Die Namen der Toten
untersucht und in ein übergeordnetes Hauptquartier gebracht worden. An diesem Abend druckte der Roswell Daily Record eine Sonderausgabe und eröffnete damit das Medienspektakel.
Seltsamerweise rief eine Stunde nach Blanchards offizieller Verlautbarung General Ramey bei der United Press an und erzählte eine ganz andere Geschichte. Demnach handelte es sich gar nicht um ein unidentifiziertes Flugobjekt. Es sei ein gewöhnlicher Wetterballon mit einem Radarschirm gewesen, nichts, was die ganze Aufregung wert sei. Ob die Presse Bilder von den Trümmern fotografieren dürfe, wurde er gefragt. Nun, erwiderte er, Washington habe die ganze Sache für vertraulich erklärt, aber er wolle sehen, was er tun könne. Kurz darauf lud er ein paar Pressefotografen in sein Büro in Texas ein und ließ sie Bilder von der Hülle eines Wetterballons schießen, die auf seinem Teppich ausgebreitet war. »Hier ist es, meine Herren. Das ist der Auslöser des ganzen Rummels.«
Innerhalb einer Woche interessierte die Geschichte niemanden mehr. In Roswell jedoch gab es weiterhin Gerüchte über sonderbare Vorkommnisse in den frühen Morgenstunden an den Tagen nach dem Absturz: Die Army sei bereits an der Absturzstelle gewesen, bevor Brazel dort eintraf. Man habe eine fliegende Untertasse gefunden, die weitestgehend intakt gewesen sei. Fünf kleine, nichtmenschliche Leichen seien an diesem Morgen in aller Frühe geborgen worden. Auf dem Stützpunkt habe man Autopsien vorgenommen. Eine Krankenschwester von der Army war dabei gewesen, hatte später mit einem befreundeten Leichenbestatter in Roswell geredet und auf eine Serviette Bilder von spindeldürren Wesen mit langen Köpfen und riesigen Augen gezeichnet. Die Army nahm Mack Brazel eine Zeitlang in Gewahrsam, und hinterher stellte man fest, dass er bei weitem nicht mehr so gesprächig war wie zuvor. In den darauffolgenden Tagen änderten praktisch alle, die etwas von dem Absturz und der Bergung gesehen haben wollten, ihre Geschichten ab, verstummten völlig oder wurden aus Roswell fortgeschafft. Von manchen hörte man nie wieder etwas.
Truman nahm den Anruf seines Sekretärs entgegen. »Mr. President, der Marineminister ist hier und möchte Sie sprechen.«
»In Ordnung, schicken Sie ihn rein.«
Forrestal, ein eleganter Mann, an dem vor allem die großen Ohren auffielen, saß kerzengerade vor Truman und sah aus wie ein Banker in Nadelstreifen, was er früher auch gewesen war.
»Jim, ich würde in Sachen Vectis gern auf den neuesten Stand gebracht werden«, begann Truman ohne jede Vorrede.
Forrestal, einem Mann, der so wenig Worte wie möglich machte, war das nur recht. »Ich würde sagen, alles läuft nach Plan, Mr. President.«
»Die Lage unten in Roswell – wie sieht’s damit aus?«
»Wir sorgen dafür, dass die Sache auch weiterhin genau das angemessene Maß an Aufsehen erregt, denke ich.«
Truman nickte nachdrücklich. »Diesen Eindruck hatte ich anhand der Zeitungsausschnitte auch. Sagen Sie, wie steht die Army dazu, dass sie ihre Marschbefehle vom Marineminister bekommt?« Truman gluckste in sich hinein.
»Begeistert sind sie nicht, Mr. President.«
»Nein, ganz bestimmt nicht! Aber ich habe mich an den richtigen Mann gewandt – an Sie. Die Sache liegt jetzt in den Händen der Navy, also müssen sich die Leute dran gewöhnen. Und jetzt erzählen Sie von diesem Ort in Nevada. Wie kommen wir da drüben klar?«
»Groom Lake. Ich habe mir den Standort letzte Woche angesehen. Ist nicht angenehm dort. Der sogenannte See ist seit Jahrhunderten ausgetrocknet, würde ich meinen. Er ist ziemlich abgelegen – er grenzt an unser Testgelände bei Yucca Flats. Mit Besuchern werden wir keine Schwierigkeiten bekommen, aber selbst wenn jemand absichtlich dort hinwill, lässt sich das leicht verhindern, weil der See rundum von Hügeln und Bergen umgeben ist. Das Ingenieurkorps kommt bestens voran. Sie liegen weitestgehend im Zeitplan. Eine ordentliche Rollbahn wurde angelegt, es gibt auch schon Hangars und ein paar primitive Unterkünfte.«
Truman verschränkte die Hände im Nacken und entspannte sich angesichts der guten Nachrichten. »Bestens, fahren Sie fort.«
»Die Aushubarbeiten für die unterirdischen Anlagen sind abgeschlossen. Der Betonguss ist fertig, und demnächst werden Lüftung und Stromleitungen in Angriff genommen. Ich gehe davon aus, dass die Anlage zum geplanten Zeitpunkt betriebsbereit ist.«
Truman wirkte zufrieden. Sein Mann wurde der Aufgabe gerecht. »Wie
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