Die Nanny und der Traummann
hätte. Er war es eben einfach gewöhnt, dass er immer seinen Willen bekam. Nur dass er bei Sierra auf Granit biss.
Das Handy in ihrer Jeanstasche begann zu klingeln. Sie zog es hervor und warf einen Blick auf das Display. Es war die Nummer des Pflegeheims. Sierras wurde ganz flau im Magen, so wie immer, wenn man sie wegen ihres Vaters kontaktierte. Denn ihr erster Gedanke war immer, dass er wahrscheinlich gestorben war. Und diesmal hatte sie ein ganz besonders schlechtes Gefühl.
„Ich muss den Anruf annehmen“, erklärte sie Coop. „Es ist das Pflegeheim.“
Als sie den Hörer an ihr Ohr hob, hämmerte ihr Herz so laut, dass sie nicht sicher war, ob sie den Anrufer überhaupt verstehen würde.
„Miss Evans, hier spricht Meg Douglas vom Heartland Nursing Center.“
„Hallo Meg, was kann ich für Sie tun?“, fragte Sierra in der Hoffnung, dass es nur um etwas ganz Alltägliches ging. Ein Formular, das unterschrieben werden musste. Oder eine Behandlung, der sie zustimmen sollte.
„Es tut mir sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Vater soeben verstorben ist.“
9. KAPITEL
Coop wechselte die Windeln der Zwillinge, zog den Mädchen ihre Schlafanzüge über und setzte sich mit ihnen in den Schaukelstuhl vor dem Fenster. Sie kuschelten sich in seine Arme und schliefen schon tief und fest, als sie ihre Fläschchen noch nicht einmal zur Hälfte ausgetrunken hatten. Der Nachmittag war für alle Beteiligten anstrengend gewesen: Erst der Besuch im Pflegeheim, wo Sierra ihren Vater zum letzten Mal gesehen hatte. Dann die Fahrt zum Bestatter, wo die Beerdigung organisiert worden war. Als sie endlich wieder zu Hause waren, hätten die Zwillinge eigentlich schon längst im Bett sein sollen.
Er stand auf und legte die Mädchen in ihre Bettchen. Dann blieb er noch einige Minuten im Halbdunkel stehen und beobachtete sie beim Schlafen. Ein seltsam friedliches Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Noch vor wenigen Wochen hatte er gedacht, dass er sofort wieder zu seinem alten Lebensstil zurückkehren würde, sobald er eine gute Nanny gefunden hatte. Doch jetzt begriff er, dass die Zwillinge etwas Besseres verdient hatten als einen coolen Party-Onkel, der nur hin und wieder wirklich für sie da war und sie ansonsten aus der Ferne mit Geschenken überschüttete. Sie brauchten eine richtige Familie.
Leise verließ er das Kinderzimmer und ging in die Küche, um die halb leeren Fläschchen im Kühlschrank zu verstauen und das Geschirr vom Abendessen in die Spülmaschine zu räumen. Gleich morgen würde er beim Vermittlungsdienst anrufen und sich um eine neue Haushälterin kümmern müssen.
Erst nachdem die Küche wieder in einem halbwegs ansehnlichen Zustand war, bemerkte er, wie erschöpft er wirklich war. Auch wenn er den Tag sonst immer mit einem Glas Wein ausklingen ließ, heute war ihm eher nach Bier. Er holte zwei Flaschen aus dem Kühlschrank und machte sich auf den Weg zur Dachterrasse, wohin er Sierra geschickt hatte, nachdem er sie überredet hatte, sich eine Pause zu gönnen, während er die Kinder ins Bett brachte. Natürlich hatte sie protestiert und ihm einen Vortrag darüber gehalten, dass er wirklich schon mehr als genug für sie getan hatte und sie ihre Arbeit selbst machen wollte. Aber dann hatte sie doch nachgegeben. Es war schon seltsam: Seit einer Weile nahm er sie gar nicht mehr als Nanny wahr, sondern eher als die Frau, mit der zusammen er die Zwillinge großzog. Und der Gedanke gefiel ihm.
Die Sonne war schon fast untergegangen, und Coop schaltete die schummrige Partybeleuchtung auf der Terrasse ein.
Sierra, die mit unters Kinn gezogenen Knien auf einer Sonnenliege kauerte, blickte auf. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt Shorts und ein Tanktop. Fast hatte Coop erwartet, dass sie weinte, doch er konnte kein verdächtiges Glitzern in ihren Augen entdecken. Tatsächlich hatte sie heute nur ein einziges Mal geweint, und zwar, als sie das Zimmer ihrer Vaters betreten hatte.
„Schlafen die Zwillinge?“, fragte sie.
„Tief und fest“, versicherte er ihr. „Möchtest du auch ein Bier?“
„Ja, klingt toll. Danke.“
Er öffnete die beiden Flaschen und reichte ihr eine. Dann machte er es sich auf der Liege neben Sierras gemütlich.
Sierra nahm einen großen Schluck. Dann seufzte sie zufrieden auf und sagte: „Genau das, was ich jetzt gebraucht habe. Danke für all die Hilfe heute. Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich hätte schaffen sollen.“
„Nichts zu danken, hab ich
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