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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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brachte.

XIV/2.
    Ein zaundürrer Bub in zerlumpter Kleidung schlich durch das morgendliche Treiben des Naschmarktes. Er war barfuß und hielt mit Luchsaugen nach etwas Essbarem Ausschau. Hin und wieder bückte er sich, hob ein halb verfaultes Stück Obst auf und verschlang es gierig. Da er sich bei seiner Essenssuche voll auf den Boden konzentrierte, rannte er in eine kräftige weibliche Person, die einen vollgepackten Korb schleppte. Dieser rutschte ihr aus der Hand, Zwiebeln, Grünzeug und ein Salat kullerten auf die Erde. Der erste Reflex des Buben war: sich ducken, um der unvermeidlichen Ohrfeige auszuweichen. Als diese jedoch ausblieb, blickte er auf, krähte ein »Entschuldigung, gnädige Frau!« und wieselte hinter dem herumkullernden Gemüse her. Er sammelte alles ein und schlichtete es gewissenhaft in den am Boden stehenden Korb zurück. Der Litzelsbergerin schnürte es, als sie die halb verhungerte Kreatur beobachtete, das Herz ab. Und obwohl ihr normalerweise die Ohrfeigen locker von der Hand gingen, hatte sie in diesem Fall nicht zugeschlagen und auch nicht geschimpft.
    »Entschu… Entschuldigen …«, stotterte der Bub. »Darf ich Ihnen für ein paar Heller den Korb nach Hause tragen?«
»Was willst du? Den schweren Korb schleppen?«
    »Bitt schön. Ich schaffe es sicher. Gnädige Frau werden schon sehen, was ich für eine Kraft habe.«
    Die Köchin ließ den Buben gewähren. Er ging los, den Korb mit beiden Händen vor sich hertragend. Die Last des Korbes drückte mächtig. Sein Gang wurde immer breitbeiniger und langsamer. Bis er schließlich den Korb niederstellen musste. Die Köchin trat neben ihn und fragte: »Wofür brauchst du denn so dringend Geld?«
    Der Bub, der aufgrund der Anstrengung keuchte, schlug die Augen nieder und starrte auf seine Schmutzfüße. Es sah aus, als ob er am Absatz kehrtmachen und davonlaufen wollte. Schließlich sagte er: »Ich brauch’s für eine Schlafstelle. Ich hab schon drei Nächt’ auf der Gasse g’schlafen …«
    Anna Litzelsberger griff in ihr Portemonnaie und kramte einige Heller heraus. Bevor sie ihm die gab, fragte sie: »Wie heißt du denn eigentlich?«
    »Pepi …«
    »Ich hab dich noch nie am Naschmarkt gesehen …«
    »Ich bin eh schon eine Weile da. Seitdem meine Frau Mutter g’storben ist.«
    Die Köchin drückte ihm die Münzen in die Hand, und er verschwand blitzartig in der Menschenmenge. Wahrscheinlich fürchtete er, dass es sich die gnädige Frau vielleicht doch noch anders überlegen könnte.
     
    In der Schmerda’schen Wohnung ließ die Köchin den Korb einfach in der offenen Tür stehen. Die Mizzi, die das Aufsperrgeräusch gehört hatte, eilte herbei, schloss die Tür, nahm den Korb und schleppte das schwere Ding in die Küche. Aus dem kleinen Salon kommend, folgte die Dame des Hauses der Mizzi in die Küche und beäugte neugierig die eingekauften Sachen.
»Na, Aurelia, was gibt es denn Gutes zu Mittag?«
    »Zuerst Leberpüree mit Eiern, dann einen Lammshasen 60 mit Kompottfrüchten und Salat. Als Dessert machen wir einen gespickten Igel.«
»Delikat wie immer. Ach Aurelia, was wäre, wenn ich Sie nicht hätte …?«
    »Dann täten Sie sich einfach eine andere Köchin nehmen, gnädige Frau.«
    »So etwas wie Sie finde ich mein Lebtag nicht mehr. Darum bin ich auch sehr vorsichtig, dass Sie mir niemand wegschnappt.«
    Aurelia und Mizzi packten die Einkäufe aus und begannen mit den Kochvorbereitungen. Dazu gehörte unter anderem das Feuerentfachen im Herd sowie das Abhäuten und Spicken des Lammshasen. Den gespickten Braten legte die Köchin gemeinsam mit einer Speckschwarte, geschnittenen Zwiebeln und Goldrübchen in eine Bratpfanne. Mit zerlassener Butter wurde der Braten benetzt und mit weißem Papier abgedeckt, damit das zarte Fleisch im Rohr nicht zu rasch bräunte.
    »Sagen Sie, Aurelia, wie war das eigentlich gestern mit dem Herrn Inspector, der Sie besucht hat? War er in einer kriminalistischen Angelegenheit hier?«
    »Ja, gnädige Frau! Wegen des Mordes am Naschmarkt!«, rief Mizzi vorlaut.
    »Um Gottes willen, was haben wir denn mit dieser grässlichen Sache zu tun?«
    Die Litzelsbergerin warf der Mizzi einen bösen Blick zu und beruhigte ihre Arbeitgeberin: »Im Prinzip gar nix. Ich hab dem Herrn Inspector von der Mizzi ein Rumpsteak bringen lassen, das der Fleischhauerbub irrtümlich uns zugestellt hat. Dafür wollt’ sich der Herr Inspector halt persönlich bedanken …«
    »… er hat der Frau Aurelia einen wunderschönen

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