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Die Naechte der Venus

Die Naechte der Venus

Titel: Die Naechte der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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das triclinium, gefolgt vom Verwalter ihres Haushaltes und etwa einem Dutzend Sklaven. Caelia machte sich auf ihrer cline klein, wäre am liebsten ganz verschwunden. Sie war Domitia Longina nur wenige Male begegnet, aber an jedes dieser Treffen hatte sie unangenehme Erinnerungen.
    Hoch erhobenen Hauptes, ohne den Blick einmal zur Seite zu wenden oder jemanden zu grüßen, schritt Domitia Longina auf ihren Ehemann zu. Sie trug eine bodenlange Tunika aus blassroter Seide mit Goldstickereien und war dermaßen mit Schmuck behängt, dass von ihren Armen und ihrem Hals kaum etwas zu sehen war. Das Haar trug sie zu einer hohen Lockenfrisur aufgetürmt. Caelia fragte sich neidlos, welche Zofe das Kunstwerk zustande gebracht hatte.
    Neben Domitians Liege blieb sie stehen. Noch immer hatte sie niemanden eines Blickes gewürdigt – auch nicht ihren Ehemann.
    »Meine liebste Gattin.« Er nahm ihre Hand, zog sie an die Lippen, »du kennst alle meine Gäste?«
    Kaum merklich nickte Domitia Longina.
    Sie ließ sich auf der cline zur Rechten des Kaisers nieder. Zwei Sklaven ordneten die Falten ihres Gewandes. Die verstummten Gespräche setzten nicht wieder ein, die Augusta trug eine Miene zur Schau, die deutlich machte, dass von ihr kein Beitrag zur Unterhaltung zu erwarten war.
    Caelia fragte sich, welche Drohungen Domitian ausgesprochen hatte, um sie zum Kommen zu bewegen. Beide vermieden ein Zusammentreffen, wo sie nur konnten, seit der Imperator hinter ihre Affäre mit einem Schauspieler gekommen war. Der Schauspieler hatte das nicht überlebt, Domitia Longina wurde zunächst verbannt, dann aber zurückgeholt. Das war Jahre her – dennoch war die Ehe der beiden kaum noch eine solche zu nennen.
    Ein Heer von Sklaven, beladen mit Schüsseln und Platten, strömte ins triclinium. Köstlichkeiten aus allen Ecken des Imperiums waren zu wahren Kunstwerken angerichtet. Caelia erblickte Gebirgszüge aus Fleisch, Paläste und Tempel aus Gemüse und Flusslandschaften aus Pasteten. Die köstlich aufsteigenden Gerüche ließen ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen, obwohl sie eben noch gedacht hatte, in Gegenwart der Augusta keinen Bissen herunterzubringen.
    Sklaven reichten den Teilnehmern Schüsseln mit parfümiertem Wasser und angewärmte Tücher. Caelia wusch sich die Hände und beobachtete dabei Domitian Longina, die nur die Fingerspitzen eintauchte, denn sie achtete sorgfältig darauf, dass ihre vielen Ringe nicht nass wurden. Domitian griff – statt nach dem Handtuch – nach den Haaren des ihn bedienenden Sklavens und trocknete sich die Hände daran ab.
    »Da uns niemand mit einem Vortrag erfreuen will, werden wir uns über den Wert der Freundschaft und den der Treue unterhalten«, bestimmte er, als er sich die Vorspeisen vorlegen ließ. Von jedem vorgelegten Gericht kostete zunächst ein älterer, hagerer Sklave und erst wenn dieser nickte, aß Domitian davon.
    Caelia ahnte, dass er mit dem Gastmahl einen bestimmten Zweck verfolgte. Sie winkte ihren für die Vorspeisen zuständigen Sklaven beiseite, als er ihr in Kohlblätter eingewickeltes scharf gewürztes Lammfleisch vorlegen wollte. Sie hielt sich lieber an Salat, eingelegtes Gemüse und ein kleines Brot mit Honigkruste.
    »Wie stehst du zur Treue, Veiento?«
    Domitian schob sich ein Eischiffchen, belegt mit geräuchertem Fisch, in den Mund.
    »Treue ist das höchste Gut, das ein Mann einem anderen entgegenbringen kann«, antwortete der Berater ohne zu zögern.
    »Und du, Nerva?«
    »Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen.« Nerva zögerte, bevor er fortfuhr: »Die Treue muss allerdings auf beiden Seiten bestehen, Dominus et Deus, und sie darf niemanden davon abhalten, dem anderen seine Fehler zu nennen.«
    »Und was ist mit der Treue einer Frau?«, rief Glabrio dazwischen.
    Oho, allgemeines Gelächter antwortete ihm.
    »Die Treue einer Frau ist ein äußerst kostbares Gut«, antwortete Martial mit Blick auf den Tisch des Imperators. »Du wirst es nicht bei einer unter tausend finden.«
    Caelia meinte, dass die Augen des Dichters bis in ihr tiefstes Inneres schauen würden. Sie war treu, überzeugte sie sich selbst in Gedanken. Sie liebte zwei Männer – und diesen beiden war sie treu.
    »Wer denkt noch so?«
    Domitian beugte sich zu ihr herüber und flüsterte ihr ins Ohr. »Höre gut zu, Geliebte, merke dir jedes Wort und jede Geste, mit denen sich die Verschwörer gegen mich entlarven.«
    Das war also der Zweck des Gastmahls und dieses verfänglichen

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