Die Naechte der Venus
liebkosen.
***
Caelia dachte sich immer neue Überraschungen für Widars Unterhaltung aus, und wenn sie sein Vergnügen sah, war ihres doppelt so groß. Sie unternahmen eine Bootsfahrt auf dem spiegelglatten Golf, picknickten in einer Felsgrotte, halbe Tage verbrachten sie auch einfach mit süßem Nichtstun in einem Pavillon in ihrem Garten. Widar gelang es, mit bloßen Händen aus einem der Teiche, die noch ihr Mann angelegt hatte, einen großen Karpfen zu fischen. Der Fisch kam abends auf den Tisch, und noch nie schmeckte ihr etwas so gut. Aufs Angenehmste verging so ein Tag nach dem anderen, aber sie fand doch Zeit, sich täglich mit Widar ein bis zwei Stunden hinzusetzen, um sein Latein zu verbessern.
Er war ein gelehriger Schüler. Sie musste ihm nie etwas mehr als einmal erklären. Gerade beschäftigten sie sich mit der Steigerung von Adjektiven, als Hortensius den Pavillon betrat. Caelia schaute von der Schriftrolle auf, in der sie gerade nach Beispielen gesucht hatte.
»Was gibt es?« Ihre Stimme klang ungehaltener über die Störung, als sie es beabsichtigt hatte, und sie versuchte, es mit einem Lächeln abzumildern.
»Verzeih, domina. Ein Bote aus Rom ist gekommen. Er wartet im Atrium.«
Aus Rom! Das konnte nur eines bedeuten. Sie erhob sich langsam, warf Widar einen schnellen Blick zu und versuchte zu ergründen, wie er die Nachricht aufnahm. Er schaute mit gerunzelter Stirn auf die Schriftrolle, obwohl er nichts lesen konnte.
»Ich komme.«
Auf dem Weg durch den Park und das Haus fragte sie Hortensius: »Kommt der Bote von ihm?«
»Ita est domina.«
»Und?«
»Etwa eine halbe Centurie Prätorianer, alle beritten. Dein Verwalter – na ja, sein erster Stellvertreter«, gerade noch rechtzeitig fiel Hortensius ein, dass der Verwalter ja Widar war und der frühere Verwalter sein Stellvertreter, »hat die Männer erst einmal in den Sklavenquartieren untergebracht.«
Beinahe fünfzig zusätzliche Personen angemessen unterzubringen brachte ihre auf Zweisamkeit eingerichtete Villa an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Als Caelia das Haus betrat, bemerkte sie die Veränderung sofort. Alle Sklavinnen schienen damit beschäftigt zu sein, Erfrischungen zu den Prätorianern zu bringen, denn mehrere eilten mit schwer beladenen Tabletts an ihr vorbei.
Der Bote war ein junger Mann. Seine schwarzen Locken trug er länger als es üblich war. Einige Strähnen fielen ihm in die Stirn und gaben ihm das Aussehen, gerade einen verwegenen Ritt hinter sich zu haben. Junge Mädchen wie Julia und Drusilla müssten bei seinem Anblick dahinschmelzen. Der Eindruck verstärkte sich noch, als er sie bei ihrem Eintritt anlächelte. Er zeigte zwei Reihen weißer ebenmäßiger Zähne. Sie konnte nicht anders und lächelte zurück.
»Ich grüße dich, domina.« Er streckte die Rechte in die Luft als Nachahmung des Prätorianergrußes und grinste dabei über sich selbst. »Ich komme im Auftrag unseres Dominus et Deus.«
»Hast du ihn gesehen? Wie geht es ihm?«
Caelia war der Ansicht, harmlose Plauderei betreiben zu müssen, um auf diese Weise das Unvermeidliche der Nachricht hinauszuzögern.
»Nur von Weitem. Er hat nicht mit mir gesprochen, aber ich habe ... habe ...«, er fummelte an der Schnalle einer ledernen Tasche an seiner Seite, »... das für dich.«
Nachdem er die Schnalle endlich aufbekommen hatte, gab er ihr zwei zusammengebundene und versiegelte Wachstäfelchen.
Sie erkannte Domitians Siegel. Es war unbeschädigt.
»Gratias – ich danke dir. Sollst du auf eine Antwort warten?«
Der Bursche nickte.
»Sorg dafür, dass er es bequem hat und ihm Erfrischungen gebracht werden«, wies sie Hortensius an und eilte zurück zu Widar.
Er saß noch genauso da, wie sie ihn verlassen hatte und schaute auch bei ihrem Eintritt nicht auf. Sie war nervös, beinahe ließ sie das Wachstäfelchen fallen, als sie das Siegel erbrach. Endlich schaute er sie an.
Die Nachricht war in Domitians eigener Handschrift verfasst. Es stand das Übliche drin – sie müsse sofort zu ihm nach Rom kommen. Obwohl sich die Worte kaum von denen vorangegangener Botschaften unterschieden, atmeten diese etwas Drängendes aus. Etwas, dass ... Sie hatte Domitians letzte Worte im Ohr über eine Verschwörung und welche Senatoren daran beteiligt sein sollten. Hatte er etwas herausgefunden?
Sie schaute in Widars angespanntes Gesicht und fühlte sich innerlich zerrissen. Ein Teil sorgte sich um Domitian und wollte zu ihm eilen, der andere bei Widar
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