Die Naechte der Venus
wie sie. Er lümmelte auf einem bequemen Stuhl mit hoher Lehne. Zu seiner Rechten saß sein Berater Fabrizius Veiento, und zu den Füßen der Männer hockten zwei Schreiber. Veiento diktierte ihnen mit leiser Stimme. Auf das Geschehen in der Arena achtete niemand. Vorne an der Brüstung standen zwei Prätorianer, hinter einem lag Brutus und schlief leise schnarchend. Neben dem Ausgang aus der Loge standen weitere Wachen und ein Dutzend Sklaven, damit es dem Imperator und seinen Gästen an nichts fehlte. Es waren die Spiele zu Ehren des Gottes Mars am 12. Mai.
Caelia beneidete Brutus um seine Unschuld, die ihn unbekümmert schlafen ließ. Sie hatte in der letzten Nacht kein Auge zugetan und eigentlich schon in den Nächten davor nicht mehr, seit sie erfahren hatte, dass Widar am Nachmittag auftreten sollte. Hortensius hatte die Nachricht aus der Stadt mitgebracht. Sein Gegner war der beste Gladiator einer Schule aus Capua. Ein würdiger Gegner für ihn, war die allgemeine Meinung in Rom. Ihr wäre ein schwacher Gegner lieber gewesen und am liebsten wäre ihr natürlich, er würde gar nicht auftreten. Er konnte kaum wieder genesen sein von den Folgen seiner Bestrafung. Sie fühlte ein Flattern im Magen, die Hände konnte sie nur stillhalten, wenn sie die eine mit der anderen umfasste. Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn und das nicht nur, weil es so heiß war.
»Trink etwas«, riet Domitian ihr und wollte sich wieder Veiento zuwenden.
»Ich bin nicht durstig.« Sie würde keinen Schluck trinken können.
Trotzdem gab Domitian einem Sklaven einen Wink, der ihr einen Becher kühles Honigwasser brachte. Caelia drückte ihn an ihre Wangen, um ihr erhitztes Gesicht zu kühlen.
Der verurteilte Verbrecher hatte offenbar sein Leben gelassen, denn von draußen drang Jubel in die Loge und das Knallen der Peitschen, mit denen die Wärter den Löwen in seinen Käfig zurücktrieben.
Das Honigwasser rann angenehm kühl durch ihre Kehle. Hastig trank sie den Becher leer. Danach ließ sie sich eine Aprikose geben, mehr, um etwas in den Händen zu halten, als um sie zu essen und schaute auf Domitians breiten Rücken. Sie sah aber nicht ihn, sondern Widar. Wo in den Katakomben des Colosseums mochte er sein? Dachte er auch an sie? Was fühlte ein Gladiator in den Stunden und Minuten vor einem Kampf? Wenn er seine Rüstung anlegte und die Aufseher kamen, um ihn in die Arena zu treiben?
»Beschütze ihn Minerva und auch du Mars und du, gütige Juno«, murmelte sie und ließ die Aprikose fallen.
Offenbar hatte Brutus nicht so fest geschlafen, wie sie gedacht hatte, denn er kam mit einem Sprung heran und schnappte die Frucht.
»Ihr Götter, an die Widar glaubt, wie immer ihr heißt, beschützt ihn auch.«
Warum hatte sie nie nach seinen Göttern gefragt?
»Hast du was gesagt, Kleine?«
Domitian drehte sich zu ihr um.
Sie brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass dort der Imperator saß und nicht Widar.
»Mir ist heiß.« Ihr fiel nichts anderes ein.
Ein nubischer Knabe mit einem Fächer aus Straußenfedern trat hinter sie und begann ihr Luft zuzufächeln. Ein zweiter trat hinter den Imperator. Die Fächer wirbelten die schwüle Luft in der Loge durcheinander, eine Abkühlung brachten sie nicht.
»Schluss für heute mit der Arbeit«, bestimmte der Domitian.
Sofort verließen die Schreiber mit ihren Wachstafeln die Loge. In der Arena kündigten Ausrufer das erste Gladiatorenpaar an. Es waren junge, unbekannte Gladiatoren, kaum einer achtete auf sie. Domitian ließ sich von einem Sklaven in Weinblätter eingewickelte und in scharfe Sauce getauchte Nieren in den Mund schieben. Ein anderer mischte Wein mit Wasser und reichte ihm einen Pokal.
»Ein Tag in der Arena hat was Entspannendes.« Er rekelte sich auf seinem Stuhl, blasse Beine schauten unter seiner Seidentoga heraus. Eine Hand legte er ihr auf die Schulter. »Komm ein bisschen näher zu mir, meine Liebe.«
Sie rückte ihren Schemel nah an seinen Stuhl heran und lehnte sich an seine Knie. Dadurch gewann sie einen besseren Überblick über die Arena. Die beiden Gladiatoren standen unterhalb der Loge.
»Morituri te salutant«, grüßten sie hinauf.
Domitian nahm den Gruß mit trägem Wedeln seiner rechten Hand entgegen und gab damit gleichzeitig das Signal für den Beginn des Kampfes. Hier und da brandeten Beifallsrufe auf, als die Gladiatoren sich in der Mitte der Arena aufstellten.
Er legte seinen Arm um Caelia und ließ seine Hand zu ihrer Brust
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