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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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sagte: »Lass dir Zeit, Johannes. Es geht hier nicht um mich. Wer weiß, vielleicht später einmal … «

30
September
Deutschland
    »Hi, Jim«, rief Johannes aufgeregt in sein Handy. Es hatte ihn einige Telefonate und viel Geld gekostet, bis er herausgefunden hatte, wo in seinem riesigen Heimatland Major Jim Woods sich inzwischen aufhielt. »Du bist also wieder zu Hause.«
    »Schon seit zwei Monaten, Jo«, antwortete Woods, »in North Carolina, in der Nähe von Jacksonville. Ich bilde jetzt junge Offiziere aus. Angenehmer Job. Viel angenehmer als, na, du weißt schon … «
    Johannes wusste. »Hör mal, Jim, es geht um … «
    »Kann mir vorstellen, worum es geht. Frag, was du willst, aber sag erst mal: Wie geht’s dir denn eigentlich? Bei meinem Besuch im Lazarett da unten sah es gar nicht gut aus. Konnte dich nur durch ’ne Scheibe sehen. Hörte sich ziemlich übel an, was die Ärzte gesagt haben.«
    »Ich hab von deinem Besuch damals nichts mitbekommen.«
    Woods lachte auf. »Das wundert mich nicht.«
    Über eine halbe Stunde redeten sie miteinander.
    Es brachte nichts.
    Jim Woods konnte auch nur bestätigen, was in dem Bericht stand. Und dass er selbst zwei Männer verloren hatte. »Alles, was ich sagen kann, ist, dass die Geiseln schon fort waren, als wir ankamen, und dass wir Schüsse aus dem Teil der Höhle gehört haben, in dem du warst, kurz bevor wir dort selbst eintrafen.«
    »Wie sah es da aus?«
    »Fürchterlich. Da lagen zwei tote afghanische Jungen und ein junger Aufständischer – auch tot. Und neben dem noch einer, aber der kam gerade wieder zu sich und fing an, zu stöhnen.«
    »Und ich? Wo war ich?«
    »Du lagst ungefähr dreißig Meter entfernt in einer Ecke und hast dich nicht bewegt.«
    »Was habt ihr dann gemacht?«
    »Ich wollte gerade zu dir rüberlaufen, um festzustellen, ob du … äh, also, ob … «
    »Ist schon gut, Jim, ich weiß.«
    Woods räusperte sich geräuschvoll, bevor er fortfuhr: »Einer meiner Leute kniete neben dem verwundeten Talib, um erste Hilfe zu leisten. Ich war auf dem Weg zu dir rüber, da entdeckte ich einen von denen, einen älteren, hinter einer Felswand. Hab ihn angerufen, da dreht er sich um und schießt mit seiner Pistole auf mich, irgend so eine riesige alte russische Knarre. Ich musste schnell sein, um ihn zu erledigen.«
    »Und dann?«
    »Dann war es ganz still dort. Alles voll Staub und Pulverdampf. Du warst ohnmächtig. Puls war noch da, aber sehr schwach.« Wieder eine Pause. »Konnte dir nicht helfen … «
    Johannes überlegte. »Hör mal, Jim: In dem Bericht steht, dass der verwundete junge Talib plötzlich nicht mehr auffindbar war. Wie erklärst du dir das?«
    »Gar nicht. Als unsere Sanis in die Höhle kamen, war der Kerl verschwunden. Ich habe keine Ahnung, wie er das mit dem zerfetzten Bein angestellt hat. Vorn aus dem Haupteingang ist er jedenfalls nicht raus, da wäre er unseren Leuten in die Arme gelaufen.«
    »Sonderbar.« Johannes war ratlos.
    »Tut mit echt leid, Jo. Scheißlage für dich … «
    Am Morgen kam Paule, um ihn abzuholen.
    Nach Hause. Endlich.
    Bis Dezember war er krankgeschrieben. Erst dann musste er sich erneut untersuchen lassen. Da würden sie entscheiden, wie es mit ihm weiterging. Vielleicht ein belangloser Büroposten, irgendwas außergewöhnlich Nutzloses, speziell für Leute mit Dachschaden …
    Oder musste er ganz ausscheiden? Dienstunfähigkeit und Frühpensionierung?
    Vielleicht wollte er ja sogar …
    Das Monster war jetzt in Deckung gegangen. Es war da, lauerte irgendwo im Verborgenen. Es würde immer da sein, solange die Ungewissheit ihn quälte. Aber es war in Schach zu halten – dank der Pharmazie. Mittlerweile reichte eine halbe Pille täglich von dem Antidepressivum aus. Auch die Kopfschmerzen kehrten nur noch selten zurück. Die Zahnrädchen hatten sich ganz gut eingelaufen.
    Karen vermutete, dass es gar nicht mehr lange dauern konnte, bis Teile der Erinnerung zurückkehrten. Erst vor drei Tagen hatte sie ihm gesagt, dass er jetzt nach Hause fahren dürfe. Seine Idee mit dem Segeltörn unterstützte sie entschieden.
    »Wenn du nicht vergisst, regelmäßig deine Tabletten zu nehmen!«
    Johannes lächelte. Nicht die Medikamente hatten ihn so weit gebracht, dass er sich wieder ins Leben zurückwagte. Karens Behandlung hatte das bewirkt, die Gespräche, seine Reisen zu sich selbst, zu denen sie ihn immer wieder ermutigte.
    Und auf denen sie ihn begleitete.
    Er sagte: »Versprochen! Ich nehme meine ganze

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