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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wildes Pferd… Morgause erinnerte sich schwach daran, daß Lancelot das auch einmal getan hatte… bei Artus' Hochzeit vielleicht? Jedenfalls vor langer Zeit… Es folgten Zweikämpfe zu Pferd mit stumpfen Speeren, die dennoch einen Reiter aus dem Sattel werfen und zu schweren Stürzen führen konnten. Ein junger Reiter fiel unglücklich aus dem Sattel und wurde schreiend mit gebrochenem Bein vom Platz getragen. Es war die einzige ernsthafte Verletzung, aber es gab zahlreiche Prellungen und zerquetschte Finger; Männer fielen besinnungslos zu Boden, und einer entging nur knapp den Hufen eines scheuenden Pferdes. Am Ende verteilte Gwenhwyfar Preise, und Artus bat auch Morgaine, ein paar Auszeichnungen zu überreichen.
    Accolon hatte beim Reiten einen Preis gewonnen. Er kniete vor Morgaine, um ihn aus ihrer Hand entgegenzunehmen. Morgause hörte zu ihrem Erstaunen ein leises, aber deutlich mißbilligendes Zischen von den Tribünen. Jemand flüsterte vernehmlich: »Hexe! Hure!«
    Morgaine wurde rot. Aber ihre Hand zitterte nicht, als sie Accolon den Becher überreichte. Artus flüsterte einem der Kämmerer zu: »Finde heraus, wer das Lästermaul war!« Der Mann verschwand, aber Morgause war sicher, daß die Suche in der Menge erfolglos bleiben würde.
    Als Morgaine zu Beginn des zweiten Teils zu ihrem Platz zurückkehrte, wirkte sie blaß und wütend. Morgause bemerkte, daß ihre Hände zitterten; sie atmete erregt.
    »Ach, meine Liebe! Mach dir nichts daraus«, sagte Morgause. »Was glaubst du, was sie über mich sagen, wenn die Ernte schlecht ist, oder wenn jemand seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, obwohl er glaubte, mit dem Betrug davonzukommen!«
    »Glaubst du, es kümmert mich, was der Pöbel von mir denkt?« sagte Morgaine verächtlich. Aber Morgause wußte, daß ihre Gleichgültigkeit gespielt war. »In meinem Land werde ich geliebt.«
    Ein paar Sachsen führten Ringkämpfe vor. Es waren große, kräftige Männer. Sie hatten nicht nur Bärte, auch ihre beinahe nackten Leiber waren dicht behaart. Sie ächzten, stöhnten und stießen wilde Schreie aus, während sie sich gegenseitig mit eisernen Griffen packten und auf dem Boden wälzten. Morgause beugte sich vor und genoß schamlos den Anblick dieser männlichen Kraft. Morgaine wandte angewidert den Blick ab.
    »Aber Morgaine. Du bist ja schon so prüde wie die Königin! Verzieh nicht so das Gesicht!« Morgause hielt die Hand über die Augen und blickte über den Platz. »Wie schön, daß das Turnier bald… Sieh doch! Ist das Gwydion? Was kann er dort wollen?«
    Gwydion war über die Schranken gesprungen und schob einen Herold beiseite, der auf ihn zueilte. Mit lauter Stimme, so daß man ihn von einem Ende des Platzes bis zum anderen hören konnte, rief er: »König Artus!«
    Morgause sah, daß Morgaine leichenblaß auf ihrem Sitz zusammengesunken war und sich mit den Händen am Geländer festklammerte. Was hatte Gwydion nur vor? Wollte er hier, vor versammeltem Hof und dem Volk eine Szene machen? Wollte er von Artus die Anerkennung fordern, die ihm zustand?
    Artus erhob sich, und Morgause dachte:
Auch ihm ist das nicht ganz geheuer.
Doch der König fragte ruhig und vernehmlich: »Ja, Neffe?«
    »Ich habe gehört, bei diesem Turnier ist es Brauch, mit Zustimmung des Königs eine Herausforderung auszusprechen. Ich frage, ob der edle Lancelot meine Herausforderung annimmt und gegen mich antritt!«
    Morgause erinnerte sich, daß Lancelot einmal gesagt hatte, bei solchen Herausforderungen gehe es für ihn um Leben oder Tod, denn jeder junge Ritter will den Ritter der Königin besiegen. Artus antwortete ernst: »Gewiß, es ist so Sitte. Aber ich kann nicht für Lancelot sprechen. Wenn er dem Kampf zustimmt, kann ich ihn nicht zurückhalten. Aber Ihr müßt ihn selbst herausfordern und Euch mit seiner Antwort bescheiden.«
    Morgause sagte: »Oh, dieser verrückte Kerl! Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, daß er das im Sinn hatte…« Aber Morgaine dachte: So
sehr mißfällt es ihr gar nicht.
    Ein Wind war aufgekommen und trieb Staubwolken vor sich her, die einen Schleier über den blendend weißen Platz legten. Gwydion schritt durch den Staub bis zum Ende der Schranken. Dort saß Lancelot auf einer Bank. Morgause verstand nicht, was sie sprachen, aber Gwydion wendete sich zornig um und rief: »Edle Ritter! Ich habe immer gehört, daß ein siegreicher Ritter keine Herausforderung ablehnen darf! Mein König, ich verlange, daß Lancelot meine Herausforderung

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