Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Abend‹ pro Woche ausgemacht, an dem sie nach Herzenslust mit anderen herumvögeln konnte. Hat man je schon so einen Scheiß gehört?«
»Das heißt, die haben so eine … offene Beziehung gehabt?«
»Sie hat eine offene Beziehung gehabt, er hat sich angesoffen. – Ich an seiner Stelle hätte ihr das ausgetrieben.«
»Was?! Erzähl mir nichts. Der hat doch sicher mitgemacht. Oder selber wo was laufen gehabt.«
»Na, na, der ist einfach dagesessen und hat gewartet, bis die Madame sich wieder bequemt hat, nach Hause zu kommen.«
»Das gibt’s nicht. Das hätt ich mir nicht gefallen lassen. So eine Schlampe. Die Angie soll sich das nur einmal trauen. Dann steck ich ihr was anderes als so ein Gummiding …«
»Gerry, pass auf, was du sagst!«
Maria starrte noch immer aus dem Fenster, doch sie wusste, dass die beiden hinter ihrem Rücken Blicke tauschten, wie es immer der Fall war, wenn Männer in Gegenwart einer Frau nicht so reden konnten, wie sie gerne würden. Doch inzwischen war ihr das egal. Man musste Männern klarmachen, dass es auch andere Blickwinkel als ihre beschränkten gab.
»Stellt euch vor, dass die Stein ein Mann gewesen wäre. Ihr würdet es zwar offiziell verurteilen, wenn er seine Frau betrügen würde, aber insgeheim würdet ihr ihn als tollen Kerl empfinden. Also stellt euch einfach vor, die Stein wäre ein Mann gewesen. Vielleicht kriegen wir dann eine gewisse Objektivität in den Fall.«
Gerry stellte vorsichtig den Kaffee neben Maria ab.
»Ja, also … ich geh jetzt schlafen.«
Maria reagierte nicht. Gerry ging zur Tür, zögerte und drehte sich nochmals um.
»Äh … findet bloß das perverse Schwein. Kein Mensch verdient es, so umzukommen. Und … was ist? Kommst du jetzt mit heute Abend?«
Maria drehte sich zu Gerry um und sah dann Phillip an. Der starrte auf die Tafel. Jetzt war wieder gerade so eine Situation, in der er ihr höchst zuwider war. Aber sie musste ihn kennen lernen. Ein verfeindeter Partner war nicht besonders zuträglich für die Arbeit. Ohne sich dessen bewusst zu sein, seufzte sie.
»Du … doch nicht. Ich hab schon was vor.«
Gerry sah sie und dann Phillip an und setzte einen unglaublich schmutzigen Grinser auf. Maria schnappte sich die Kokoskuppel von Phillip und zielte.
»Komm, hau ab. Und mach deiner Angie einen schönen Abend.«
Lachend knallte Gerry gerade noch rechtzeitig die Tür zu. Die Kokoskuppel prallte ab. Spannung machte sich breit. Beide fixierten die Süßigkeit am Boden.
»Wir sollten diese Dinger sammeln und sie als Wurfgeschosse verwenden.«
Maria stand auf und wollte die Kuppel in den Abfall werfen, begann dann aber, sie wie einen Fußball zu kicken. Sie dribbelte auf Phillip zu, der sich sofort in Torhüter-Positur warf und den Spielzug kommentierte.
»Und Kouba stürmt auf das gegnerische Tor zu, ist bereits im Strafraum, wird das jetzt das entscheidende 1:0? Sie setzt an und schießt – Tor! Tor! Tor! 1:0 für die Mordkommission!«
»Strike!«
Beide lachten und dribbelten die Kuppel weiter, bis Phillip sie gekonnt mit einem Heber in den Abfallkorb beförderte. Sie schlugen die Hände aufeinander.
»Eine Frau, die Fußball spielen kann?«
»Jetzt gerät wohl Ihr Weltbild ins Wanken. – Ich kann Sie beruhigen. Familienerbe. Mein Vater war Schiedsrichter, und ich bin auf Fußballplätzen aufgewachsen.«
Maria studierte im Spiegel ihr Äußeres, stopfte zwei Strähnen in den Knoten und nahm ihre Tasche.
»Vertrauen wir uns der Barmherzigkeit an.«
»Jawohl, Chef.«
Phillip ging beschwingt zur Tür. Maria konnte nicht anders – sie musste seinen Hintern anstarren. Er schien aus einer Jeanswerbung entstiegen zu sein. Was für ein Unterschied zu dem von Karl. Der war nicht vorhanden gewesen. Nichts als eine flache Fläche. Ausgeronnen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, klopfte sie Phillip aufs Hinterteil. Beide erschraken. Maria reagierte blitzartig und ging, als ob nichts wäre, an ihm vorbei zur Tür hinaus. Phillip bedachte sie mit einem eigentümlichen Blick.
»Das ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.«
»Ich kenne die Entschädigung dafür: eine Käsekrainer am Hohen Markt.«
Maria sah Phillip herausfordernd an, sie ließ ein Lächeln auf ihren Lippen erscheinen. Da lächelte auch Phillip – irgendwie gezwungen. Was hatte dieser sonst so obszöne Mensch gegen einen Klaps auf den Hintern? Wahrscheinlich war er in seiner Macho-Ehre gekränkt.
»Das ist doch wohl sonst eher meine Aufgabe.«
Na bitte.
Weitere Kostenlose Bücher