der Affäre zu ziehen.
    «Oh mein Gott, Liebling!», hauchte Paul auch schon, und mir blieb tatsächlich einen Moment die Luft weg, so irritiert war ich. «Hast du denn deine Pillen nicht genommen?»
    Fragend blickte ich ihn an.
    «Ja, Himmel!» Paul wetzte um den Tisch, um mir eine Serviette vor den Mund zu halten. «Dann sollten wir jetzt schleunigst nach Hause. Du weißt doch, was sonst passiert.» Er zerrte mich hoch und blickte entschuldigend in die Runde. «Es tut mir furchtbar leid, aber die viele Aufregung war vermutlich ein bisschen zu viel für meine Frau.»
    Professor Schümli nickte. «Ja, das kann iccch mir gut vorstellen», sagte er und machte dabei einen Gesichtsausdruck, als wolle er hinzufügen: Das hält ja kein normaler Mensch aus.
    «Was genau fehlt denn

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