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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erleuchtet – ein Licht, das auch von ihr auszugehen schien. Sie sah sich im Spiegel von Lancelots Augen und wußte, daß sie schön war, daß er sie begehrte, und daß seine Liebe und Achtung für sie so groß waren, daß er sein Verlangen bezähmte. Sie glaubte, vor Freude zu zerspringen.
    Die Zeit blieb stehen; Morgaine berauschte sich an ihrem Glück. Lancelot streichelte mit federleichter Zärtlichkeit ihre Wangen, und sie wollten beide nicht mehr. Sie spielte sanft mit seinen Fingern und spürte die Schwielen in seiner Handfläche.
    Nach langer Zeit zog er Morgaine an sich und breitete seinen Mantel über sie. Sie lagen Seite an Seite, beinahe ohne sich zu berühren und ließen die Kräfte der Sonne, der Erde und der Luft in Eintracht durch sich hindurchfließen. Morgaine fiel in einen traumlosen Schlaf, in dem sie sich noch immer ihrer verschlungenen Hände bewußt war. Ihr schien, daß sie einmal, vor sehr langer Zeit, so beisammen gelegen hatten – zufrieden, zeitlos, sich eines unendlichen, frohen Friedens bewußt, als seien sie Teil dieser aufrechten Steine, die hier schon immer gestanden hatten. Sie schien das Zusammensein mit ihm hier zu erleben und sich gleichzeitig daran zu erinnern. Später erwachte sie und sah ihn schlafen. Sie setzte sich auf und prägte sich mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit jede Linie seines Gesichtes ein. Die Sonne hatte ihren höchsten Punkt bereits passiert, als Lancelot erwachte. Er lächelte sie an und streckte sich wie eine Katze. Immer noch im Bann ihrer Freude, hörte sie ihn sagen: »Wir wollten doch Enten jagen. Ich würde gern Frieden mit meiner Mutter schließen… Ich bin so glücklich und kann den Gedanken nicht ertragen, mit irgendeinem Wesen heute in Unfrieden zu leben. Vielleicht schicken uns die Naturgeister ein paar Vögel, denen es bestimmt ist, für uns zum bekömmlichen Mahl zu werden…«
    Morgaine lachte und griff nach seiner Hand. »Ich will dich an eine Stelle bringen, wo du Enten jagen und auch fischen kannst. Und wenn es der Wille der Göttin ist, werden wir nichts fangen und müssen uns nicht schuldig fühlen, den Frieden gestört zu haben. Aber es ist sehr schlammig dort, und du mußt deine Reitstiefel ausziehen; ich muß wieder meinen Rock hochbinden. Benutzt du Wurfspieße oder vergiftete Pfeile, wie die Pikten, oder fängst du sie in Schlingen und drehst ihnen dann den Hals um?«
    »Ich glaube, sie leiden weniger, wenn sie mit dem Netz gefangen werden und man ihnen schnell das Genick bricht«, antwortete Lancelot nachdenklich. Morgaine nickte.
    »Ich bringe dir ein Netz und eine Schlinge…«
    Sie begegneten niemandem, während sie den Berg hinunterstiegen. Morgaine lief rasch zum Schuppen, in dem Netze und Schlingen aufbewahrt wurden, und kam mit zwei davon zurück. Schweigend gingen sie am Ufer entlang bis zum Schilf am anderen Ende der Insel. Barfuß wateten sie durch das Wasser, legten die Netze aus und verbargen sich im Schilf. Sie standen im großen Schatten des Berges, und die Luft war kühl. Die Wasservögel fielen bereits in Scharen auf der Suche nach Nahrung ein. Nach kurzer Zeit flatterte ein Vogel im Wasser – er hatte sich mit einem Fuß in Morgaines Schlinge gefangen. Mit einer schnellen Bewegung nahm sie ihn hoch und brach ihm blitzschnell den Hals. Bald fing auch Lancelot eine Ente und dann noch eine. Er band die Hälse der Tiere mit Schilf gras zusammen.
    »Das ist genug«, sagte er, »es macht Spaß, aber an einem Tag wie heute möchte ich lieber nicht nutzlos töten. Ein Vogel ist für meine Mutter, die beiden anderen sind für den Merlin. Möchtest du auch einen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich esse kein Fleisch«, antwortete sie.
    »Du bist so zierlich«, sagte er, »ich glaube, du brauchst nur wenig zu essen. Ich bin groß und habe schnell Hunger.«
    »Bist du hungrig? Für die meisten Beeren ist es noch zu früh, aber vielleicht finden wir noch ein paar Schlehen vom letzten Winter. ..«
    »Nein, danke«, entgegnete er, »wirklich nicht. Mit einer leichten Leere im Magen wird mir das Abendessen noch viel besser schmecken.«
    Triefend naß kletterten sie wieder ans Ufer. Morgaine zog ihre Hirschledertunika aus und hängte sie zum Trocknen über einen Busch; das Leder würde hart werden. Auch des Rocks entledigte sie sich; selbstvergessen stand sie in ihrem Unterkleid aus ungebleichtem Leinen da und wrang ihren Rock aus. Sie fanden die Stelle, wo ihr Schuhwerk stand, zogen es aber nicht an, setzten sich ins Gras,

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