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Die narzisstische Gesellschaft

Die narzisstische Gesellschaft

Titel: Die narzisstische Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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eine gute Mutter zu reagieren (also die geheimen Wünsche zu erspüren, für Bestätigung, Anerkennung und Liebe zu sorgen). Als gleichrangige, auf Augenhöhe agierende Partner hingegen hatten sie sich bislang noch gar nicht gesehen und erkannt. Sie mussten erst lernen, wie der andere wirklich ist, was man realistisch erwarten und bekommen kann und dass man sich mitteilen und verhandeln muss. Beide gewannen in der Therapie die Möglichkeit, Enttäuschungsaggression und Mangelschmerz aus den frühen Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen und nicht mehr in die Partnerbeziehung hinein- und dann dort auszutragen.

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    19 Der narzisstische Sex
    Charakteristisch für den Sex narzisstisch gestörter Menschen ist die Selbstobjekt-Verwendung des Partners bzw. der Partnerin. [7] Der Größenselbst-Narzisst will natürlich auch beim Sex bewundert werden; deshalb ist Leistung so wichtig und Liebe so gut wie ausgeschlossen. Der Größenklein-Narzisst hingegen will gefällig sein, will den Partner bedienen und ist um dessen Lust bemüht. Männer als Frauen- respektive Mutter-Bediener glauben tatsächlich, dass sie der Partnerin den Orgasmus machen können, sie glauben, es läge an ihrem richtigen Bemühen, an ihrer geschickten Technik und ausreichenden Ausdauer oder sogar nur an ihrer Schwanzgröße. Die damit verbundene Kränkungsgefahr hat viele Facetten: «Ich bin nicht willkommen», «Ich bin nicht gut genug», «Ich bin nicht attraktiv genug», «Ich mache es nicht richtig», «Ich halte mit der Erektion nicht durch», «Ich komme zu schnell».
    Das Größenselbst fordert, dass man sich als begehrt erlebt, dass man Komplimente bekommt und gelobt wird. Der Partner muss vermitteln, dass man großartig war. Der Edel-Narzisst fragt nicht mehr, ob er gut war, er setzt es voraus und will das auch bestätigt bekommen. Als Mann legt er viel Wert auf Äußerlichkeiten, auf verschiedene sexuelle Techniken, auf Stellungswechsel – die Sexualität läuft nach einem bestimmten Schema ab, das sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend am typischen Ablauf der Pornoproduktionen orientiert: Blasen, vaginal, mehrere Stellungswechsel, anal und am Ende ins Gesicht ejakulieren oder so ähnlich. Das Programm muss ersetzen, was nicht gefühlt werden kann. Empathie für den Partner fehlt, Zärtlichkeit darf nicht das Herz berühren.
    Frauen mit Größenselbst haben häufig ein Orgasmusproblem: Orgasmus soll sein, aber Hingabe fällt schwer – so kann kaum eine Lustwelle entstehen. Dann muss das Begehrtwerden oder die Verführungskraft das Ausbleiben körperlicher Lust kompensieren. Lautes Stöhnen und kräftiges, intensives Kopulieren kann helfen, «Lust» zu produzieren, indem der sexuelle Akt als ein besonderes Ereignis zelebriert und der «Orgasmus» als narzisstische Befriedigung und gerade nicht als energetisches Verströmen durch Loslassen erlebt wird. Manchmal ergibt sich die «Befriedigung» auch durch die bloße körperliche Erschöpfung oder die seelische Ermüdung des Interesses am Partner. Nicht gerade selten wird ein Orgasmus vorgetäuscht, wobei – folgt man den sehr unterschiedlichen Berichten lustvollen Erlebens – schwer einzuschätzen ist, was der oder die Einzelne wirklich als «Orgasmus» erlebt.
    Gesunde orgastische Potenz ist ein komplexes Geschehen aus körperlichen, seelischen und beziehungsdynamischen Vorgängen und wird wohl am intensivsten erlebt, wenn sich beim Orgasmus körperlich-muskuläre Kontraktionen mit energetischem Strömen nach außen (etwa als liebevolle Zuwendung zum anderen) verbinden. Das «Senden» und «Empfangen» interessierter Zuwendung betrifft beide Geschlechter und ist nicht etwa identisch mit einer aktiven und passiven Rolle beim Sex. Beim narzisstischen Sex sind Körperlichkeit und Beziehung häufig getrennt: Es gibt eine betont körperliche energetische Abfuhr, wie beim Masturbieren, dazu wird der Körper des anderen nur benutzt. Und es gibt eine betont psychische Befriedigung, die aus narzisstischer Bedürftigkeit resultiert, etwa mit dem Gefühl, begehrt zu sein oder in einer guten Rolle geglänzt zu haben, aber auch mit dem Gefühl, den anderen gut bedient oder sich willig zur Verfügung gestellt zu haben. Manche fühlen sich erst dann narzisstisch bestätigt, wenn der Partner bzw. die Partnerin befriedigt und erschöpft ist.
    Ein Verhalten des Mannes, das beim Sex nicht an der Frau, sondern nur an der eigenen sexuellen Potenz interessiert ist, provoziert bei der Partnerin

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