Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman

Titel: Die Nächste, bitte • Ein Arzt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
Vom Netzwerk:
möchte ungern weiter darüber sprechen. Das verstehen Sie als vertrauenerweckender Arzt doch sicher.»
    Dem war eigentlich nichts hinzuzufügen. Eigentlich. Dummerweise habe ich dann aber nicht einfach meine Klappe gehalten, sondern noch die Vorlage für eine anschließende Diskussion geliefert. «Nellas Familie, äh 

sie lebt in 

äh 

Spanien. Und dort fliegt Nella jetzt hin.»
    Jetzt wird auch Professor Schümli hellhörig. «In Spanien?», fragt er und blickt überrascht von seinen Bauplänen hoch. «Das ist ja interessant. Iccch daccchte, ihre Familie lebt in Berccchtesgaden.»
    Ach ja 

die Berchtesgaden-Geschichte. Die hatte ich leider ganz vergessen. Warum muss sich der Kerl so was merken? Ich meine, um sich meinen Nachnamen einzuprägen, hat er immerhin bis gestern Mittag gebraucht. Aber diese
Gala
-ähnliche Klatschblattinformation, die speichert er innerhalb eines halben Tages ab. Das ist doch krank!
    Wie zum Henker bin ich denn gestern eigentlich ausgerechnet auf Berchtesgaden gekommen? So ganz normal scheint mir das ja nicht.
    «Ach,
die
Familie meinen Sie», sage ich mit vermutlich schlechtgespielter Überraschung in der Stimme, «die in Berchtesgaden.»
    «Ganz genau», entgegnet Schümli und sieht mich dabei irgendwie mitleidig an, «von der haben wir doccch gestern noccch gesproccchen.»
    Ja, das haben wir wohl. Ist aber jetzt auch kein Grund, mich wie einen Bekloppten anzustarren. Oder ahnt er vielleicht etwas von dem Theater, dass ich ihm seit zwei Tagen vorspiele? Inzwischen sind ja so viele Personen an diesem Komplott beteiligt, eventuell habe ich da etwas den Überblick verloren. Aber nein, das ist Quatsch. Professor Schümli würde mich zur Rede stellen und nicht seine Zeit dadurch vertrödeln, meine bescheidenen Schauspielkünste zu begutachten.
    «Also wissen Sie», starte ich noch einmal den verzweifelten Versuch, Licht in Nellas Verwandtschaftsverhältnisse zu bringen, «Nella hat eine große Familie. Eine sehr große. Die leben sozusagen überall auf der Welt. Auch in Berchtesgaden.» Ich mache eine Pause, um zu überlegen, wie die Geschichte weitergehen könnte. «Äh… dort leben ihre Lieblingsverwandten. Unter anderem ihr Bruder.»
    Professor Schümli, der sich längst wieder in seine Baupläne vertieft hat, zeigt keine Reaktion. Nur Kollege Hartmann fixiert mich angestrengt durch seine Brillengläser. «Verstehe», sagt er, was ich in diesem Zusammenhang bezweifeln möchte. «Ist das derselbe Bruder, der hier zurzeit in Genf sein Unwesen treibt?»
    Also, ich finde: Jetzt reicht es wirklich. Es geht hier doch schließlich nicht um Nelson Mandela oder Che Guevara, sondern nur um Nella Johannsen. Was soll also dieses penible Zusammentragen ihrer Familienchronik? Der Streberidiot glaubt doch nicht wirklich, er könnte mich wegen ein paar Unstimmigkeiten in Nellas Lebenslauf ausbooten? Lächerlich.
    So sieht es offenbar auch Professor Schümli, denn er mischt sich jetzt ungeduldig ein. «Falls die Herren mit dem Familienstammbaum der jungen Dame fertig sind: Iccch würde gern wissen, wie Sie die Aufteilung der Räumliccchkeiten beurteilen. Also, der operative Bereiccch in der obersten Etage liegt ein wenig abgelegen vom Rest der Praxis, ähnliccch wie in Cologny. So haben die Patienten mehr Ruhe, und die, die nur mal eine schnelle Injektion wollen, werden nicccht mit umherirrenden Mumien konfrontiert.» Er hebt fragend die Augenbrauen.
    Ehe der Streber das Wort ergreifen kann, presche ich vor: «Gute Idee», lobe ich den Chef in spe und lasse dem Hartmann erst gar keine Gelegenheit, sich einzumischen. «Und die andere Etage teilt sich dann in Praxis und kosmetischen Bereich?» Wie ein preisgekrönter Stararchitekt fahre ich mit dem Finger über den zweiten Bogen Papier. Dabei hätte ich mir die Antwort eigentlich auch selbst geben können, schließlich redet der Professor seit Tagen von nichts anderem. Inzwischen kenne ich die Baupläne besser als meine Cholesterinwerte. Dennoch ist mir jede Ablenkung, die das Gespräch von Nella auf etwas Unverfänglicheres lenkt, willkommen. Und so bin auch nur ein kleines bisschen sauer, als der Hartmann damit beginnt, sich ein Büro auszuwählen.
    «Ich würde mich gern in diesem Areal hier niederlassen.» Er tippt auf
meinen
kosmetischen Fachbereich. Nein, das stimmt nicht ganz. Er umkreist mit seinem Wurstfinger die komplette zweite Etage. Also auch meinen
Praxis
bereich.
    «Bei dieser wunderbaren Aussicht macht das Arbeiten sicher

Weitere Kostenlose Bücher