Die namenlose Schoene
Ständig dachte er daran, wie er Emma gestern beim Scheiterhaufen geküsst hatte. Und er hörte noch Sammys begeisterte Rufe nach den ersten Schritten.
Trotzdem verglich er Gertie Andersens Aussage nach dem Überfall auf Emma mit den Angaben der Lehrerin der High School. Das letzte Opfer hatte gesehen, dass unter dem Nylonstrumpf ein kurzer Pferdeschwanz hervorragte. Und Gertie hatte die Gürtelschnalle des Räubers beschrieben. Sie stellte einen silbernen Hirschkopf dar.
Tucker lehnte sich zurück. So eine Schnalle hatte er vor kur zem gesehen, wusste aber nicht mehr, wo das gewesen war.
Plötzlich erinnerte er sich. Pferdeschwanz und Gürtelschnalle. Das reichte. Mit etwas Glück saß Emmas Räuber noch vor Sonnenuntergang hinter Gittern.
Nachdem Emma die Zwillinge zu Bett gebracht hatte, ging sie nach unten und blieb vor dem Telefon im Wohnzimmer stehen. Sie machte sich Sorgen. Tucker war nicht zum Essen gekommen und hatte sich auch nicht gemeldet. Ob sie im Büro anrufen sollte?
Sie ging in die Küche und öffnete die Schublade mit dem Te lefonbuch, als sie einen Wagen in der Einfahrt hörte, doch das Garagentor öffnete sich nicht. Vom Wohnzimmer aus sah sie Tucker mit Barry Sanchek zum Haus kommen. Tucker trug den Arm in einer Schlinge!
Emma stand schon da, als sich die Tür öffnete.
Tucker war blass. Barry hielt eine Tüte aus dem Drugstore in der Hand und wirkte besorgt.
„Was ist passiert?” fragte Emma.
„Wir haben deinen Räuber geschnappt”, sagte Tucker leise und setzte sich im Wohnzimmer sehr vorsichtig in einen Sessel.
Sie wandte sich an Barry.
„Der Sheriff erinnerte sich daran, dass der Mann, den wir letzte Woche vom Red Ball heimbrachten, eine Gürtelschnalle hatte, wie Gertie Anderson sie beschrieben hatte. Und einen Pferdeschwanz, den das zweite Opfer erwähnte. Der Richter stellte einen Haftbefehl aus. Im Haus des Mannes fanden wir Ihr Notizbuch und das Portemonnaie des zweiten Opfers. Er war nicht da. Seine Frau sagte, er wäre wieder im Red Ball.
Tucker fuhr hin, während wir das Haus durchsuchten.”
„Tucker war allein?”
„Er ist der Sheriff, Miss Douglas, und kann machen, was er will. Der Verdächtige hat sich gewehrt, und Tucker musste ihn überwältigen, aber der Mann hat ihn mit einem Stuhl an der Schulter getroffen.”
Sie kniete sich neben den Sessel. „Wie geht es dir?”
„Reg dich nicht auf, Emma. Morgen ist alles wieder in Ordnung.”
Emma wandte sich an Barry. „Stimmt das?”
„Der Arzt im Krankenhaus meinte, dass er einige Tage Schmerzen haben wird. Und er soll nicht Auto fahren.”
„Und ob ich fahren werde”, murmelte Tucker.
Barry hielt die Tüte hoch. „Der Arzt hat nichts dagegen, wenn er keine Tabletten nimmt und stumm leiden will. Er soll aber dieses Zeug hier nehmen. Es hilft gegen die Schwellung und die Entzündung.”
„Ich kümmere mich darum”, versicherte Emma.
Tucker warf ihr einen finsteren Blick zu, nahm den Hut ab und legte ihn auf den Tisch. Danach streifte er die Jacke ab, die über seinen Schultern hing, und stand auf. „Ich gehe nach oben. Morgen ist wieder alles in Ordnung.”
„Hast du etwas gegessen?” fragte Emma.
Er war schon zur Treppe unterwegs. „Ich brauche nichts, Emma.”
„Ach, Tucker …” begann Barry zögernd. „Der Arzt sagte, dass Sie die Tabletten nach dem Essen einnehmen müssen.”
Tucker strich sich über die Stirn. „Sanchek, wollte ich eine Krankenschwester haben, hätte ich mir eine mit nach Hause genommen.”
Barry warf Emma einen hilflosen Blick zu.
Emma nahm dem Hilfssheriff die Tüte aus der Hand. „Ich kümmere mich um ihn, ob er will oder nicht.”
Während Tucker nach oben ging, lächelte Barry. „Das habe ich gehofft. Ich bin nur froh, dass ich das nicht übernehmen muss.”
Emma sorgte sich um Tucker, wusste aber, dass er sic h gegen sie genau wie gegen Barry wehren würde. Darum ging sie in die Küche, machte ein Sandwich, füllte ein Glas mit Milch und brachte alles mit den Tabletten nach oben. Weil sie die Hände voll hatte, klopfte sie nicht, sondern stieß die Tür mit dem Fuß auf. Tucker saß auf dem Bett und versuchte, das Hemd auszuziehen. Sie sah ihm an, dass es nicht einfach war.
Emma stellte das Tablett auf den Tisch. Sie hatte nicht vergessen, was sich in diesem Raum abgespielt hatte. „Lässt du dir von mir helfen?”
Die Schlinge lag neben ihm auf dem Bett. „Leider habe ich keine andere Wahl.”
Er hatte das Hemd geöffnet und aus der Hose gezogen.
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