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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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und Tätigkeitsbeschreibungen erwähnt, daß es Schichtdienste gibt, in denen keine Reparatur- oder Wartungsarbeiten geleistet werden?«
    »Äh … nirgends … Wir haben ja auch gar keine Arbeitsverträge und Tätigkeitsbeschreibungen.«
    »Eben!« Skarg’l wünschte sich sehnlichst, er hätte – und wäre es auch nur für eine Sekunde gewesen – Arme und ein Gesicht gehabt. Dann hätte er erstere selbstgefällig vor der Brust verschränkt und mit letzterem schadenfroh dreingeschaut.
    Quintzi knurrte weiter vor sich hin und zog mit knirschenden Zähnen den Korken aus der dritten Flasche. Heute war erwiesenermaßen ein schwarzer Tag, wahrscheinlich der schwärzeste seines Lebens. Zum ersten und einzigen Mal war ihm ein flüchtiger Blick in die Zukunft gegönnt gewesen, und prompt war alles in Scherben gegangen. Er war fest entschlossen, seinen Kummer am Genick zu packen, sich so viel Alkohol zu verschaffen, wie er kriegen konnte, und ihn darin zu ersäufen.
    »Und dazu kommt noch«, wetterte Skarg’l, »daß beim Losa Llamas-Reparaturservice Nanos beschäftigt werden, die nicht in der Amalgam sind! Und die kümmern sich nicht um Tarifabschlüsse, die sind billiger als wir und nehmen uns die Arbeitsplätze weg …«
    »Billiger als wir?« fragte Udio bestürzt.
    »Jawoll, Kollege. Und natürlich auch schlechter, was die Servicequalität angeht.«
    »Aber wie …?«
    »Eben diese Frage habe ich mir selbst auch schon gestellt, Genosse. Wie können sie es wagen? Eine bodenlose Frechheit! Schockierend! Allein die Vorstellung, daß …«
    »Schon. Aber …«, sagte Udio unbeeindruckt und sah Skarg’l ruhig an. »Aber wie können die billiger sein als wir, wenn wir für unsere Arbeit gar nichts verlangen?«
    Falls es einem mikroskopisch kleinen, grünlich schimmernden Lichtpünktchen überhaupt möglich war, wie ein begossener Pudel dazustehen, dann Skarg’l, der in diesem Augenblick sehr verlegen wirkte. Aber nicht lange. Er hatte sich schnell wieder im Griff und zischte Udio bissig an: »Du willst wohl nicht glauben, Kollege, daß man uns still und heimlich und ohne uns davon in Kenntnis zu setzen, entlassen hat? Und warum hocken wir dann jetzt irgendwo mitten im Gagalaya oder wie das hier heißt, herum, Kollege, und sind arbeitslos?«
    »Bist du dir wirklich ganz sicher, daß wir keine Arbeit haben?« antwortete Udio mit einer Gegenfrage. Er hatte das Gefühl, als würde irgendwo ganz in der Nähe eine umfangreiche Wunsch- und Auftragsliste zusammengestellt. »Ich meine, hast du dich da erkundigt?«
    »Nun, ich bin noch nicht wirklich dazugekommen, mich bezüglich der aktuellen Lage kundig zu …«, fing Skarg’l an.
    »Ein simples ›Nein‹ würde mir schon genügen«, fuhr ihn Udio an, wirbelte herum und machte sich wieder an den Pergamentfasern zu schaffen. Innerhalb weniger Millisekunden floß erneut Tinte durch mikroskopisch kleine Kavernen, das einsame Ausrufezeichen trieb unvermittelt unverständliche Rankengewächse aus, die sich schließlich zu einer Anfrage ordneten: »He! Irgendwelche Aufträge für uns? Irgendwelche Instandsetzungsarbeiten?«
    Die plötzliche Bewegung auf dem Pergament erregte Quintzis rapide nachlassende Aufmerksamkeit; benebelt starrte er auf die Frage.
    »Hä?« grunzte er und genehmigte sich noch einen Schluck. Als Seelentrost.
    Udio stöhnte und formulierte die Frage um: ›Gibt’s irgendwas, das wir in Ordnung bringen sollen? Irgendwelche Probleme?‹
    »Probleme?« schrie Quintzi auf. »Ha! Sucht euch eins aus!« Und dann lieferte er einen erschöpfenden Überblick über die Katastrophen des Tages, den er mit einer anschaulichen Schilderung der Zertrümmerung der Kristallkugel abschloß, die unter anderem auch eine knapp gehaltene Zusammenfassung all jener Folterfreuden enthielt, die ein gewisser Papagei zu gewärtigen hätte, sobald Quintzi diesen Vogel an der Gurgel zu fassen bekäme.
    »Und welches Problem willst du als erstes loswerden?« fragte das Pergament unter Udios geschickter Federführung.
    »Wie bitte?« schrie Skarg’l entsetzt. »Ihr wollt euch doch nicht wirklich um diese Probleme kümmern!«
    »Aber sicher! Ganz gleich, was man davon hält: Wir stehen nun einmal im Dienst jener Institution, die den lächerlichen Namen ›Thaumarer Wartungsdienst‹ führt. Und wenn der einen Wartungsauftrag hat, dann erledigen wir den auch!« konterte Udio. Quintzi kratzte sich derweil den Kopf. Immer diese Entscheidungen! Vielleicht als erstes den Papagei büßen lassen?

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