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Die Naschmarkt-Morde

Titel: Die Naschmarkt-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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und Kampfergeruch, der Motten von Kleidern und Polstermöbeln fernhalten sollte, war ihr plötzlich gegenwärtig. Die Vorstellung war so intensiv, dass sie niesen musste.
     
    ›Helfgott!‹, dachte sich der Mann, der ihr, seit sie aus dem Haustor getreten war, folgte. Er hatte ziemlich lang in einem Hofeingang, der sich vis-à-vis des Schmerda’schen Hauses befand, gewartet. Inständig hatte er gehofft, dass das Dienstmädchen heute noch auf die Gasse herunterkommen werde. Mizzi trottete in Richtung Lotte Landerls Greislerei, um die ihr aufgetragenen Einkäufe zu erledigen.
     
    Als sie die Klinke der Greislerei drückte, ging die Tür nicht auf. Sie rüttelte einige Male heftig und bemerkte erst dann das Taferl, das innen an der Tür hing. Auf ihm stand in kunstvoll geschwungenen Buchstaben geschrieben: ›Komme gleich‹.
    Enttäuscht und verwirrt setzte sich das Dienstmädchen auf die kühlen Steinstufen vor der Ladentür und wartete. Als ihr das Warten zu fad wurde, flüchtete sie sich in Tagträume. Sie dachte an lauter angenehme Dinge: Wie wunderbar wohl ein Rumpsteak schmecken würde … an den netten Grafen Borowicz und die Fahrt im Fiaker … an den Stani, den sie so sehr verehrte und der ihren schüchternen Avancen bisher immer ausgewichen war. Plötzlich kam ihr eine Idee. Eigentlich könnte sie auf einen Sprung beim Gotthelf vorbeischauen. Ob der wohl wusste, dass sich ein Inspector von der Polizei-Direction für ihn interessierte? Nur einen Sprung, um ihm diese Neuigkeit zu erzählen. Unterdessen würde die Frau Landerl ihren Laden wieder aufgesperrt haben, und sie könnte dann die aufgetragenen Einkäufe machen. Als Entschuldigung für ihr langes Ausbleiben würde sie die vorübergehende Sperre der Greislerei vorbringen. Eine Ausrede, die die Köchin bei der Greislerin ruhig nachprüfen konnte! Kaum hatte die Mizzi sich das überlegt, war sie schon flotten Schrittes zur Gotthelf’schen Unterkunft unterwegs. Sie dachte voll Freude an die kommenden drei Wochen, während denen die Familie Schmerda ebenfalls auf Sommerfrische fuhr. Diese Zeit war für das Dienstmädchen der Höhepunkt des Jahres. Denn im Gegensatz zur Köchin, die daheimblieb und die Schmerda’sche Wohnung hütete, wurde das Dienstmädchen vom Hofrat und seiner Familie in den Urlaub mitgenommen. Die Reise ging auf den Semmering, wo in einer gepflegten Familienpension eine ganze Etage bezogen wurde. Hier gab es für Mizzi kaum etwas zu tun. Sie konnte in der herrlichen Mittelgebirgslandschaft ausgedehnte Spaziergänge machen, sich in Wiesen legen und stundenlang in die Luft schauen. Die Herrschaft war sehr entspannt, die Atmosphäre äußerst leger und die arbeitsame, stets irgendeine Beschäftigung findende Köchin weit weg. Solche Gedanken erfrischten Mizzi bei ihrem Weg durch die Stadt. Ihr Schritt war nun sehr beschwingt, und es dauerte nicht lange, bis sie die Gotthelf’sche Unterkunft erreicht hatte. Sie durchquerte den ersten, menschenleeren Innenhof und gelangte durch einen engen, selbst in dieser Jahreszeit feucht und muffig riechenden Durchgang in den zweiten Hof. Sie klopfte an die Eingangstür der Gotthelf’schen Hütte, drückte schüchtern die Türschnalle und bemerkte zu ihrer großen Enttäuschung, dass auch diese Tür versperrt war. In der Hoffnung, dass der Stani ein Nachmittagsschläfchen halten könnte, klopfte und rüttelte sie an der Tür. Plötzlich wurde ein ebenerdiges Fenster aufgerissen und ein zerraufter Männerkopf auf einem massigen Oberkörper kam zum Vorschein. Der Mann, der ein nicht mehr ganz frisches Unterhemd trug, murrte: »Was ist denn los? Was machst denn für einen Krawall? Hör sofort auf!«
    »Entschuldigen der Herr … ich wollte keinen Krach machen. Es ist nur … nur, weil ich dem Herrn Gotthelf dringend etwas auszurichten hätte …«
    »Herr Gotthelf …? Seit wann ist der Gotthelf ein Herr? Nicht einmal ich bin ein Herr, obwohl ich da der Hausmeister bin. Ein Herr ist unser Hausherr oder der Herr Lehrer, der was im zweiten Stock wohnt. Merk dir das! Und was den Gotthelf betrifft, hab ich keine Ahnung, wo der sich herumtreibt. Der war schon den ganzen Tag nicht da. Ich steck meine Füße jetzt wieder ins Lavoir mit kaltem Wasser und möchte keinen Mucks mehr hören. Hast du verstanden?«
    Mit einem resoluten Knall schloss er das Fenster. Stille breitete sich im Hinterhof aus und Mizzi entfernte sich enttäuscht.
     
    Erleichtert statt enttäuscht war Mizzis Verfolger. Die Abgeschiedenheit

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