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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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heute würden Scharen von Zauberern von überallher hier einfallen und ihren magischen Dreck über die ganze Stadt, seine Stadt, verteilen. Sie hatten sich gegen ihn verschworen. Es konnte nur eine Verschwörung sein. Warum veranstalteten sonst wohl die MYSTEMS, die Fachmesse für das Zauberhandwerk, in diesem Jahr ausgerechnet im Congress Center Guldenburg?
    Aber wenn sich auch nur einer von diesen Schnabelschuhträgern nicht an die Spielregeln hielt, dann wollte er mit einem Kesseltreiben dieser Bande von Schwarzkünstlern eine kleine Kostprobe von der Arbeit eines Vollzugsbeamten beim Amt für Natürliche Ordnung liefern, die ihr noch lange schwer ihm Magen liegen würde! Ha! Schon beim Gedanken daran, wie er die Kerle mit glühenden Eisen zusammentrieb, bekam er leuchtende Augen. Doch, doch, beschloß er, es wird wohl das beste sein, sofort die Öfen anzuheizen. Nur für den Fall, daß …
    Vif knirschte mit den Zähnen und meckerte im Halbschlaf vor sich hin; immer wenn ihre Brust sich hob und senkte, klingelte die Glocke, die sie um den Hals trug. Sie zupfte und rupfte, träumte von Heuschobern und Karotten und merkte nicht, daß Strappado vor Wut schäumte.
    Plötzlich hielt er es nicht mehr aus. Er sprang aus dem Bett, stampfte durch das Stroh, mit dem der Zimmerboden eingestreut war, und zog sich an: pechschwarze Latzhose und Rollkragenpullover, die Uniform des Vollzugsbeamten beim Amt für Natürliche Ordnung. Wütend trampelte er die Treppe hinunter und machte sich auf den Weg zur Arbeit. Was er in den letzten zwei Jahre erlebt hatte, war die Hölle auf Erden gewesen. Und dafür würde jemand bezahlen müssen! Und zwar hier und heute! Noch bevor dieser Tag zu Ende war, würde irgendein Ladenbesitzer seinen Knüppel zu spüren bekommen – selbst wenn er möglicherweise erst eine Erhöhung der ›Spendengelder‹ fordern mußte, damit er sich dieses Vergnügen erlauben konnte.
     
    Wütendes Geschrei gellte über die kippenübersäte Waldlichtung im Goldenen Dreieck, die friedvolle Morgenstille zersprang wie Glas, das in tausend Scherben zersplittert. Unmittelbar darauf war überall auf dem Gelände ein dumpfes Pumpern zu hören, als die Schläfer vor Schreck von den Bäumen fielen und auf dem Boden aufschlugen.
    Niemand konnte sich erinnern, daß er jemals so unsanft geweckt worden war. Schon gar nicht von Ellis Dee.
    Zwei Paar Sandalen bremsten kreischend vor der Laborhütte ab und stürzten dann durch die Tür. In den Sandalen steckten Praquat und Zhaminah.
    »Er ist weg!« wütete Ellis Dee und zeigte auf den leeren Tisch, auf dem noch heute morgen um drei Uhr der Hextirpator gestanden hatte.
    Zhaminahs Rastafransen sackten ab, mit zitternden Knien stand er da, starrte erst wortlos auf den Tisch und wimmerte dann: »Wa … Wo?«
    Ellis Dee fuhr ihn giftig an: »Wenn ich das wüßte, müßt ich mich nicht aufregen, oder?« Er ballte die Fäuste und hämmerte verzweifelt auf den Tisch ein. »Die ganze Arbeit! Diese immensen Gewinnchancen – alles beim Teufel!«
    Wie meine Beförderung! Vom Geld gar nicht zu reden! Oder von der Zeit: zwei Jahre meines Lebens – dahin! jammerte Zhaminah stumm. Und dann fing er an zu grübeln und dachte an den Bericht, den man von ihm erwartete.
    »Noch was is weg«, knurrte Praquat finster, zog einen Dolch aus einem der Messergurte und deutete auf die nackte Stelle auf dem Boden, wo einmal Hogshead gelegen hatte.
    Ellis Dee fluchte und warf eine Chrysantheme in die Ecke. »Er!« schrie er, nachdem er sich einen tüchtigen Schluck aus einem großen Becherglas mit einer grünen Flüssigkeit genehmigt hatte. »Der Teufel soll ihn holen! Wie konnte ich nur so blöd sein? Warum hab ich ihn nicht durchschaut?«
    »Hä?« grunzet Praquat verstört.
    »Er war ein Schnüffler!« schrie Ellis Dee und hämmerte wieder auf den Tisch ein.
    »Ein Schnüffler?« nuschelte der Khompottschaner begriffsstutzig. »Und ich hab gedacht, er hat nur bißchen Rauch abgekriegt und dann den Pilzsud, den du ihm …«
    »Nein! Ich meine Schnüffler wie … wie Agent oder Spion! Ein Spitzel, der nur einen einzigen Auftrag hatte: mir meinen Hextirpator zu stehlen! Nur das, verstehst du? Ein Spezialagent, für den’s nur eines gibt: Auftrag abwickeln oder abgewickelt werden!«
    Zhaminah versuchte noch etwas unauffälliger zu erscheinen und schluckte nervös.
    »Dieser Saukerl! Aber seine Husterei war absolut überzeugend«, knurrte Ellis Dee. »Kann nur ein MAD-Agent gewesen sein! Was meinst du,

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