Die namenlose Schoene
war mit ihrer gestohlenen Kreditkarte bezahlt worden. Die Kreditkartenfirma und Tucker gingen der Spur nach. Emma hatte auch ihren Computer aus Cedarton in Tuckers Haus gebracht, und er hatte ihn in seinem Arbeitszimmer aufgestellt. Emma brauchte dringend Geld.
„Wegen eines Honorars musst du mit Sandra sprechen”, meinte Tucker. „Willst du den Pick-up fahren?”
Sie schloss den grünen gefütterten Parka, den sie von der Farm geholt hatte, und griff nach dem Geschenk. „Meinst du das ernst?”
„Sicher. Er steht nur in der Garage herum. Dann bist du schon an ihn gewöhnt, wenn du Besorgungen machen musst.”
„Sehr gern, aber ich sollte mir einen neuen Wagen kaufen.”
„Dafür ist später immer noch Zeit”, sagte er.
Tuckers Pick-up war leicht zu handhaben. Tucker sagte Emma, wie sie zu Ben und Gwen fahren musste. Als sie die Zufahrt zur Ranch erreichten, war es schon dunkel.
„Während du mit den Kindern gespielt hast”, sagte Tucker, „habe ich Jackson Caldwell das Foto deiner Schwester gezeigt und ihn gefragt, ob er sie kennt.”
Jackson. Jack. Der Name in dem Streichholzbriefchen. „Und? Kennt er sie?”
„Er bestreitet es, und der Vater der Zwillinge kann er ohnedies nicht sein. Er kam erst vor sechs Monaten nach Storkville zurück, als sein Vater starb.”
„Wir könnten mit dem Telefonbuch jeden Jack in der Stadt überprüfen.”
„Das mache ich auch notfalls”, bestätigte Tucker. „Das Problem ist nur, dass der Mann nicht unbedingt weiß, wo Josie jetzt ist.”
„Nein, und wenn wir ihn finden, ve rlangt er vielleicht die Kinder.
Vielleicht hat Josie ihm nicht einmal etwas von ihnen gesagt.”
„Du machst dich mit solchen Überlegungen noch verrückt, Emma.
Glaube mir. Am Freitag übergibt dir der Richter hoffentlich die Kinder.
Danach sehen wir weiter.”
Emma stellte den Pick-up vor dem einstöckigen Ranchhaus ab und ging mit Tucker zur Haustür. Sie fröstelte unter dem Wind, der über die Veranda blies. In diesem Jahr wurde es frühzeitig kalt.
Gwen wirkte müde, als sie die Tür öffnete, lächelte aber trotzdem.
„Hallo ihr beiden! Ich habe gehört, Sie haben gestern Ihr Gedächtnis wieder gefunden. Das freut mich. Wie geht es Ihnen?”
„Sehr gut. Tut mir Leid, dass ich die Party versäumt habe.” Sie überreichte Gwen das Geschenk. „Das ist für Ihr Baby.”
„Kommt herein”, forderte Gwen die Besucher auf. „Hier sieht es noch schlimm aus. Ben ist mit Nathan in die Schule gefahren. Nathan bekam ein Lob für seine Naturkundearbeit. Wir sind sehr stolz auf ihn.”
Im Wohnzimmer waren noch Kartons gestapelt.
„Ich weiß nicht, wann ich die auspacken soll.” Gwen fasste sich ins Kreuz. „Da das Kind jederzeit kommen kann, bleibt die Unordnung wohl noch eine Weile bestehen.” Sie zuckte plötzlich zusammen.
„Alles in Ordnung?” fragte Emma.
„Aber sicher. Nur ein Stich im Rücken. Zu viel Arbeit.” Sie betrachtete das Päckchen. „Ich liebe es, Geschenke zu öffnen. Zuerst bekommt ihr aber etwas zu trinken. Tucker, eine Tasse Kaffee?”
„Sehr gern”, erwiderte er lächelnd.
Doch als Gwen zur Küche gehen wollte, blieb sie stehen, ließ das Geschenk fa llen, hielt sich am Türrahmen fest und stöhnte laut auf.
Emma eilte sofort zu ihr. „Was ist denn?”
„Die Fruchtblase ist geplatzt!” stieß Gwen hervor. „Das … Kind kommt.”
Tucker fing sie auf, als sie sich krümmte. „Wir müssen Sie ins Krankenhaus bringen.”
„Ich verlasse das Haus nicht, solange Ben nicht hier ist.”
„Gwen”, wandte Emma ein. „Wir wissen doch nicht, wie viel Zeit Ihnen noch bleibt.”
Gwen winkte ab und atmete heftig, bis die Wehe abklang. „Ben und ich … machen das … zusammen. Ich rühre mich ohne ihn nicht von der Stelle.”
Tucker und Emma wechselten einen Blick.
„Dann bringe ich Sie wenigstens zum Sofa.” Tucker legte Gwen den Arm um die Schultern und stützte sie.
Sie lächelte dankbar. „Das ist eine gute Idee.”
„Ich rufe in der Schule an”, sagt e Emma.
„Ich mache das”, wehrte Tucker ab. „Bleib bei Gwen.”
Im selben Moment wurde Gwen von der nächsten Wehe erfasst. Emma kniete sich neben sie. „Gwen, lassen Sie sich von uns ins Krankenhaus bringen. Das war nur ein Abstand von zwei Minuten.”
„Ben kommt gleich zurück, das weiß ich. Ohne ihn gehe ich nicht von hier weg.”
„Starrsinnig”, murmelte Tucker. „Sind Sie auf eine Hausgeburt vorbereitet, falls er nicht rechtzeitig
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