Die Nebel von Avalon
Schweigen, während die Legionäre kehrtmachten und mit ihren eisenbeschlagenen Stiefeln lärmend aus der Halle klirrten. Als sie gegangen waren, erhob sich allgemeiner Tumult. Artus hob jedoch die Hand, und es wurde wieder still. »Wir werden morgen keine Scheingefechte austragen, denn vor uns liegt eine richtige Schlacht«, sagte er. »Als Preise biete ich alles, was wir diesem selbstgemachten Kaiser abnehmen. Ich bitte euch, meine Gefährten, haltet euch bereit. Bei Tagesanbruch reiten wir zur Küste. Cai, Ihr übernehmt die Verpflegung. Lancelot…«, auf seinem Gesicht lag der Anflug eines Lächelns, »ich würde Euch gerne hierlassen, um die Königin zu beschützen, aber da Euer Bruder gefangengehalten wird, weiß ich, daß es Euer Wille ist, uns zu begleiten. Ich werde den Priester bitten, morgen vor Tagesanbruch eine Messe zu lesen, damit alle, die es wünschen, vor dem Kampf von ihren Sünden losgesprochen werden. Edler Uwain«, sein Blick suchte den jüngsten Gefährten, der bei den jungen Rittern saß, »jetzt kann ich Euch Ruhm in der Schlacht bieten, anstelle von Kriegsspielen. Als Sohn meiner Schwester bitte ich Euch, an meiner Seite zu reiten, um mir den Rücken zu decken.«
»Es ist mir eine große Ehre, mein König«, stammelte Uwain mit leuchtenden Augen. Morgaine begriff in diesem Augenblick, weshalb Artus in den Menschen solch große Hingabe wecken konnte. »Uriens, mein lieber Schwager«, erklärte Artus, »ich lasse die Königin in Eurer Obhut zurück… bleibt auf Camelot und schützt sie bis zu meiner Rückkehr.« Er beugte sich über Gwenhwyfars Hand. »Meine Herrin, ich bitte Euch, uns zu entschuldigen… auf uns wartet nun der Kampf.«
Gwenhwyfar war so weiß geworden wie ihr Untergewand. »Und Ihr wißt, sie kommt Euch nicht ungelegen, mein Gebieter. Gott schütze Euch, mein lieber Gemahl.« Sie beugte sich vor und küßte ihn. Artus richtete sich wieder auf und verließ die Estrade. »Gawain, Lionel, Gareth… alle meine Gefährten, begleitet mich!«
Lancelot blieb einen Augenblick zurück. »Gebt auch mir Gottes Segen, ehe ich reite, meine Königin.«
»Oh, Gott… Lancelot…«, erwiderte Gwenhwyfar und warf sich ihm in die Arme, ohne darauf zu achten, daß alle Augen auf sie gerichtet waren. Lancelot hielt sie umfangen und sprach so leise, daß Morgaine nichts verstand. Aber sie sah, wie Gwenhwyfar weinte. Als sie den Kopf wieder hob, war ihr Gesicht jedoch trocken und ohne Tränen.
»Gott sei mit dir, mein Geliebter.«
»Gott behüte dich, Liebe meines Herzens«, erwiderte er zärtlich. »Er möge dich segnen, ob ich zurückkehre oder nicht.« Er wandte sich an Morgaine »Jetzt freue ich mich um so mehr, daß Ihr Elaine besuchen wollt. Ihr müßt meiner teuren Gemahlin Grüße überbringen und ihr sagen, daß ich mit Artus aufgebrochen bin, um meinen Bruder Bors aus den Händen dieses Schurken zu retten, der sich Kaiser Lucius nennt. Sagt ihr, ich bete zu Gott, daß er sie behütet und beschützt. Meine lieben Kinder lasse ich grüßen.«
Der Ritter schwieg, und Morgaine glaubte einen Augenblick lang, er würde auch sie küssen. Statt dessen berührte Lancelot sie lächelnd an der Wange. »Gott segne auch dich, Morgaine… auch wenn dir an seinem Segen nichts liegt.«
Damit ging auch er in die Halle hinunter, wo sich die Gefährten um den Großkönig scharten. Uriens trat vor Gwenhwyfar und verbeugte sich. »Ich stehe zu Euren Diensten, meine Königin.«
Wenn sie über den alten Mann lacht,
dachte Morgaine in plötzlicher heftiger Fürsorglichkeit,
werde ich ihr ins Gesicht schlagen!
Uriens meinte es gut. Die Aufgabe war kaum mehr als eine höfliche Geste, ein Zeichen der verwandtschaftlichen Bande. Camelot war wie immer in den Händen von Cai und Lucan gut aufgehoben. Aber Gwenhwyfar beherrschte die Spielregeln der Diplomatie am Hof und erwiderte wür
devoll: »Ich danke Euch, edler Uriens. Seid mir willkommen! Morgaine ist meine liebe Freundin und Schwester. Ich bin glücklich, sie wieder auf Camelot und in meiner Nähe zu haben.«
Oh, Gwenhwyfar, oh, Gwenhwyfar, was bist du doch für eine Lügnerin!
Morgaine erklärte liebenswürdig: »Aber ich muß Euch verlassen, Uriens, um Elaine zu besuchen. Lancelot hat mich beauftragt, ihr die Neuigkeit zu überbringen.«
»Ihr seid immer so gut«, sagte der König. »Da der Krieg nicht in unserem Land, sondern auf der anderen Seite des Kanals geführt wird, mögt Ihr reiten, wann es Euch gefällt. Ich würde Accolon bitten, Euch
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