Die Namensvetterin: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Elsas musterndem Blick. Sie wusste, sie konnte ihrer Freundin nichts vormachen – und wollte es eigentlich auch nicht.
»Ja, ich wollte eh mit dir darüber reden. Ich glaube, die Trockenphase ist vorbei.«
»Bumse nicht auf dem Tisch, auf dem du arbeitest.«
»Ich geh mit ihm doch nicht ins Bett!«
»Natürlich nicht.«
»Nein, wirklich nicht, aber das Flirten tut gut. Ich merk das auch …«
»Hör mal, Mausl, du bist so ausgehungert, dass du nicht einmal den Pavarotti von der Bettkante stoßen würdest.«
»Ich bin nicht du. – Nein, ich merke nur insgesamt, dass … es ist, als wäre ich aus einer Art Dornröschenschlaf erwacht. Auch der …«
»Wenn du jetzt wirklich einen Mann brauchst, ich habe da ein paar nette Freunde, die haben echt Talent. Aber fang doch um Himmels willen nicht was mit dem Roth an.«
»Für wie blöd hältst du mich?«
Elsa blieb ihr die Antwort schuldig, was Maria ärgerte, denn Elsa hatte natürlich Recht. Maria fühlte sich gefährdet – der ganze Fall hatte sie aufgestachelt. Wenn man auch die ganze Zeit von nichts anderem hörte als von Menschen, die bumsen, bis sie nicht mehr können! Elsa beobachtete sie ganz genau – und las in Maria wie in einem Buch.
»He, da ist doch noch was anderes im Busch. So ein Sinneswandel kommt doch nicht einfach so von ungefähr.«
»Es … hat mit dem neuen Fall zu tun.«
»Ja, ich hab’s gehört, irgendeine Kabarettistin soll von ihrem Verlobten umgebracht worden sein.«
»Wir wissen nicht, ob er es war. Ich glaube es nicht.«
»Okay, ist mir eigentlich auch egal. Aber was hat deine … Gamsigkeit mit der Kabarettistin zu tun?«
»Sie verkehrte in Swinger-Clubs.«
»Und? – Mensch, Mädel, du hast doch auch einmal bei der Sitte gearbeitet, das kann dich doch nicht aus die Schuh hauen! Das kennst du doch.«
»Ja, den Gürtel kenn ich, aber …« – Maria schloss eilig ihren Schreibtisch ab, ihr war ihr Gehabe zutiefst peinlich, sie kam sich wie eine pubertierende Dreizehnjährige vor. Elsa packte sie am Arm.
»Aber was?«
»Der Würstelmensch vom Hohen Markt hat die Stein … die Kabarettistin … auch gekannt. Von einem Club.«
»Jetzt verstehe ich! ›Zwei Herzen, ach, schlagen in deiner Brust‹ … die böse Sexwelt dringt in die gute Bourgeoisiewelt ein! Mary-Maus, nicht alle sind so … jungfräulich wie du.«
»He, verarsch mich nicht.«
»Ich verarsch dich nicht. Vielleicht wirst du ja endlich erwachsen und kapierst, dass die langweiligen Ficks mit Karl nicht die Welt bedeuten.«
»Woher willst du wissen, dass sie langweilig waren?!«
»Naja … du hast es mir erzählt, wenn ich dich an unsere endlosen feuchten Nächte erinnern darf.«
Abrupt stand Elsa auf, umarmte Maria, drückte ihr einen Kuss auf den Mund, packte ihre Handtasche und ging zur Tür.
»Ich muss mir jetzt jemanden zum Saufen suchen. Hab viel Spaß heute und … lass die Finger von dem Roth. Bussi! Wir telefonieren morgen.«
Maria stammelte noch ein ›Okay‹, das aber nicht mehr ankam, weil Elsa schon das Zimmer verlassen hatte. Sie ärgerte sich etwas, weil sie mit ihrer Freundin eigentlich auch noch über den Josef reden wollte. Aber wenn Elsa so im Stress war, emotional, dann war mit ihr nichts anzufangen, dann kannte sie nur ihre eigenen Probleme. Egal, sie würde sich jetzt schön machen und Phillip ans Gängelband nehmen. Nicht mehr. Und was mit Josef sein würde, das konnte man ja nicht wissen. Er fiel für sie jedenfalls nicht unter den Kollegenbegriff.
Phillip lehnte an der Bar, vor sich ein leeres Schnapsglas. Marias erster Gedanke war, ›Na typisch, dieser Prolet!‹, aber dann merkte sie, dass sie auch ganz gern etwas Hochprozentiges im Magen gehabt hätte. Denn die Spannung zwischen ihnen beiden ließ sich nicht leugnen. Und noch etwas machte Marias Knie weich: Phillip hatte einen modernen, echt edlen Anzug an, nicht sein übliches Jeans-Outfit. Und Maria liebte Männer in Anzügen. Sie selbst hatte statt des üblichen Hosenanzuges ein elegant-raffiniert geschnittenes Kleid mit einem Sommermantel darüber gewählt – und so passten sie, ohne es abgesprochen zu haben, außergewöhnlich gut zueinander. Ein schönes Paar, wie man so sagte. Und sie machte Eindruck auf ihn, das war unübersehbar.
»Maria!« – er nannte sie das erste Mal mit einem positiven Unterton bei ihrem Vornamen –, »Sie sehen … du … äh … möchtest du auch einen Aperitif?«
Maria entzog ihre Augen den seinen und wandte sich
Weitere Kostenlose Bücher