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Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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überrascht wie ich.»
    «Nella, spinnst du? Du nimmst ihn doch jetzt nicht etwa in Schutz, oder?» Ich konnte förmlich hören, wie sie die Hände in die Hüften stemmte.
    «Naiiin! Ganz sicher nicht.»
    «Also. Was hast du zu ihm gesagt?»
    «Nichts.»
    «Wie nichts?»
    «Na ja, nichts. Ich habe nichts zu ihm gesagt. Ich habe gleich zugetreten.»

[zur Inhaltsübersicht]
19. Paul
    Sonntagnachmittag
    Ich fasse mal zusammen: Ich habe ein blaues Auge, eine angebrochene Nase, ein pfannkuchengroßes Hämatom in der Leistengegend und einen Vater, der mich vermutlich bereits enterbt und verstoßen hat. Manch einer würde sagen: Es gibt Schlimmeres. Mir aber reicht es.
    Erst prügelt Nellas Exfreund auf mich ein, dann eröffnet Bernd Morgenroth mir, dass seine Frau sich bei meinem Vater ausgeheult hat, und um das Ganze abzurunden, kickt Nella mir in die Kronjuwelen. Die hat sich vielleicht aufgeregt heute Morgen! Nur gut, dass sie so schlecht zielen kann. Kann man ein übleres Wochenende erleben? Wohl kaum. Allerdings dürfte dieses Szenario ein Kinderspiel gewesen sein im Vergleich zu dem Donnerwetter, das mein Vater am Mittwoch über mir entladen wird.
    Offenbar weiß er jetzt nicht nur, dass ich mit seiner Arzthelferin geschlafen habe, sondern auch noch, was ich hier in Genf mache. Schöner Mist. Jetzt muss ich den Job bei Professor Schümli bekommen, koste es, was es wolle. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Mein alter Herr wird es mir niemals verzeihen, ihn nicht in meine Pläne eingeweiht zu haben. Und das Argument, dass er diese Pläne entweder durchkreuzt oder mir ausgeredet hätte, wird er nicht gelten lassen.
    Im Grunde genommen stünden meine Chancen auf den Job in der Schweiz ja auch gar nicht so schlecht, wäre Nella nicht abgehauen. Ohne ein Wort zu sagen – ganz entgegen ihrem Naturell –, ist sie einfach gegangen. Gut, da war noch dieser Fußtritt, und ich werde mit Sicherheit heute Abend ein Dankesgebet sprechen, dass sie mich nicht kastriert hat. Aber weg ist weg. Unfassbar. Typisch Frau, lässt einem nicht mal Zeit, um sich zu rechtfertigen. Allerdings – wofür auch? Bis vor 24 Stunden hatte ich eine stinknormale, korrekt verlaufende Affäre, die, wie ich seit neuestem weiß, sogar die Zustimmung des Betrogenen fand. Erst dann kam Nella ins Spiel. Ich habe mich ihr gegenüber formvollendet und wie ein Gentleman verhalten, was mir, in vielerlei Hinsicht, nicht immer ganz leichtgefallen ist. Sogar in der letzten Nacht hatte ich nicht vor, mich von ihr verführen zu lassen. In Bezug auf das Geschehene trifft mich somit höchstens eine verschwindend kleine und daher kaum erwähnenswerte Teilschuld.
Ich
war es nämlich nicht, der andauernd neue Getränke aus der Minibar angeschleppt hat.
Ich
war es auch nicht, der sich ständig seine langen Haare von einer Schulter auf die andere geworfen und dabei den Duft eines überreifen thailändischen Zimtapfels verströmt hat, der nur darauf wartet, gepflückt zu werden.
Ich
hatte auch kein halbdurchsichtiges Kleid an, das – obschon es aus zwei Teilen besteht – nicht mehr als der Sportteil des
Hamburger Abendblatts
auf die Waage bringt. Und
ich
habe mich auch ganz sicher nicht an die Stehlampe gestellt, als sei ich beim Pole-Dancing und dabei mit übererotischem Augenaufschlag und nicht minder erotischer Stimme gesagt: «Ich habe kein therapiebedürftiges Sexualleben», und damit eigentlich gemeint: «Mit mir kannst du im Bett so richtig Spaß haben.» Nein, das war ich nicht.
    Ich meine, was hat sie denn gedacht, wie ich auf Bernd Morgenroths Angebot reagiere? Hat sie wirklich geglaubt, dass ich sage: «Moment mal, Herr Morgenroth, ich hatte gerade eine heiße Nacht mit meiner Patientin und überlege noch, ob daraus möglicherweise etwas Ernstes wird»? Etwas, für das ich meine Karriere sausen lasse? Das es wert ist, lebenslänglich in Hamburg bei meinem Vater und dem alten Bruno zu versauern?
    Aber das ist ja inzwischen auch keine Option mehr.
    Selbst wenn ich nur den Anflug einer solchen Idee gehabt hätte – so spontan wäre sie mir definitiv nicht über die Lippen gekommen. Nicht mal jetzt, nachdem ich Zeit hatte, darüber nachzudenken, käme mir so etwas in den Sinn. Keine Ahnung, warum ich mir überhaupt Gedanken um Nella mache. Ein Reflex vermutlich, schließlich wurden wir Männer darauf trainiert, es Frauen recht zu machen. Nicht gerade ein Kinderspiel, denn sind sie erst einmal beleidigt, kann man sie nur mit einer Wagenladung Romantik und/oder

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