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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Oder den Sportmoderator? Oder hundertfach Rache nehmen an Miesly, seinem Boß?
    Udio hopste fröhlich auf und ab und schrieb Quintzi zuliebe seine Anfrage noch einmal neu: »Also: Womit sollen wir anfangen?«
    Quintzi nahm einen kräftigen Schluck, grinste schief und beugte sich mit verschwörerischem Getue tief über das Pergament. Er hickste, flüsterte einen Namen und dann … lag er flach und schnarchte.
    Noch im selben Augenblick machten sich die Nanowichte an die Lösung des Problems.
     
    Glasscherben klirrten leise, als sich Quintzi Cohatl auf dem Fußboden seiner ruinierten Behausung herumdrehte und mit enormer Mühe und erbärmlichem Gestöhn eine Sitzhaltung einnahm, die man als ›allenfalls annähernd aufrecht‹ bezeichnen hätte können. Sein Kopf dröhnte bestialisch, als Tiemecx krächzend den morgendlichen Weckruf anstimmte. Nachdem der Vogel – etwas ängstlich zunächst – wieder in das Haus seines Herrn zurückgekehrt war, hatte er beschlossen, sich so zu verhalten, als ob nichts geschehen wäre. Denn dann – so seine Spekulation – würde Quintzi möglicherweise einfach vergessen, wer für das Desaster des vergangenen Tages verantwortlich war. Dieses Kalkül verdankte sich nicht ausschließlich nur jener verwunderlich hirnrissigen Denkungsart, wie sie bei unseren gefiederten Freunden so häufig beobachtet werden kann – es verdankte sich auch der simplen Überlegung ›Wo, bitteschön, krieg ich denn sonst meine regelmäßige Lieferung Sonnenblumenkerne her?‹.
    Geschwächt von der geballten Schadstoffmenge von drei Flaschen Likörwein, torkelte Quintzi die rutschige Steigung hinauf, die zum Wachzustand führte.
    Da spürte er, ganz hinten in seinem Gedächtnis, ein leises Rütteln. Und dunkel kam ihm die Erinnerung: Er hatte eine Halluzination gehabt! Sein beduseltes Gehirn hatte ihm einen bösen Streich gespielt! Ha! Ein Tintenfleck, der in der Lage ist, sich aus eigener Kraft in eine verständliche Mitteilung umzuformen: lächerliche Vorstellung, so was! So ein Blödsinn …
    »Sieh an! Auch wieder wach? Wurde aber auch langsam Zeit!« vibrierte die Tintenschrift auf dem Pergament.
    Quintzi stieß einen Schrei aus und sprang rückwärts auf das Sofa. Dann kreischte er und sprang wieder hinunter, hüpfte wie ein Wilder durch das Zimmer und zupfte sich glitzernde Glasscherben aus dem Hintern.
    »Spar dir deine Morgengymnastik! Dafür ist jetzt keine Zeit!« ranzte das Pergament. »Komm endlich! Die Arbeit wartet!«
    »Also, ich … Also das ganz bestimmt nicht«, stotterte Quintzi. Er hielt sich den Kopf.
    »?« meinte der Tintenfleck.
    »Das letzte, was heute auf mich wartet, ist Arbeit.« Quintzi stöhnte, als der Vorhang vor der Gedächtnislücke aufgerissen und das gleißend helle Licht der Erinnerung aufleuchtete. »Ich habe ihn nicht vorhergesehen … den Bllissschla … den Blitzschlag nicht vorhergesehen. Niemand hat jetzt noch Vertrauen zu mir, keiner in Axolotl! Ich bin arbeitslos, nicht mehr zu vermilllnn … vermitteln!«
    »Unsinn. Gibt jede Menge Arbeit«, sagten die Nanowichte. »Auf, auf! Mach schon, es eilt! Hopphopp!«
    Quintzi war überzeugt, daß alles nur ein Traum war. Er rappelte sich unsicher auf und stöckelte vorsichtig zur Tür. Und bemerkte nicht, wie hinter ihm drei grünliche Lichtpünktchen von dem Pergamentblatt aufsprangen, wie sie sich kräftig aus- und die Tintentröpfchen abschüttelten, wie sie lossausten und seinen Kopf ansteuerten. Im Nu waren sie über den Ohrläppchenrand geflitzt, hatten dort Stellung bezogen und schwebten einen knappen Nanometer über Quintzis Trommelfell, das sich riesig unter ihnen dehnte.
    Tiemecx schüttelte fassungslos den Kopf.
    Duselig trottete Quintzi die Treppe hinunter, trat hinaus auf die blendendhelle Wühlechsengasse und blieb wie angewurzelt stehen. Sah dann unentschlossen erst nach links, dann nach rechts – er hatte absolut keine Vorstellung, welche Richtung er einschlagen sollte.
    Die Nanowichte zwinkerten sich zu, stürzten sich auf das Trommelfell und legten ein hochkompliziertes Schlagzeugsolo hin, eine perfekt ausgeführte Folge von Doppelschlägen und Wirbeln.
    Quintzi zuckte erschrocken zusammen. Er hatte den Eindruck, als hätte ihm eben jemand etwas ins linke Ohr geflüstert … Nein, nicht ins Ohr. Drinnen, im Ohr … als hätte etwas in seinem Ohr geflüstert. Jetzt war er sich sicher, daß er träumte. Flüstern im Ohr: So etwas gab es einfach nicht.
    »Richtig! Wir sind’s!« hämmerten die

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