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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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vor …«
    Aber warum eigentlich vier Jahre warten? Warum erst nach vier Jahren einen lukrativen Gewinn einstreichen, hä? kreischte der gierige Teil von Quintzis aufgewühltem Geist. In einem Monat fand der Grand Concours des Königsreichs statt, und der war allemal eine kleinere Investition wert. Ganz zu schweigen vom Derby in Dag el Ph’Ingh, bei dem es einiges zu holen gab. Ganz besonders dann, wenn man die Ergebnisse schon im voraus kannte.
    »… Mordbube verliert an Boden und fällt hinter Wirbelwind Salamanka zurück, die Spitze des Feldes kommt wieder auf die Flachbahn, und jetzt setzt Blaues Wunder noch einmal zum Spurt an …«
    Quintzi sah sich nach Federkiel und Pergament um. Er mußte sich die Resultate notieren. Unbedingt! Er kannte doch sein Gedächtnis.
    »…in die Kurve, Blaues Wunder liegt jetzt Höcker an Höcker mit Wildfang Jatagan, der auf der Innenbahn …«
    Mit einem Satz war Quintzi am Regal, fetzte die angesammelten Nummern der Aussicht vom Brett und suchte fieberhaft nach irgendeinem Schreibgerät. Verzweifelt suchte er das Fach mit den Keramikschildkröten ab – Fehlanzeige –, räumte das Bodenfach des Schränkchens aus, stopfte die Päckchen mit den Sonnenblumenkernen leichtsinnig in ein darüberliegendes Regalfach und fand wieder nichts.
    Als Tiemecx das wohlbekannte Geraschel hörte, stellte er die geschulten Ohren auf. Das Wasser lief ihm im Schnabel zusammen.
    »… noch drei Achtelmeilen, noch ist alles offen …«
    Das würde es, was Quintzi anging, auch bleiben, wenn er sich die Ergebnisse nicht aufschrieb. Entnervt warf er das Päckchen Sonnenblumenkerne, das er gerade in der Hand hatte, auf das Regalbrett neben die Kristallkugel, fuhr herum und sauste in die Küche. Vielleicht war in der Küche … Natürlich: der Notizblock für die Einkaufsliste! Wo hatte er den gleich wieder hingelegt?
    »…dfang Jatagan eine Nasenlänge vor Blaues Wunder …«
    Tiemecx’ beutegierige Augen fixierten die Stelle, an der sich – für einen Vogel, der mit hornigem Schnabelwerkzeug gerüstet war – das prall gefüllte Päckchen so einladend ausbeulte. Schon schwirrte und flirrte es leuchtend bunt auf, und der Papagei, dem der Schnabel überging, war kornwärts gestartet.
    »…liegt Wirbelwind Salamanka jetzt hoffnungslos zurück. Wildfang Jatagan und Blaues Wunder gehen donnernd über die Markierungslinie der letzten Achtelmeile, Wildfang Jatagan jetzt nur mehr eine Winzigkeit vor Blaues Wunder …«
    So wie ein Adler ein verschrecktes Kaninchen schlägt, stießen Papageienschnabel und Pagageienkrallen jetzt auf das Körnerpäckchen herab und fingen an zu reißen. Quintzi stieß einen Freudenschrei aus, schnappte sich den Notizblock für die Einkaufsliste, dann den Federkiel und schrie noch einmal, weil er das Tintenfaß nicht finden konnte.
    Wie ein Psychokiller hinter dem Duschvorhang hackte der Papageienschnabel auf das Päckchen ein, das nicht reißen wollte. Der Vogel schlug wie wild mit den Flügeln, krallte sich krampfhaft an seiner Beute fest, zappelte gut fünf Fuß hoch über dem Abgrund.
    »…keine zehn Längen mehr bis zum Ziel, da schwingt sich Blaues Wunder noch einmal auf! Blaues Wunder holt auf! Blaues Wunder zieht vorbei …«
    Plötzlich fiel Quintzi ein, daß das Tintenfaß im anderen Zimmer stand. Er fuhr herum, sauste los und kam genau in dem Moment ins Zimmer, als Tiemecx mit einem heftigen Ruck ein Stück Sackleinwand aus dem Päckchen riß, das voll Knabberspaß und Kuspervergnügen steckte und prompt den Halt verlor. Der Papagei rutschte ab, kreischte, flatterte und kratzte und scharrte hysterisch mit den Krallen. Und da geschah die Katastrophe.
    Starr vor Schreck sah Quintzi, wie sich eine Vogelkralle im Badetuch verhakte und die Frottierware unter dem Kristall herausriß, wie eine Flügelspitze gegen die brabbelnde Kugel schlug und sie vom Regalbrett wischte.
    Auch dann noch, als sie im eleganten Bogen durch die Luft segelte, kommentierte die Kugel tapfer weiter und berichtete bis zum letzten, bitteren Ende vom Rennen um den Goldpokal von Dschell d’Nham 1043, bis sie von der gegenüberliegenden Wand abprallte und mit einem höllischen Krach auf dem Boden zerplatzte. Ganz so wie das Päckchen mit den Sonnenblumenkernen nur wenige Sekunden vor ihr zerplatzt war.
    Haruspex explodierte wie eine Splitterbombe und versprühte einen Schauer mineralisch glitzernder Fragmente. Quintzi tauchte mit einer Reflexbewegung schreiend hinter einem Sessel ab, Tiemecx lag

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