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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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öffnete Mizzi die Tür der Schmerda’schen Wohnung, um den Inspector eintreten zu lassen.
    »Die gnädige Frau hat fürchterliche Migräne, und da ist sie immer ganz besonders lärmempfindlich. Wir müssen ganz leise sein …«
    Nechyba schob seinen massigen Körper auf Zehenspitzen in das Vorzimmer und stolperte dabei fast über einen Wasserkübel, den das Dienstmädchen dort hingestellt hatte. Mit beiden Armen rudernd, konnte er mit Müh und Not sein Gleichgewicht bewahren – Mizzi hielt ob dieser akrobatischen Leistung die Luft an.
    »Entschuldigen, Herr Inspector, aber ich wische gerade den Boden auf. Vorsicht! Das Parkett ist noch feucht.«
»Ist die Frau Aurelia in der Küche?«
    Mizzi nickte mit einem verschwörerischen Grinsen und deutete ihm, dass er ruhig weitergehen solle. Sie selbst fischte sich den Aufwaschfetzen aus dem Kübel und fuhr mit dem Aufwischen des Bodens fort. Nechyba klopfte sachte an die geschlossene Küchentür. Als die Litzelsbergerin öffnete, wischte er seine schweißnassen Hände blitzschnell am Sakko ab und begrüßte die Köchin mit einem formvollendeten Handkuss. Diese galante Geste war ihr peinlich, und so zog sie ihn in die Küche herein. Kaum hatte er auf dem Sessel im Eck Platz genommen, fing er in der rechten Außentasche seines Sakkos zu kramen an. Er beförderte ein kleines Packerl mit Bonbons ans Tageslicht und überreichte es ihr. Sie nahm das Päckchen mit spitzen Fingern, beäugte es von allen Seiten und bemerkte trocken: »Sie sind mir einer. Bringen mir Konfekt vom k. k. Hofzuckerbäcker Sluka. Ich weiß gar nicht, ob ich das annehmen soll. Schließlich kenne ich Sie ja überhaupt nicht …«
    »Frau Aurelia! Machen Sie mir doch bitte die Freude. Ehrlich gesagt, hab ich mich auch gefragt, ob ich Ihnen so ein Präsent mitbringen darf. Aber andererseits waren Sie ja unlängst so freundlich … einem … einem Rendezvous am kommenden Sonntag beim Dommayer zuzustimmen. Und da hab ich mir halt gedacht, dass es die Grenzen der Schicklichkeit nicht verletzen würde … Ihnen eine kleine Freude zu machen.«
    »Also von einem Rendezvous weiß ich nix«, antwortete die Litzelsbergerin trocken, »ich habe nur die Möglichkeit angedeutet, dass wir eventuell am Sonntag zum Dommayer hinausfahren könnten. Falls es nicht regnet, falls ich überhaupt freihabe und falls es Ihre Diensteinteilung zulässt.«
    »Ich habe dienstlich schon alles eingeteilt. Am Sonntag stehe ich den ganzen Tag ausschließlich zu Ihrer Verfügung. Und falls es regnet, würde ich mich freuen, wenn ich Sie, liebe Frau Aurelia, vielleicht nicht zum Dommayer, sondern in die Stadt ausführen dürfte.«
    Die Köchin hatte inzwischen das Packerl aufgemacht und ein Bonbon gekostet. Sie ließ es mit Bedacht auf der Zunge zergehen, machte dann »Mmm«, nahm ein weiteres und steckte es dem verblüfften Nechyba in den Mund.
    »Da! Essen Sie! Wenn Sie den Mund voll haben, können Sie wenigstens nicht so viel Süßholz raspeln.«
    Joseph Maria Nechyba aß gehorsam das Bonbon, und die Köchin wandte sich ihrer Arbeit zu. Für das Abendessen bereitete sie gespicktes Kalbsbries mit Spargelspitzen in der Kruste vor. Dazu hatte sie die Kalbsbriese bereits vor Stunden mit kaltem Wasser gewaschen und dann auswässern lassen. Sie stellte nun das Bries im Wasser auf den Herd, erwärmte es und wartete, dass es sich zusammenzog. Anschließend entfernte sie alle Häute und Flachsen. Als das Bries abgekühlt war, wurde es mit Speckfäden gespickt. Der Inspector saß auf dem Sessel und sah der Litzelsbergerin zu. Nach einiger Zeit konnte er seine Neugierde nicht mehr zügeln und fragte, was sie da gerade zubereitete. Die Köchin erklärte ihm alles, nicht ohne sich neuerlich über sein Interesse zu wundern. Nun ließ sie in einem Töpfchen Kristallzucker karamellisieren und goss dann reichlich Wasser drauf. Das gespickte Bries wurde gesalzen, in eine Pfanne gelegt, mit dem Zuckerwasser aufgegossen und so lange gedünstet, bis der Saft dick wie ein Sirup war. Nun wurde nochmals Wasser beigegeben und das Bries mit dem so entstandenen Saft so lange begossen, bis die Briesoberfläche eine schöne glänzende Farbe annahm. Rechtzeitig vor dem Abendessen würde die Köchin das Bries dann ins Rohr schieben, damit es goldbraune Farbe bekam. Für die Kruste knetete sie einen Teig aus Mehl, Salz, Dotter, zerlassener Butter sowie Wasser, den sie mit dem Nudelwalker messerrückendick auswalkte. Dieser Flecken wurde dreimal übereinandergelegt,

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