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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Nanowichte auf dem Trommelfell herum. »Gehst du jetzt vielleicht endlich mal nach rechts?«
    »Wenn es das Schicksal so bestimmt hat«, grummelte Quintzi undeutlich. Nur mit Mühe gelang es ihm, die Beine in Bewegung zu halten, als ihn die Stimmen seiner ›Vision‹ jetzt durch die schwankenden, staubigen Boulevards von Axolotl leiteten, durch die Brückenechsenstraße und um zahllose vertraute Kurven führten, bis er schließlich, wie er verwundert feststellen mußte, im Hof der Städtischen Obsteinlagerungsgesellschaft Axolotl stand.
    »Hab doch gesagt, daß es funktioniert.« Nimlet grinste seine Nanokollegen selbstgefällig an.
    Ein Faß von einem Mann, ein Kerl mit einer Nase, so krumm und scharf wie eine Sense, stolperte aus einem Büro, stiefelte ein kurzes Stück über den staubigen Hof und blieb dann mittendrin stehen. Er fuhr herum, zeigte mit dem Finger auf Quintzi und schrie: »Du? Hätt nie geglaubt, daß du dich hier noch mal blicken läßt! He, Jungs! Quintzi ist da und will zur … Arbeit!«
    Schallendes, hämisches Gelächter dröhnte aus den diversen Lagerschuppen.
    Miesly stapfte anmaßend auf Quintzi los, seine Lippen bebten vor Zorn. »Und vor welchen Katastrophen willst du uns heute wieder mal nicht warnen, hmmm? Vielleicht vor einem Erdbeben unter den Aprikosenscheuern, hä? Oder vor einem Brand im Stachelbeerlager?«
    Quintzi zuckte die Achseln und wollte schon zugeben, daß er keine Ahnung hatte, als die Nanowichte wieder sein Trommelfell malträtierten. »Sag ihm er soll die Klappe halten und zuhören!«
    »Das kann ich nicht …«, fing Quintzi an.
    »Allerdings nicht! Harn wir ja gestern alle gesehen!« brüllte Miesly und deutete auf die noch immer schwelenden Trümmer der Avocadoscheuern. »Du hast doch noch nie was getaugt, was Weissagungen angeht!«
    »Es ist dir vorherbestimmt, ihm zu sagen, daß er die Klappe halten soll!« hetzten die Nanos.
    »Du hast bloß Glück gehabt!« schrie Miesly weiter. Ein Dutzend Melonenpacker marschierte jetzt zu seiner Unterstützung auf. »Jahrelang hast du dich damit durchschwindeln können! War pures Glück! Oder soll ich sagen ›pure Raterei‹, hä?«
    »Sag’s ihm endlich … Oder auf deiner Zukunft lastet ein ewiger Fluch!« Die Nanowichte ließen nicht locker.
    »War immer alles sehr bequem für dich!« schrie ihn Miesly an und stieß ihm wütend gegen die Brust.
    Quintzi war verwirrt: Auf seinem Brustbein prangte eine Schramme. Wurde allmählich ein bißchen sehr realistisch, diese Vision! Und auch noch AroundSound-unterstützt! Hätte er nie geglaubt!
    »Jedes Weichei kann einen Haufen Avocados vor Gefahr schützen«, belferte Miesly, »wenn’s gar keine Gefahr gibt! So was nenn ich nicht Vorhersage, ich nenn das …«
    »Halt die Klappe!« schrie Quintzi. Sein Gesicht war rot angelaufen, an seinem Hals pochte eine Ader. Schlagartig verstummte jedes Geräusch. Entsetztes Schweigen legte sich über den Hof, so lastend und schwer, daß man es beinahe hören konnte. Sogar der auf dem Gelände ansässige Schwirlschwarm stellte sein Tschilpen ein.
    »Gut gemacht!« Die Nanowichte hämmerten begeistert auf das Trommelfell ein. »Und jetzt wiederholst du einfach alles, was wir sagen! Abgemacht? Verlaß dich auf uns, dann läuft alles bestens!«
    Quintzi knurrte, machte den Mund auf und schrie: »Verlaß dich auf uns, dann läuft alles bestens!«
    »Nein! Noch nicht!« trommelten die Nanos.
    »Nein! Noch nicht!« schrie Quintzi. Er war heillos verwirrt und vollständig aus dem prophetischen Text gebracht. »Das war doch erst die Anweisung! Macht nichts! Sag einfach … He, Miesly! Wenn du eine Vorhersage hören willst, dann hör zu! Ich hab da eine für dich!«
    Miesly schüttelte den Kopf und lachte. »Ich hab schon immer gewußt, daß du sie nicht mehr alle hast, Cohatl. Führst wohl Selbstgespräche? Debattierst mit den Stimmen in deinem Kopf …«
    »Ja also, genaugenommen ist es tatsächlich so, daß …« Weiter kam Quintzi nicht, die Nanowichte starteten einen konzertierten Sturmangriff auf sein Trommelfell. Er zuckte zusammen und schlug sich mit der Hand auf das linke Ohr. »Is ja gut, is ja gut!« brummelte er. Dann richtete er sich auf und sah Miesly ins Gesicht. »Also gut! Hier hast du ein paar Vorhersagen!« schrie er und wiederholte Wort für Wort, was die summende ›Stimme‹ der Nanowichte auf sein Trommelfell klopfte. »Ich prophezeie dir, daß ich dir, wenn ich mir dein Bankkonto ansehe, genau sagen kann, wo meine

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